BRAK-Mitteilungen 4/2022

BRAK MIT TEILUNGEN Zeitschrift für anwaltliches Berufsrecht BEIRAT AUGUST 2022 53. JAHRGANG 4/2022 S. 183–238 AKZENTE U. Wessels Alles ist im Fluss AUFSÄTZE S. Fuhrmann Der Rückzug der Anwaltschaft aus der Fläche – Aktuelle Entwicklungen in den neuen Bundesländern D. Heyder Kenntnisse im Berufsrecht – die Neuregelung des § 43f BRAO M. L. Ultsch Die Entwicklung des Zivilverfahrensrechts BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG OLG Koblenz Kein Interessenwiderstreit BGH Persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von Fällen BGH syndikuszulassung des Geschäftsführers einer Kreishandwerkerschaft

Strategische Partner: Kooperationspartner: Jetzt informieren und anmelden unter: www.unternehmensjuristenkongress.de 28. bis 30. September 2022 | Berlin Veranstalter: 2022 • Eröffnungsrede des Bundesministers der Justiz • Datenstrategie der EU und DSGVO im Realitätscheck aus Sicht der EU-Kommission und der Unternehmen • Umsetzungsanforderungen an Hinweisgebersysteme durch die Whistleblowergesetzgebung – Lösungansätze in Zeiten von Budgetrestriktionen • Geopolitische Spannungen und Risiken: Handlungsempfehlungen für Unternehmensjuristen, insbesondere zum Decoupling Vorteilspreis für BUJ-Mitglieder Förderpartner:

INHALT Alle Entscheidungen und Aufsätze in unserer Datenbank www.brak-mitteilungen.de AKZENTE U. Wessels Alles ist im Fluss 183 AUFSÄTZE S. Fuhrmann Der Rückzug der Anwaltschaft aus der Fläche – Aktuelle Entwicklungen der Anwaltszahlen in den neuen Bundesländern 184 D. Heyder Kenntnisse im Berufsrecht – die Neuregelung des § 43f BRAO 190 M. L. Ultsch Die Entwicklung des Zivilverfahrensrechts 193 A. Jungk/B. Chab/H. Grams Pflichten und Haftung des Anwalts – Eine Rechtsprechungsübersicht 199 AUS DER ARBEIT DER BRAK T. Nitschke Die BRAK in Berlin 205 A. Gamisch/S. Pratscher Die BRAK in Brüssel 208 V. Horrer/S. Schaworonkowa/R. Khalil Hassanain Die BRAK International 209 Sitzung der Satzungsversammlung 212 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG Detaillierte Übersicht der Rechtsprechung auf der nächsten Seite IV INHALT BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 III

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BGH 8.3.2022 3 StR 398/21 Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage (LS) 212 OLG Frankfurt 19.5.2022 6 W 19/22 Kein Interessenkonflikt (LS) 212 OLG Koblenz 1.3.2022 15 U 1409/21 Kein Interessenwiderstreit 212 212 AG Brandenburg 28.3.2022 31 C 117/21 Unterbliebener Hinweis auf die Möglichkeiten von Beratungshilfe (LS) 216 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 19.4.2022 Anwz (Brfg) 1/22 Persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von Fällen 216 VERGÜTUNG OLG Dresden 1.3.2022 4 W 3/22 Sicherung einer Gebührenforderung aus Erfolgshonorar durch Arrest 220 SYNDIKUSANWÄLTE BGH 25.3.2022 Anwz (Brfg) 8/21 Syndikuszulassung des Geschäftsführers einer Kreishandwerkerschaft 223 ABWICKLUNG UND VERTRETUNG Bayerischer AGH 2.5.2022 BayAGH III-4-2/2021 Höhe der Vergütung eines Kanzleiabwicklers (LS) 233 ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BGH 24.5.2022 IX ZB 18/21 Ausbleiben der Eingangsbestätigung vom Gericht (LS) 234 BGH 8.3.2022 VI ZB 25/20 Verwendung von Umlauten im Dateinamen 234 VG Berlin 5.5.2022 12 L 25/22 Pflicht zur Nutzung des beA in eigener Angelegenheit (LS) 236 SONSTIGES BGH 25.2.2022 Anwz (Brfg) 22/21 Rechtmäßiger Kammerbeitrag (LS) 237 BSG 3.2.2022 B 12 KR 22/21 B Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeverfahren (LS) 237 BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 INHALT IV IMPRESSUM BRAK-MITTEILUNGEN UND BRAK-MAGAZINZeitschrift für anwaltliches Berufsrecht HERAUSGEBERIN Bundesrechtsanwaltskammer, Littenstr. 9, 10179 Berlin, Tel. (0 30) 28 49 39-0, Telefax (0 30) 28 49 39-11, E-Mail: redaktion@brak.de, Internet: https://www.brak.de/publikationen/brak-mitteilungen/brak-magazin/, Online-Ausgaben und Archiv: http://www.brak-mitteilungen.de. REDAKTION Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (Schriftleitung), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (Bayenthal), Tel. (02 21) 9 37 38-997 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), Telefax (02 21) 9 37 38-943 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), E-Mail: info@otto-schmidt.de. KONTEN Sparkasse KölnBonn (DE 87 3705 0198 0030 6021 55); Postgiroamt Köln (DE 40 3701 0050 0053 9505 08). ERSCHEINUNGSWEISE Zweimonatlich: Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember. BEZUGSPREISE Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern werden die BRAK-Mitteilungen im Rahmen des Mitgliedsbeitrages ohne Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr zugestellt. Jahresabonnement 109 € (zzgl. Zustellgebühr); Einzelheft 21,80 € (zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer mit 6,54% (Steuersatz 7%) enthalten. Kündigungstermin für das Abonnement 6 Wochen vor Jahresschluss. ANZEIGENVERKAUF sales friendly Verlagsdienstleistungen, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn; Telefon (02 28) 9 78 98-0, Fax (02 28) 9 78 98-20, E-Mail: media@sales-friendly.de. Gültig ist Preisliste vom 1.1.2022 URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Das gilt auch für die veröffentlichten Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie von der Schriftleitung bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzelkopien hergestellt werden. ISSN 0722-6934 DATENSCHUTZHINWEISE unter https://www.brak.de/datenschutz

Wir brennen für Arbeitsrecht – Sie auch? Dann jetzt GRATIS-Paket bestellen: www.zau-zeitschrift.de Fachmedien Otto Schmidt KG | Neumannstraße 10 | 40235 Düsseldorf Fon: 0800 000-1637 | Fax: 0800 000-2959 eMail: kundenservice@fachmedien.de | www.fachmedien.de Mitherausgeber: • Fundierte Recherche zu aktuellen Themen • Antwort auf Fragen aus der Praxis • Aus der unternehmerischen Perspektive • Eine Community, die wie Sie Arbeitsrecht l(i)ebt Das neue Fachmagazin für Arbeitsrecht aus Leidenschaft

