BRAK-Mitteilungen 4/2022

wälte tätig wurde. Eine solche rein unterstützende Tätigkeit genügt – wie ausgeführt – nach der Senatsrechtsprechung nicht zur Annahme einer persönlichen Fallbearbeitung. Vorliegend hat die Kl. hingegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem AGH die Schriftsätze in den gerichtlichen Fällen 1 bis 5 eigenständig und weisungsfrei erstellt und ist darüber hinaus in den Fällen 4 und 5 nach außen verantwortlich aufgetreten. Dies geht über ein Wirken im Hintergrund in Gestalt einer nur einen anderen Rechtsanwalt unterstützenden Tätigkeit deutlich hinaus. [17] (cc) Soweit nach dem Vorstehenden eine inhaltliche Befassung des Rechtsanwalts mit der Sache für die Annahme einer persönlichen Fallbearbeitung i.S.v. § 5 I 1 FAO genügen kann, führt dies entgegen der Auffassung der Bekl. nicht dazu, dass eine persönliche Fallbearbeitung nicht sicher von einem lediglich im Hintergrund erfolgenden Wirken des Rechtsanwalts abgegrenzt werden kann. Zur Abgrenzung ist bei der vorliegend relevanten Fallbearbeitung in Form der Abfassung von anwaltlichen Schriftsätzen entscheidend, ob der Ast. einem anderen Rechtsanwalt hierbei nur untergeordnet und unterstützend zugearbeitet oder ob er ohne maßgebliche inhaltliche Mitwirkung eines anderen Rechtsanwalts den Schriftsatz eigenständig erstellt hat. Letzteres ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem AGH im Hinblick auf die von der Kl. erstellten Schriftsätze der Fall. Sie hat danach auch nicht nur eng umgrenzte Teilaspekte der von ihr vorgelegten Fälle bearbeitet. Dementsprechend kann ihre Tätigkeit von einem lediglich im Hintergrund erfolgenden Wirken klar abgegrenzt werden. [18] Der Bekl. ist einzuräumen, dass im Einzelfall eine Abgrenzung „nach außen“, d.h. eine Abgrenzung zwischen persönlicher Fallbearbeitung und Wirken im Hintergrund aus der Sicht eines außenstehenden Dritten nicht immer möglich sein mag. So kann etwa bei vom Rechtsanwalt nicht selbst unterzeichneten Schriftsätzen, insb. wenn sie auch kein entsprechendes Diktatzeichen aufweisen, die inhaltliche Urheberschaft des Rechtsanwalts für einen außenstehenden Dritten nicht erkennbar sein. Die daraus resultierenden AbgrenzungsschwierigkeiAbgrenzungsschwierigkeiten denkbar ten und Unklarheiten sind indes durch den Rechtsanwalt in dem Nachweisverfahren gem. § 6 I und III FAO und mittels der dort genannten Unterlagen zu klären. Sie rechtfertigen es nicht, von dem Rechtsanwalt nicht unterzeichnete Schriftsätze von vorneherein nicht als Beleg seiner persönlichen Fallbearbeitung anzuerkennen. Vorliegend ist ein solcher Nachweis der Abfassung der Schriftsätze in den gerichtlichen Fällen 1 bis 5 durch die Kl. mittels der Versicherungen des Rechtsanwalts Dr. K. und der Rechtsanwältin G. – erfolgt. Er wird bestätigt durch das Ergebnis der Beweisaufnahme. [19] (dd) Soweit eine von der Bekl. vermisste „Gesamtbetrachtung“ durch den AGH zu der Erkenntnis geführt hätte, dass bei seiner Vorgehensweise der Nachweis eines gerichtlichen Falls ohne verantwortlichen Außenauftritt und ohne Kommunikation mit dem Mandanten erfolgen kann, werden hierdurch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründet. Denn dabei handelt es sich – wie ausgeführt – jedenfalls nicht um Voraussetzungen, die in jedem einzelnen, von dem Rechtsanwalt bearbeiteten Fall erfüllt sein müssen. Auch kann ein „Wirken im Hintergrund“ nicht ausschließlich aus der Sicht und Wahrnehmung des Mandanten beurteilt werden. Maßgeblich ist vielmehr die interne Verantwortung des Rechtsanwalts für die Fallbearbeitung, zum Beispiel gegenüber den Partnern einer Sozietät (zutreffend Scharmer, a.a.O. Rn. 327). Wird hier – wie bei den von der Kl. vorgelegten gerichtlichen Fällen – ein Schriftsatz von einem angestellten Rechtsanwalt inhaltlich verantwortet, hat er den entsprechenden Fall auch dann persönlich bearbeitet, wenn der Schriftsatz von einem Partner unterzeichnet und in der Wahrnehmung des Mandanten allein von dem Partner verantwortet wird. [20] b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen auch nicht im Hinblick auf die Bewertung des AGH betreffend den Nachweis der persönlichen Fallbearbeitung durch die Kl. in dem gerichtlichen Fall 3. [21] Zu diesem Fall hat die Kl. einen von ihr unterzeichneten Schriftsatz v. 22.6.2018 vorgelegt, in dem der Unterschriftenzusatz „für Dr. B. K.“ geschwärzt, aus dem Briefkopf indes als Ansprechpartner „Dr. iur. B. K.“ ersichtlich war. Der AGH hat hierzu ausgeführt, aus dem unkenntlich gemachten Unterschriftenzusatz ergebe sich kein Anhalt dafür, dass die Kl. diesen Fall nicht selbstständig und eigenverantwortlich bearbeitet habe. Sie habe hierzu unwiderlegt und nachvollziehbar im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Senat erläutert, dass sie bei der Anonymisierung der Arbeitsproben einen immensen Zeitdruck gehabt habe. Sie habe ihre Auszubildende A. Bu. gebeten, jeden Namen außer dem der Kl. zu schwärzen und dann die vorgenommenen Anonymisierungen nicht mehr kontrolliert. [22] Die Bekl. räumt ein, dass sich in Bezug auf die vorgenannte Schwärzung – ebenso wie in Bezug auf die zunächst erfolgte Einreichung von zwei seitens eines anderen Rechtsanwalts bearbeiteten Fällen – der Kl. eine bewusste Täuschung nicht nachgewiesen werden kann. Mehr als ein Versehen kann ihr nicht zur Last gelegt werden. Dieses rechtfertigt keine Sanktionierung dergestalt, dass der von ihr vorgelegte gerichtliche Fall 3 nicht berücksichtigt wird, wenn zugleich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass der Fall von der Kl. i.S.v. § 5 I 1 FAO persönlich bearbeitet wurde. (...) [24] 2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden RechtsmaFACHANWALTSCHAFTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 219

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