BRAK-Mitteilungen 4/2022

Abb. 6: Verweildauer in der Anwaltschaft (Rechtsanwaltskammer Sachsen, 2021) An diesem so wichtigen Punkt, an dem die Berufserfahrung einsetzt, entscheiden sich insbesondere viele Kolleginnen, auf die Zulassung zu verzichten. Der Weg wird eingeschlagen in Richtung Gerichte und Verwaltung, Rechtsabteilungen und Unternehmen oder in ganz fachfremde Gefilde. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtig und individuell, doch die oben aufgezeigten wirtschaftlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der ostdeutschen Kanzleilandschaft haben einen Anteil daran. III. MASSNAHMEN UND AUSBLICK Was macht die Tätigkeit der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts für den juristischen Nachwuchs so unattraktiv? 1. IMAGE DES ANWALTSBERUFS Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Image der Anwaltschaft und das Berufsbild der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts als nicht unbedingt positiv wahrgenommen wird. Die Politik sieht Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als „professional enablers“ für Geldwäsche und andere Straftaten, in der Presseberichterstattung z.B. im Rahmen von Strafverfahren werden Verteidigerinnen und Verteidiger als diejenigen dargestellt, die nicht etwa für die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze stehen, sondern das Laufenlassen von Schuldigen ermöglichen. Das, was den freien Beruf der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts gerade ausmacht, nämlich die Stellung als Organ der Rechtspflege, spielt dabei keine bis nur eine untergeordnete Rolle. Die Anwaltschaft benötigt ein positiveres Image – und jeder Berufsträger und jede Berufsträgerin kann in der täglichen Arbeit, im Umgang mit Mandantinnen und Mandanten, dem Personal in der Kanzlei und allen anderen Akteurinnen und Akteuren dabei mitwirken. 2. NACHWUCHS FÖRDERN Für Schülerinnen und Schüler steht der Berufswunsch Rechtsanwältin/Rechtsanwalt somit nicht unbedingt auf der Wunschliste an oberster Stelle. Umso wichtiger ist es, ihnen so frühzeitig wie möglich authentische Einblicke in den Berufsalltag zu verschaffen. Bundesweit sind bereits Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von Rechtskundeunterricht und anderen, vergleichbaren Schulfächern engagiert. Die Bedeutung von Schülerpraktika ist dabei nicht zu unterschätzen: Die ersten Praxiseinblicke von Schülerinnen und Schülern sind für die weitere Berufungswahl sehr prägend. Je engagierter die Kanzleiinhaberinnen und -inhaber diesen Praxiseinblick unterstützen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine juristische Ausbildung oder ein juristischer Studiengang eingeschlagen wird. Gleiches gilt für praktische Studienzeiten und die bereits angesprochene praktische Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren. FUHRMANN, DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 188

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