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SAVE THE DATE 5. Konferenz Freitag | 11. 11. 2022 Die Konferenz Ideeder Konferenz ist es, aktuelle berufsrechtliche und berufspolitische Diskussionen aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu begleiten. Sie öffnet den Dialog zwischen den zum Berufsrecht Forschenden und all denjenigen, die täglich mit Anwaltsrecht in Berührung kommen, Anwältinnen und Anwälten ebenso wie Rechtsanwaltskammern. Das Thema sind neue Herausforderungen, die sich für die Anwaltschaft, aber auch die Justiz im Strafprozess stellen. Dabei geht es um ‡ verschiedene Aspekte der Digitalisierung: TonVideo-Aufzeichnungen, Öffentlichkeit, Transkription von Verhandlungen, Akteneinsicht, ‡ rechtliche Fragen der Rekonstruktion von Verhandlungen sowie ‡ Pflichtverteidigungund Zugang zum Recht. weitere Informationen unter www.anwaltskonferenz.de Keynote Professor Dr. Bertram Schmitt Richter am IStGH, Den Haag

83/EG, 2003/37/EG und 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 77/388/ EWG, 91/414/EWG, 96/26/EG, 2003/48/EG und 2003/ 49/EG des Rates in den Bereichen freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr, Landwirtschaft, Verkehrspolitik und Steuern wegen des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei (ABl. der Europäischen Union L 168 v. 1.5.2004) ABl. der Europäischen Union L 131 v. 5.5.2022 Berichtigung der Empfehlung (EU) 2022/290 des Rates v. 22.2.2022 zur Änderung der Empfehlung (EU) 2020/912 des Rates zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU und möglichen Aufhebung dieser Beschränkung ABl. der Europäischen Union L 131 v. 5.5.2022 Verordnung (EU) 2022/720 der Kommission v. 10.5.2022 über die Anwendung des Art. 101 III des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 134 v. 11.5.2022 Beschluss (EU) 2022/722 des Rates v. 5.4.2022 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, im Interesse der Europäischen Union das Zweite Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität über eine verstärkte Zusammenarbeit und die Weitergabe elektronischen Beweismaterials zu unterzeichnen ABl. der Europäischen Union L 134 v. 11.5.2022 Beschluss (GASP) 2022/754 des Rates v. 16.5.2022 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/797 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen ABl. der Europäischen Union L 138 v. 17.5.2022 Empfehlung (EU) 2022/758 der Kommission v. 27.4.2022 zum Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren („Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“) ABl. der Europäischen Union L 138 v. 17.5.2022 Berichtigung der Empfehlung (EU) 2021/2279 der Kommission v. 15.12.2021 zur Anwendung der Methoden für die Berechnung des Umweltfußabdrucks zur Messung und Offenlegung der Umweltleistung von Produkten und Organisationen entlang ihres Lebenswegs (ABl. der Europäischen Union L 471 v. 30.12.2021) ABl. der Europäischen Union L 144 v. 23.5.2022 Beschluss Nr. 3/2022 des Handelsausschusses EU-Singapur v. 19.4.2022 zur Änderung der Anhänge 10-A und 10B des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur [2022/823] ABl. der Europäischen Union L 146 v. 25.5.2022 Beschluss (EU) 2022/832 des Rates v. 24.5.2022 zur Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrates des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen und ihrer Stellvertreter ABl. der Europäischen Union L 147 v. 30.5.2022 Verordnung (EU) 2022/838 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.5.2022 zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1727 hinsichtlich der Sicherung, Analyse und Speicherung von Beweismitteln durch Eurojust im Zusammenhang mit Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und damit zusammenhängenden Straftaten ABl. der Europäischen Union L 148 v. 31.5.2022 Verordnung (EU) 2022/850 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.5.2022 über ein EDV-System für den grenzüberschreitenden elektronischen Datenaustausch im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen (e-CODEX-System) und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 150 v. 1.6.2022 Verordnung (EU) 2022/868 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.5.2022 über europäische Daten-Governance und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/ 1724 (Daten-Governance-Rechtsakt) (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 152 v. 3.6.2022 Richtlinie (EU) 2022/890 des Rates v. 3.6.2022 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Verlängerung des Anwendungszeitraums der fakultativen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen und des Schnellreaktionsmechanismus gegen Mehrwertsteuerbetrug ABl. der Europäischen Union L 155 v. 8.6.2022 Beschluss (EU) 2022/895 des Rates v. 24.5.2022 zur Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Union über ein umfassendes internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien zu kriminellen Zwecken ABl. der Europäischen Union L 155 v. 8.6.2022 Empfehlung (EU) 2022/915 des Rates v. 9.6.2022 zur operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung ABl. der Europäischen Union L 158 v. 13.6.2022 Durchführungsverordnung (EU) 2022/918 der Kommission v. 13.6.2022 zur Festlegung der technischen Spezifikationen der Datenanforderungen für das Thema „Globale Wertschöpfungsketten“ gemäß der Verordnung (EU) 2019/2152 des Europäischen Parlaments und des Rates (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 159 v. 14.6.2022 Verordnung (EU) 2022/991 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 8.6.2022 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation ABl. der Europäischen Union L 169 v. 27.6.2022 BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AKTUELLE HINWEISE VIII

Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum UKlaG Bearbeitet von RA Dr. Wolfgang Abel; Prof. Dr. Marcus Bieder; VPräsOLG Dr. Guido Christensen; RA Prof. Dr. Stefan Ernst; Prof. Dr. Andreas Fuchs, LL.M.; Prof. Dr. Mathias Habersack; Prof. Dr. Martin Häublein; Prof. Dr. Carsten Schäfer; RA Dr. Wolfgang Schindler; RA Prof. Dr. Harry Schmidt; RiOLG Dr. Alexander Witt; Prof. Dr. Martin Zimmermann, LL.M. 13. neu bearbeitete Auflage 2022, 2.236 Seiten, Lexikonformat, gbd., 229 €. ISBN 978-3-504-45112-7 Das Werk online otto-schmidt.de/km-gr juris.de/zivilprem Dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt imWirtschaftsleben eine sehr hohe Bedeutung zu. Die notwendige Orientierung hierbei liefert der Ulmer/Brandner/Hensen: ausführliche Kommentierungen der §§ 305–310 BGB und des UKlaG und dazu detaillierte Erläuterungen spezieller Vertragsklauselwerke in einem Band. In der 13. Auflage erstmals kommentiert: die neuen Klauselverbote in § 308 Nr. 9 und § 309 Nr. 15 BGB sowie die neu eingefügten Vorschriften der §§ 4a–4d UKlaG. Auswertung und praxisnahe Einarbeitung zahlreicher Gesetzesänderungen und umfangreicher Kasuistik inklusive. Der Standardkommentar ist das optimale Nachschlagewerk im AGB-Recht. Gratis-Leseprobe und Bestellung unter www.otto-schmidt.de Der Klassiker jetzt in Neuauflage

Verordnung (EU) 2022/1031 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.6.2022 über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Unionsmarkt für öffentliche Aufträge und Konzessionen und über die Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen von Drittländern (Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen – IPI) (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 173 v. 30.6.2022 Beschluss (EU) 2022/1046 der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten v. 29.6.2022 zur Ernennung von Richtern am Gericht ABl. der Europäischen Union L 173 v. 30.6.2022 Berichtigung der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.11.2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. der Europäischen Union L 405 v. 2.12.2020) ABl. der Europäischen Union L 173 v. 30.6.2022 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 19/ 2022 v. 4.2.2022 zur Änderung von Anhang XVIII (Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Arbeitsrecht sowie Gleichbehandlung von Männern und Frauen) des EWR-Abkommens [2022/1067] ABl. der Europäischen Union L 175 v. 30.6.2022 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 27/ 2022 v. 4.2.2022 zur Änderung von Anhang XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens [2022/1075] ABl. der Europäischen Union L 175 v. 30.6.2022 Beschluss (EU) 2022/1090 des Rates v. 27.6.2022 über die Unterzeichnung – im Namen der Union – des Abkommens zwischen der Europäischen Union einerseits und Neuseeland andererseits über den Austausch personenbezogener Daten zwischen der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und den für die Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus zuständigen neuseeländischen Behörden ABl. der Europäischen Union L 176 v. 1.7.2022 AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-Mitteilungen und Anwaltsblatt sind für jeden berufsrechtlich Interessierten Pflichtlektüre. Nachfolgend dokumentiert das Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln Aufsatzliteratur zum Berufsrecht der Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, die in den zurückliegenden Wochen in anderen Periodika und Sammelwerken veröffentlicht worden ist. Aus Platzgründen muss eine wertende Auswahl getroffen werden: Zusammengestellt vom Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln durch Katarina Gaun. Kontakt zur Literaturschau: anwaltsrecht@googlemail.com Anwalt und Kanzlei (AK) Nr. 6: Huff, Referentenentwurf. BfJ für Kontrolle aller Rechtsdienstleister zuständig (92); Huff, Aktuelle Gesetzgebung. Überblick über die Änderungen der „Großen BRAO-Reform“ zum 1.8.2022 (94); Beyer, Haftpflichtversicherung. Folgen der BRAO-Reform für den Versicherungsschutz von Berufsausübungsgemeinschaften (101); Cramer-Scharnagl, Kommunikation. Mit Mandanteninformationen überzeugen (102). Anwalts Gebühren Spezial (AGS) Nr. 5: Burhoff, „Geplatzter Termin“ im Strafverfahren, oder: Verdient der Rechtsanwalt eine Terminsgebühr? (193); Nr. 6: Burhoff, Die (Vernehmungs-)Terminsgebühr Nrn. 4102, 4103 VV – ein Update (241). Anwaltspiegel Nr. 12: Ehmann/Hoogklimmer, Ihre Mandanten stehen an erster Stelle, aber ist Ihre Kanzlei auf der Höhe des neuen Erfolgsfaktors „Client-Centricity“? Was bedeutet diese Frage für Ihren Erfolg und Ihre Wettbewerbsfähigkeit? Teil 1 (15). Berliner Anwaltsblatt (BerlAnwBl) Nr. 6: Beyme, Mehrfachqualifizierter Rechtsanwalt hat kein Wahlrecht, das beA nicht zu nutzen (233); Röth, Neues zur Interessenkollision (IK) im Zuge der großen BRAO-Reform (235); Schwarz, Schlichtungsverfahren in Arzthaftpflichtfragen. Entsteht eine besondere Geschäftsgebühr bei der anwaltlichen Vertretung des Geschädigten im Schlichtungsverfahren? (241); Nr. 7: Cosack, beA: Aktuelle Rechtsprechung des BGH. Fehler bei Einreichungen über das beA dauern, bis sich der BGH ihrer annimmt. Welche Auswirkungen hat diese Rechtsprechung auf Ihre Kanzleiorganisation? (261); Adzakpa, Legal Tech, auch für kleine Kanzleien. Al4Lawyers-Leitfaden illustriert, wie die Anwaltschaft von Künstlicher Intelligenz profitieren kann (263); Aranowski, Rechtsschutzversicherungen. Unstimmigkeiten mit der Advocard? Als Mitglied des BAV haben Sie besondere Möglichkeiten: Die gemeinsame Clearingstelle von DAV und Advocard (268); Röth, Endlich da: Die gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit der Anwälte (279); Röth, Fälligkeit der Vergütung nach dem VG. Wann kann/muss ich (Schluss-)Rechnung legen. Was ist zu beachten? (286); Allmann, Präsentieren auf Veranstaltungen und bei Mandanten. Wie Sie souverän Sympathie platzieren und Vertrauen genießen können (289). Das Juristische Büro (JurBüro) Nr. 4: Klüsener, Einwendungen oder Einreden im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach §11 RVG (169). Deutsches Steuerrecht (DStR) Nr. 22: Willerscheid, Berufsrechtliche Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Von der Belehrung bis zur Ausschließung aus dem Beruf (1124); Nr. 23: Wacker, Vorlagepflichten und Zurückbehaltungsrechte im Spannungsverhältnis von Finanzverwaltung, Mandant und Steuerberater (1172). Die Steuerberatung (Stbg) Nr. 6: Byme, Honorarfragen zur neuen Grundsteuer: Vierte Verordnung zur Änderung der StBVV, Zulässigkeit von Pauschalangeboten und sonstiger Vereinbarungen (234). AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AKTUELLE HINWEISE X

Orth/Uhl Stiftungsrechtsreform 2021 Herausgegeben von Peters, Schönberger & Partner mbB. Bearbeitet von RA/StB/WP Prof. Dr. Manfred Orth und RA Dr. Matthias Uhl. 2021, 400 Seiten Lexikonformat, brosch. 44,80 €. ISBN 978-3-504-20703-8 Das Werk online www.otto-schmidt.de/akgr www.otto-schmidt.de/tk-modul Das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts bewirkt zum 1. Juli 2023 wesentliche Änderungen. Die Anpassung an das neue Recht wird in den kommenden Monaten eine große Aufgabe für Stiftungen und ihre Berater werden. Der erste Schritt ist, die Änderungen kennenzulernen und zu verstehen. Dieses neue Werk stellt die gesetzlichen Änderungen kompakt und gut verständlich dar und erläutert sie. Das noch geltende und das künftige Recht werden themenbezogen nebeneinandergestellt und in Bezug gesetzt. Eine wertvolle Hilfe für die Stiftungspraxis bei der Anwendung und Umsetzung des neuen Rechts. Überzeugen Sie sich bei einer Leseprobe unter www.otto-schmidt.de Alle Änderungen zum 1. Juli 2023

Das FortbilDungszertiFikat Der brak · Fachkompetenz sichtbar gemacht · Orientierung für Mandanten und potenzielle Mandanten · Zur Werbung auf Briefkopf, Homepage, Visitenkarten oder in Anzeigen Weitere Informationen unter: www.brakfortbildungszertifikat.de Festschrift Landesarbeitsgericht Köln: Gutknecht/Vossebürger/Nöker, Die Entwicklung des anwaltlichen Berufsrechts nach 1945 (79). GmbH-Steuerberater (GmbH-StB) Nr. 6: Kordes, Mittelbare Haftung des Steuerberaters für Insolvenzverschleppungsschäden gem. § 64 GmbHG a.F./§ 15b InsO? Krisensituation der GmbH und Folgen für den Steuerberater (178). GRUR Prax Nr. 11: Albrecht/Hoffmann, Beiordnung von Anwältinnen und Anwälten in Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes und ihre Honoraransprüche ab 1.8.2022 (301). Juristische Rundschau (JR) Nr. 6: Ott/Klauck, Ärztliches Standesrecht contra anwaltliches Berufsrecht: eine vergleichende Betrachtung der berufsrechtlichen Disziplinargewalt (275). Juristische Schulung (Jus) Nr. 5: Henssler/Özman/Sossna, Anwaltliches Berufsrecht: Grundlagen unter Berücksichtigung der großen BRAO-Reform (385). KammerForum der RAK Köln Nr. 1: Gutknecht/Freyaldenhoven, Die Auswirkungen der „BRAO-Reform“ auf das anwaltliche Gesellschaftsrecht (3); Nöker, Große BRAO-Reform zum 1.8.2022 – Änderungen bei der Interessenkollision (5). Kanzleiführung professionell (KP) Nr. 6: Neumann/Derlath, Neue Geschäftsfelder: Digitalisierungsberatung als neue Dienstleistung für Steuerberater (100); Nr. 7: Hamatschek, Mitarbeitervergütung. Rauf mit dem Gehalt. Rein in die Kanzlei? Gehaltspolitik in Zeiten von Fachkräftemangel (110). Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) Nr. 11: Schwenker, Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Aktuelle Rechtsprechung zu Haftungsfallen für den Rechtsanwalt (671). Neue Juristische Wochenschrift (NJW) Nr. 25: Zimmermann/Hartung, Zulassungs- und Versicherungspflichten für Anwaltsgesellschaften nach der BRAO-Reform (1792). Neue Wirtschafts-Briefe (NWB) Nr. 19: Dönmez, Weitere Hinweise anlässlich der Umstellung des Transparenzregisters auf ein Vollregister. Die Bedeutung der Beteiligung für die Registereintragung und die Rolle des Steuerberaters (1387). Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI) Nr. 10: Ganter, Berufsrechtliche Konsequenzen des Restrukturierungsverfahrens für Rechtsanwälte (409). Österreichisches Anwaltsblatt Nr. 6: Rüffler/Müller, Zur Vereinbarkeit des österreichischen Rechtsanwaltsberufs mit der Tätigkeit als liechtensteinischer Anwaltsnotar sowie zu dessen grenzüberschreitender anwaltlicher und notarieller Tätigkeit (304). Österreichische Juristenzeitung (ÖJZ) Nr. 12: Völkl, Die Haftung der rechtsberatenden Berufe im Spiegel der Rechtsprechung (601). Praxis Steuerstrafrecht Nr. 5: Weber, Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet: Strafrechtliche Risiken der Steuerberater im Zusammenhang mit CoronaSelbsthilfen (119). RVG professionell (RVG prof.) Nr. 5: Schneider, Mehrvertretungszuschlag: Bei Fortsetzung eines Rechtsstreits über die Erben erhöhen sich die anwaltlichen Gebühren (82); Burhoff, Verteidigerhonorar, Teil 3: Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger: Diese Formvorschriften müssen Sie einhalten (88). RENOpraxis Nr. 6: Riegler, Die Kanzlei im Nachlass oder: Was geschieht, wenn der Anwalt verstirbt? (130); Nr. 7: Then/Wagner, Anwaltliche Sorgfaltspflichten im elektronischen Rechtsverkehr (158); Umland, Gebührenrecht: Anrechnung der Geschäftsgebühr (161). Versicherungsrecht (VersR) Nr. 13: Blach, „Mandantenhaftungsrecht“: über die Zurechnung anwaltlicher Pflichtverletzungen zur Partei (800). BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AKTUELLE HINWEISE XII (Fortsetzung S. XIII)

BRAK MIT TEILUNGEN AUGUST 2022 · AUSGABE 4/2022 53. JAHRGANG AKZENTE ALLES IST IM FLUSS Dr. Ulrich Wessels Ob Heraklit das deutsche Justizsystem kannte? Nun... als Vorsokratiker eher nicht. Doch seine Erkenntnis, dass sich alles in einem konstanten Wandel befindet, trifft auch auf die Justiz und die Anwaltschaft heutzutage zu. In beiden sind grundlegende Veränderungen im Gange. Vor gar nicht so langer Zeit war die Anwaltschaft geprägt durch Einzelkanzleien und kleine Sozietäten. Unter einem Anwalt stellten die Menschen sich jemand mit wuchtigem Schreibtisch und großer Bücherwand vor, der in Robe vor Gericht plädiert. Dieses Berufsbild hat sich stark verändert, hin zu einem breiten Spektrum anwaltlicher Tätigkeit: von der Einzel- bis zur Großkanzlei; von der Partnerin einer Sozietät bis zum Angestellten; von forensischer Tätigkeit zu primär beratenden Aufgaben. Und Syndikusanwältinnen und -anwälte spielen eine immer größere Rolle. Gut 21.000 der insgesamt rund 167.000 zur Anwaltschaft Zugelassenen sind in Unternehmen tätig. Dieses Bild einer vielfältigen und ganzheitlichen Versorgung durch Anwältinnen und Anwälte wird getrübt durch bedenkliche strukturelle Entwicklungen. Die Anwaltschaft wird älter, vor allem Kolleginnen geben ihre Zulassungen vorzeitig zurück, Selbstständigkeit wird gegenüber einer Anstellung weniger attraktiv, die Suche nach Nachwuchs oder Kanzleinachfolge wird schwierig. Schon in fünf bis zehn Jahren droht in den ostdeutschen Bundesländern eine Bedarfslücke von bis zu 50 %. So drastisch stellt sich die Situation im Rest der Republik zwar nicht dar; das anwaltliche Versorgungsniveau ist dort hoch, doch zumindest in den Flächenländern gibt es ähnliche Tendenzen. Sabine Fuhrmann dokumentiert in diesem Heft die Erkenntnisse der vom BRAK-Präsidium eingesetzten Arbeitsgruppe. Bei deren Analyse wird die Arbeitsgruppe freilich nicht stehenbleiben, sondern versuchen, Konzepte zu entwickeln, die diese Entwicklung aufhalten. In Bewegung ist auch die Justiz. Seit Jahresbeginn sind mit der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Anwältinnen und Anwälte die Vorteile der Digitalisierung greifbarer geworden – aber auch, an welchen Stellen es noch hakt beim Wechsel von Papier zu Dateien und Strukturdatensätzen. Die Anwaltschaft hat mit dem beA eine wichtige Pionierleistung für den elektronischen Rechtsverkehr erbracht. Doch das ist nur ein Aspekt der Digitalisierung. Wie eine digitale Justiz abgesehen von elektronischem Dokumentenaustausch aussehen kann, hat das Bundesjustizministerium bereits in öffentlichen Veranstaltungen und in Gesprächen mit der BRAK dargestellt. Man denkt über die Einführung eines Justizportals, Videokonferenzsysteme, Chatbots für Rechtsantragsstellen und Online-Verfahren nach, mit dem erklärten Ziel, zivilgerichtliche Verfahren vollständig zu digitalisieren. In einer Linie mit diesen Überlegungen steht auch das Grundlagenpapier zum Einsatz von künstlicher Intelligenz und algorithmischen Systemen in der Justiz, das die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte bei ihrer Jahrestagung Ende Mai in Rostock diskutierten. Dabei ging es um ethische und verfassungsrechtliche Grenzen, aber auch um mögliche Einsatzfelder zur Unterstützung in formalisierten und standardisierten Verfahren und die Anwendung von predictive analytics. Und auch um Entscheidungsroboter ging es – doch so weit ist es noch nicht. Die Transformation von der analogen in eine digitale Gerichtswelt ist nicht aufzuhalten. Die Anwaltschaft tut gut daran, sich in die Diskussionen einzubringen. Grundlegende Gedanken hat die BRAK in ihrem Positionspapier zum „Digitalen Rechtssystem“ im Herbst 2021 festgehalten. Zurzeit ist sie als Ansprech- und Austauschpartnerin in die Überlegungen des Ministeriums einbezogen, auch wenn sie nicht immer die gleiche Position vertritt. Richtschnur für die BRAK ist bei allen Überlegungen, dass der Zugang zum Recht nicht durch systemische Veränderungen der Verfahrensgrundsätze beschränkt und in die anwaltliche Vertretung vor Gericht nicht eingegriffen werden darf. Ihr Dr. Ulrich Wessels AKZENTE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 183

AUFSÄTZE DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE AKTUELLE ENTWICKLUNGEN DER ANWALTSZAHLEN IN DEN NEUEN BUNDESLÄNDERN RECHTSANWÄLTIN SABINE FUHRMANN* * Die Autorin ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht in Leipzig. Sie ist Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen, im Vorstand des Bundesverbands der Freien Berufe und Vorsitzende des Fördervereins Forum Recht e.V. Dass die Anwaltschaft schrumpft, ist kein Geheimnis mehr. Im Lichte des vielzitierten Fachkräftemangels verändern sich die Zahlen der zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in eine Richtung. Eine im Frühjahr 2022 durchgeführte Umfrage der BRAK in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) macht deutlich, dass insbesondere die Flächenkammern im Osten hiervon betroffen sind. Der Beitrag zeigt, dass dies für den Zugang zum Recht in der Fläche eine echte Herausforderung darstellt. I. UMFRAGE Die BRAK führte zum Beginn des Jahres 2022 eine Umfrage für die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Situation von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten auf dem Land, die dortige Ausbildung von juristischem Nachwuchs und die Nachfolgesituation bei altersbedingtem Ausscheiden aus der Anwaltschaft betraf.1 1 Zu den Ergebnissen der Umfrage s. auch BRAK-Podcast „(R)ECHT INTERESSANT“ – Folge 66: Aderlass oder ultimative Chance? Wie steht es um die Zukunft der Anwaltsbranche? Die genannten Kammern arbeiten seit Sommer 2021 in einer Arbeitsgruppe und beschäftigen sich mit der Entwicklung der Anwaltszahlen in der Fläche. Der regionale Fokus wurde bewusst auf diese fünf neuen Bundesländer (ohne Berlin) gelegt, weil diese zum einen sehr ländlich geprägte Strukturen aufweisen und sich zum anderen im Vorfeld herausstellAbb. 1: Eingangszahlen te, dass die demografischen Herausforderungen in diesen Regionen besonders ausgeprägt sind. Die Umfrage wurde ausschließlich online durchgeführt, insgesamt nahmen fast 2.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte teil, die Hälfte davon nach eigenen Angaben Einzelanwältinnen und -anwälte in eigener Kanzlei. Der überwiegende Teil der an der Umfrage teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gab als Tätigkeitsschwerpunkte Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Miet- und WEG-Recht, Strafrecht und Verkehrsrecht an. Schon hier zeigt sich, dass es sich um Rechtsgebiete mit starker Nachfrage durch Verbraucher handelt. 1. ENTWICKLUNG DER EINGANGSZAHLEN Die wirtschaftliche Entwicklung der Kanzleien in den vergangenen zwei Pandemiejahren kann die Entscheidung von Kanzleiinhabern beeinflussen, ob und zu welchem Zeitpunkt die Kanzleien altersbedingt aufgegeben werden, oder auch, weil ein wirtschaftliches Auskommen aufgrund der veränderten Mandatszahlen nicht mehr möglich ist. Auf die Frage, wie sich die Eingangszahlen neuer Mandate in den zwei Pandemiejahren 2020 und 2021 entwickelten, gaben 42,89 % der Befragten an, dass die Eingangszahlen in etwa gleichgeblieben sind. Bei 39,39 % der Befragten haben sich die Eingangszahlen verringert. Somit sind bei einem erheblichen Teil der Befragten geringere Umsätze zu vermuten, weil weniger Mandate auf ein geringeres Gebührenaufkommen schließen lassen. FUHRMANN, DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 184

2. BEABSICHTIGTER VERZICHT AUF DIE ZULASSUNG Die demografische Entwicklung ist in den neuen Bundesländern deutlich zu spüren. So waren beispielsweise bei der Rechtsanwaltskammer Sachsen zum 31.12. 2021 insgesamt 4.434 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zugelassen, davon sind 737 älter als 60 Jahre. Die Zahl der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die auf ihre Zulassung verzichten, steigt seit Jahren an. Von den Befragten gaben jedoch nur 15,83 % an, dass sie ihre Zulassung innerhalb der nächsten fünf Jahre zurückgeben werden. Doch bei jeder aufgrund des Renteneintritts oder anderen Gründen beendeten Zulassung stellt sich die Frage, ob Nachfolgerinnen und Nachfolger in die Fußstapfen der Altvorderen treten. Von denjenigen, die ihre Zulassung zurückgeben, haben 73,52 % noch nicht nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger gesucht, 21,50 % haben die Suche nicht erfolgreich abschließen können und nur 4,98 % haben eine Nachfolge gesucht und gefunden. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass Bedarf für eine geordnete Nachfolge und gute Ausgangsbedingungen für die Übernahme von Kanzleien durch den juristischen Nachwuchs bestehen. 3. GERICHTLICHE TÄTIGKEIT Die örtliche Verteilung von Anwaltskanzleien wird auch beeinflusst durch die Distanz zu den jeweiligen Gerichten. In Orten, in denen Gerichte vorhanden sind, finden sich in der Regel mehr Kanzleien als in Orten, in denen Gerichte nicht – oder wie z.B. in Mecklenburg-Vorpommern nach der Gerichtsstrukturreform – nicht mehr oder nur noch in eingeschränkter Form vorhanden sind. Zeit ist Geld – deshalb hat die Distanz zwischen Kanzlei und dem Gericht wirtschaftliche Auswirkungen auf die jeweilige Kanzlei. Je länger und damit zeitaufwändiger die Wege zum Gericht sind, desto weniger wirtschaftlich kann ein Mandat betrieben werden. Immerhin gaben 55,85 % der Befragten an, dass sie durchschnittlich bis zu einer Stunde benötigten, um die Wegstrecke zum Gericht zurückzulegen. Dies lässt den Schluss zu, dass der überwiegende Teil der befragten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihren Sitz an oder in der unmittelbaAbb. 2: Kanzleinachfolge ren Nähe von Gerichtsstandorten hat. Doch immerhin 21,43 % der Befragten benötigen eine Stunde oder mehr zum nächsten Gericht, weitere 14,64 % sogar zwei Stunden. Schon hier zeigt sich, dass für ein Drittel der Befragten die gerichtliche Tätigkeit mit erheblichen Reisezeiten einhergeht. Diese Reisezeit fällt in den allermeisten Fällen für nur einen einzigen Gerichtstermin an. Denn nur 8,23 % der Befragten gaben an, dass an ihrem jeweiligen „Heimatgericht“ an einem Termintag durchschnittlich mehr als nur ein Gerichtstermin wahrgenommen werden kann. Dies sollte ein weiterer Grund sein, Verhandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragungen gem. § 128a ZPO und den korrespondierenden Vorschriften in anderen Verfahrensordnungen zu fördern. Denn dies ist nicht nur unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes ressourcenschonend, sondern ermöglicht den Prozessvertreterinnen und -vertretern zugleich, die eingesparte Reisezeit anderweitig einzusetzen – für Mandatsarbeit, für Akquise oder auch für Familie und Freizeit. 4. REFERENDARAUSBILDUNG IN DER FLÄCHE Wie steht es um die Ausbildungen von Referendarinnen und Referendaren und anderem juristischen Nachwuchs in der Fläche? Auch diese Frage war Gegenstand der Umfrage. Dabei sei vorausgeschickt, dass in den fünf teilnehmen Bundesländern jeweils nur eine juristische Fakultät vorhanden ist, in der auf das erste Staatsexamen vorbereitet wird, nämlich in Greifswald, Frankfurt/Oder, Halle, Leipzig und Jena. Die Nachfrage nach Praktikumsplätzen während des Studiums konzentriert sich deshalb sehr auf diese Fakultätsstandorte. Kanzleien in der Fläche erhalten deshalb seltener Bewerbungen für Praktika oder wissenschaftliche Mitarbeit in der Kanzlei – obwohl es wohl keinen besseren Ort als inhabergeführte Kanzleien gibt, um den Arbeitsalltag von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und den Umgang mit Mandantinnen und Mandanten kennenzulernen. Für die Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren gilt ähnliches. Die Ausbildung konzentriert sich in den teilnehmenden Bundesländern auf Gerichtsstandorte. Dass Referendarinnen und Referendare gezielt AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 185

Abb. 3: Weg zum Gericht Ausbildungskanzleien in der Fläche ansteuern, geht häufig auf persönliche Verbundenheit zur jeweiligen Region zurück. So erstaunt es nicht, dass von den Befragten nur 30,78 % in ihrer Kanzlei Referendarinnen und Referendare ausbilden. Das ist wohl eher nicht unbedingt auf eine mangelnde Motivation der Kanzleiinhaberinnen und -inhaber zurückzuführen. Die räumliche Distanz zwischen den Kanzleien auf dem Land und den Ausbildungsstandorten, an denen der (Präsenz-)Unterricht durchgeführt wird, stellt sich als echtes Hindernis dar, denn nur 11 % der Befragten erhalten Bewerbungen von Referendarinnen und Referendaren. Dabei sind Referendarinnen und Referendare von heute nicht nur Kolleginnen und Kollegen von morgen, sondern mögliche Nachfolgerinnen bzw. Nachfolger. Die Referendarausbildung sollte deshalb fester Bestandteil bei der Suche nach einer Kanzleinachfolge sein. Doch wie finden praktische Ausbilderinnen und Ausbilder und Referendarinnen und Referendare zusammen? An einigen Standorten finden regelmäßige Referendarmessen statt, bei denen sich Kanzleien als Ausbildungsstätte oder als Arbeitgeber für wissenschaftliche MitarAbb. 4: Ausbildung von Referendar:innen beiter für Studierende und Referendarinnen bzw. Referendare präsentieren können, auch die örtlichen Anwaltvereine unterstützen beim Zusammenfinden. In den Kammern und an den Ausbildungsstandorten werden Listen mit Ausbildungskanzleien geführt, auch hier können Kanzleiinhaberinnen und -inhaber ihre Bereitschaft zur Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren kundtun. Insbesondere größere Kanzleien mit mehreren Standorten setzen Referendarinnen und Referendaren wirtschaftliche Anreize durch die Zahlung von Stationsvergütungen oder die Erstattung von Repetitoriumsgebühren. Kleine Kanzleien können hier durchaus mithalten und dies durch eine intensive Betreuung ausgleichen. II. BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN FÜR KANZLEIEN IN DEN NEUEN BUNDESLÄNDERN Nicht zuletzt die STAR-Erhebung 2020 der BRAK und des Instituts für Freie Berufe2 2 S. dazu die Übersicht vonGenitheim, BRAK-Mitt. 2021, 64 ff. sowie die Darstellung der Ergebnisse unter https://www.brak.de/presse/zahlen-und-statistiken/star/star2020/. zeigt, dass die KanzleiBRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 186

strukturen im Osten und insbesondere in der Fläche mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen haben. Die Zahlen der Anwaltschaft haben sich 2020 erstmals im bundesdeutschen Durchschnitt negativ entwickelt.3 3 S. Mitgliederstatistik der BRAK zum 1.1.2021 und dazu Presseerklärung Nr. 5/ 2021 v. 29.4.2021. Doch in den neuen Bundesländern (außer Berlin) stagnieren die Zahlen seit mehreren Jahren und sinken nun merklich. Die Gründe dafür sind vielschichtig. 1. EINKOMMENSUNTERSCHIEDE Dass die Einkünfte von Einzelanwältinnen und -anwälten deutlich unter denen von Sozietäten liegen, ist kein rein ostdeutsches Phänomen. Doch weil der Anteil an Einzelanwältinnen und -anwälte in den neuen Bundesländern mit 78 % deutlich höher ist als in den alten Bundesländern (dort sind es 65 %), ist diese unterschiedliche Einkommensstruktur hier deutlich spürbarer. Denn im Westen liegt der durchschnittliche jährliche Überschuss bei 88.000 Euro, im Osten sind es 56.000 Euro. Das wirkt sich auf den Fortbestand von Kanzleien, aber auch die Standortattraktivität für Neugründungen oder Nachfolgen aus. Hinzukommt ein unterschiedlich ausgeprägtes GenderPay-Gap.4 4 Zum Gender Pay Gap in der Anwaltschaft s. auch Schultz, BRAK-Mitt. 2018, 223, 227 (auf Basis der STAR-Untersuchung 2018) sowie Nitschke, BRAK-Magazin 2/ 2021, 8 (auf Basis der STAR-Untersuchung 2020). Denn im Osten verdienen Frauen im Durchschnitt 55.000 Euro, Männer 69.000 Euro. Im Westen hingegen verdienen Frauen im Durchschnitt 74.000 Euro und Männer 130.000 Euro. Diese Unterschiede befeuern den Wettkampf um die Fachkräfte, insbesondere dann, wenn in Justiz und Verwaltung oder Unternehmen vielleicht nicht mit höheren Einkünften, aber mit einer ausgewogenen Work-Life-Balance (oder besser gesagt: Jura-Life-Balance) locken können. Die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger im Osten und Westen könnten nicht unterschiedlicher sein: Die unter 40jährigen im Westen verdienen im Durchschnitt 76.000 Euro, die unter 60jährigen 119.000 Euro und die unter 65jährigen 117.000 Euro im Jahr. Im Osten hingegen verdienen die unter 40jährigen 49.000 Euro, die unter 50jährigen 62.000 Euro und die bis 65 Jahre 73.000 Euro. Die Einkommenssituation von Sozietäten im Osten liegt mit 372.000 Euro ebenfalls deutlich unter den Zahlen im Westen von 658.000 Euro. Zwar haben die Sozietäten ihr Wachstum in den vergangenen zehn Jahren verdoppeln können, doch finden sich Sozietäten eher in den bevölkerungsstarken Ballungszentren. In der Fläche dominieren die Einzelkanzleien oder Bürogemeinschaften. Auch die Situation von angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten im Osten unterscheidet sich erheblich von denen im Westen. In Einzelkanzleien beträgt das durchschnittliche Einkommen im Osten 38.000 Euro, im Westen hingegen 57.000 Euro. Sozietäten mit angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erzielen im Osten im Durchschnitt 52.000 Euro, im Westen 82.000 Euro. Die finanziellen Perspektiven für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Fläche und im Osten sind somit unattraktiv bis abschreckend. 2. ALTERSSTRUKTUR UND NACHWUCHS Am Beispiel der Rechtsanwaltskammer Sachsen wird im Folgenden gezeigt, welche demografischen und weiteren Gründe zum Schrumpfen des Mitgliederbestands beitragen. Den höchsten Mitgliederbestand hatte die Rechtsanwaltskammer Sachsen im Jahr 2013 mit 4.800 Mitgliedern. Seitdem nimmt der Mitgliederbestand jährlich und kontinuierlich ab – auch die Zulassung von Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten seit 2016 und ab dem 1.8.2022 die Aufnahme von Berufsausübungsgesellschaften als Kammermitglieder können diesen Abwärtstrend nicht aufhalten. Zum Ende 2021 betrug die Mitgliederzahl 4.475 und rutschte damit das erste Mal seit 2006 wieder unter 4.500. Abb. 5: Mitgliederentwicklung der Rechtsanwaltskammer Sachsen Doch das Problem ist nicht allein das altersbedingte Ausscheiden der Mitglieder, das seit Jahren absehbar war und ist. Ein weiterer Grund für die sinkenden Mitgliederzahlen ist die immer kürzer werdende Verweildauer in der Anwaltschaft. Die RAK Sachsen hat ausgewertet, wie lange die Mitglieder, die ihre Zulassung freiwillig zurückgeben, als Anwältinnen oder Anwälte zugelassen wurden. Und dabei hat sich ein in den vergangenen Jahren immer mehr verstärkender Trend aufgezeigt. Die Verweildauer in der Anwaltschaft wird immer kürzer. Die Kolleginnen und Kollegen verzichten immer früher auf die Zulassung und zu einem Zeitpunkt in der persönlichen Erwerbsbiografie, in dem sie die praktischen Erfahrungen in den ersten Berufsjahren gerade gemacht haben und im Kanzleialltag und im Beruf der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts angekommen sein sollten. FUHRMANN, DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 187

Abb. 6: Verweildauer in der Anwaltschaft (Rechtsanwaltskammer Sachsen, 2021) An diesem so wichtigen Punkt, an dem die Berufserfahrung einsetzt, entscheiden sich insbesondere viele Kolleginnen, auf die Zulassung zu verzichten. Der Weg wird eingeschlagen in Richtung Gerichte und Verwaltung, Rechtsabteilungen und Unternehmen oder in ganz fachfremde Gefilde. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtig und individuell, doch die oben aufgezeigten wirtschaftlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der ostdeutschen Kanzleilandschaft haben einen Anteil daran. III. MASSNAHMEN UND AUSBLICK Was macht die Tätigkeit der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts für den juristischen Nachwuchs so unattraktiv? 1. IMAGE DES ANWALTSBERUFS Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Image der Anwaltschaft und das Berufsbild der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts als nicht unbedingt positiv wahrgenommen wird. Die Politik sieht Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als „professional enablers“ für Geldwäsche und andere Straftaten, in der Presseberichterstattung z.B. im Rahmen von Strafverfahren werden Verteidigerinnen und Verteidiger als diejenigen dargestellt, die nicht etwa für die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze stehen, sondern das Laufenlassen von Schuldigen ermöglichen. Das, was den freien Beruf der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts gerade ausmacht, nämlich die Stellung als Organ der Rechtspflege, spielt dabei keine bis nur eine untergeordnete Rolle. Die Anwaltschaft benötigt ein positiveres Image – und jeder Berufsträger und jede Berufsträgerin kann in der täglichen Arbeit, im Umgang mit Mandantinnen und Mandanten, dem Personal in der Kanzlei und allen anderen Akteurinnen und Akteuren dabei mitwirken. 2. NACHWUCHS FÖRDERN Für Schülerinnen und Schüler steht der Berufswunsch Rechtsanwältin/Rechtsanwalt somit nicht unbedingt auf der Wunschliste an oberster Stelle. Umso wichtiger ist es, ihnen so frühzeitig wie möglich authentische Einblicke in den Berufsalltag zu verschaffen. Bundesweit sind bereits Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von Rechtskundeunterricht und anderen, vergleichbaren Schulfächern engagiert. Die Bedeutung von Schülerpraktika ist dabei nicht zu unterschätzen: Die ersten Praxiseinblicke von Schülerinnen und Schülern sind für die weitere Berufungswahl sehr prägend. Je engagierter die Kanzleiinhaberinnen und -inhaber diesen Praxiseinblick unterstützen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine juristische Ausbildung oder ein juristischer Studiengang eingeschlagen wird. Gleiches gilt für praktische Studienzeiten und die bereits angesprochene praktische Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren. FUHRMANN, DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 188

3. EINE NEUE GRÜNDERZEIT Der geschilderte Rückzug von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus dem aktiven Berufsleben (egal ob altersbedingt oder nach nur kurzer Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer) führt zu einer gesteigerten Nachfrage durch Mandantinnen und Mandanten, auch oder insbesondere in der Fläche. Die Bedingungen für die Gründung einer Kanzlei und damit der Eintritt in die selbstständige, freiberufliche Tätigkeit könnten nicht besser sein. Doch der Wille hierzu ist bei Absolventinnen und Absolventen wenig ausgeprägt. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Wenn im Studium und in der Referendarausbildung die theoretischen Grundlagen für das erfolgreiche Betreiben einer Kanzlei als Unternehmen noch ausgeprägter wären, könnte dies mehr Kolleginnen und Kollegen motivieren, eigene Kanzleien zu gründen – und zwar auch an Standorten außerhalb der Ballungszentren, bei denen die Konkurrenzsituation sich anders darstellt als in den Metropolregionen. Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse, Marketing, Zeitmanagement und unternehmerisches Know-how kommen im Ausbildungsplan bislang zu kurz, dabei ist es keine Raketenwissenschaft. Was in der Ausbildung zu kurz kommt, kann durch Mentorinnen und Mentoren oder andere Beraterinnen und Berater nachgeholt werden. Die Regionalkammern sollten deshalb prüfen, ob und auf welchem Weg solche Mentoring-Programme etabliert werden können. Leider fällt die Gründung einer Kanzlei durch einige Raster von regionalen und überregionalen Wirtschaftsförderungen. Dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte den Zugang zum Recht auch in der Fläche gewährleisten und dafür angemessene unternehmerische Rahmenbedingungen vorfinden müssen, steht auch im Interesse der Politik. Deshalb soll bei Förderprogrammen darauf geachtet werden, dass diese nicht gewerblich tätige Freiberufler genauso unterstützen wie Gewerbetreibende. 4. BEIBEHALTUNG DER GERICHTSSTRUKTUREN Die Erfahrungen nach der Gerichtsstrukturreform in Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass der Rückzug der Justiz aus der Fläche nicht ohne Auswirkungen auf den Zugang zum Recht und damit auch auf die Tätigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Fläche hat. Den Bundesländern und Justizverwaltungen muss klar sein, dass dem Zugang zum Recht als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips eine erhebliche Bedeutung zukommt. Die wachsende räumliche Distanz zu Gerichten, und insbesondere schon zu den Eingangsinstanzen, sind für die Bürgerinnen und Bürger spürbare Effekte, die als ein Rückzug des Rechtsstaats missinterpretiert werden könnten – das wäre fatal für die Zivilgesellschaft und das Ansehen der Justiz. Auch Rechtsversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge. 5. VERBESSERUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN Das unternehmerische Risiko, gerade in den Anfangsphasen der unternehmerischen Tätigkeit, schreckt Gründerinnen und Gründer davon ab, eine eigene Kanzlei zu gründen. Modelle zur Anschubfinanzierung, Gründungszuschüsse und andere Unterstützungsmöglichkeiten werden von unterschiedlichen Stellen angeboten. Doch die Zahl der Unternehmensgründungen auch in der Anwaltschaft geht kontinuierlich zurück, wohl auch deshalb, weil eine angestellte Tätigkeit mit einem festen, planbaren Gehalt gegenüber den finanziellen Unwägbarkeiten einer selbstständigen Tätigkeit vorgezogen wird. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere für Kanzleien, die Verbraucherinnen und Verbraucher beraten in Rechtsgebieten, in denen sich Vergütungsvereinbarungen weiterhin schwer durchsetzen lassen, ist eine kontinuierliche Anpassung der gesetzlichen Vergütung unerlässlich. Die nur dekadische Anpassung der gesetzlichen Vergütung genügt vor dem Hintergrund der allgemeinen Preisentwicklung nicht mehr. 6. VERBESSERUNG DER VEREINBARKEIT VON BERUF UND FAMILIE Die Zukunft der Anwaltschaft ist weiblich – darauf deutet zumindest die stetig wachsende Zahl an zugelassenen Rechtsanwältinnen hin.5 5 S. zuletzt BRAK-Presseerklärung Nr. 5/2022 v. 17.5.2022 sowie https://www.brak. de/fileadmin/04_fuer_journalisten/statistiken/2022/anteil-rainnen-70-2022.pdf. Leider geben innerhalb der ersten zehn Berufsjahre mehr Kolleginnen als Kollegen die Zulassung zurück. Ein Grund dafür ist die Herausforderung, die Kanzleitätigkeit mit der Care-Arbeit von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen in Einklang zu bringen. Gerichtstermine, Fristendruck, Eilsachen – all dies scheint den Kanzleialltag wenig planbar und unberechenbar zu machen. Doch in Zeiten von Fachkräftemangel ist jede Kollegin und jeder Kollege wichtig, um für ihre Mandantinnen und Mandanten den Zugang zum Recht zu gewährleisten. Vergleicht man die rechtliche und finanzielle Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit denen von Selbstständigen, so zeigen sich deutliche Unterschiede. Bislang haben selbstständige, erwerbstätige Frauen keinen Anspruch auf die gesetzlichen Mutterschutzfristen oder die Zahlung von Mutterschutzgeld, denn die Regelungen des Mutterschutzgesetzes finden für sie keine Anwendung. Damit hängt der Anspruch auf Mutterschutz von der Ausgestaltung der jeweiligen Krankenversicherung ab. Auch bei der Ausgestaltung des Elterngelds klaffen Unterschiede zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Selbstständigen. Die Anpassung der Arbeitsund Lebensrealität wäre ein wichtiger Schritt, um den Verbleib von Kolleginnen und Kollegen in der Anwaltschaft zu unterstützen. Die Entscheidung für Kinder und für Familienpflege soll nicht zwingend mit einer EntAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 189

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