BRAK-Mitteilungen 4/2022

2019, 1147 Rn. 20, 21, beck-online m.H.a. Henssler, AnwBl. 2018, 342 [347] m.w.N.). Solange der Kl. die Bekl. zu 1) daher nicht bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen die Bekl. zu 2) unterstützt, handelt er nicht im Interessenwiderstreit. Zwar könnte die von der Bekl. zu 1) am 18.9.2019 erteilte Vollmacht eine derartige Mandatierung zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen der Bekl. zu 1) gegen die Bekl. zu 2) nahelegen, was der Kl. jedoch in Abrede stellt. Selbst wenn eine diesbezügliche Auslegung der Bekl. zuträfe, ist jedoch zu beachten, dass der Kl. insoweit unstreitig nie tätig wurde, so dass auch (noch) kein derartiger Interessenwiderspruch entstanden ist. Unbestritten hat er vielmehr lediglich die erbrechtliche Situation geklärt und die Bekl. auf die erbrechtliche Situation hingewiesen, wonach die Bekl. zu 1) pflichtteilsberechtigt ist und die Bekl. zu 2) Alleinerbin. Anschließend ging es in der Nachlassangelegenheit um die Klärung des Nachlassbestandes und der Nachlassverbindlichkeiten, wobei es sich bei den Verbindlichkeiten auch um Gesamtschulden der Bekl. zu 1) und des Erblassers handelte. Auch insoweit vertrat der Kl. daher keine gegenläufigen, sondern gleichgerichtete Interessen der Bekl. Auf einen späteren Interessenwiderstreit – sollte die Bekl. zu 1) den Pflichtteil geltend machen – kam es hier noch nicht an. Auch eine Teilhabe an der vom Makler verdienten Provision führt nicht zur Nichtigkeit der Beauftragung nach § 134 BGB i.V.m. § 43a BRAO. Ein Interessenwiderstreit liegt nicht vor, wie das LG zutreffend ausgeführt hat. Hiergegen hat die Berufung nichts Wesentliches erinnert. Sonstige Verbotsgesetze, auf die die Bekl. die behauptete Nichtigkeit nach § 134 BGB stützen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. (...) HINWEISE DER REDAKTION: Ein Rechtsanwalt und Notar verstößt gegen § 45 I Nr. 1 BRAO, wenn er zunächst ein Testament beurkundet und später für die im Testament benannte Alleinerbin in einem Prozess Pflichtteilsansprüche abwehrt, unabhängig davon, ob ein konkreter Interessengegensatz vorliegt (vgl. AnwG Frankfurt, BRAKMitt. 2010, 223). UNTERBLIEBENER HINWEIS AUF DIE MÖGLICHKEITEN VON BERATUNGSHILFE BORA § 16; BerHG § 6 II; BGB § 280 Einem Mandanten steht gegen seinen Rechtsanwalt gem. §§ 675, 670, 280 I BGB ein Schadensersatzanspruch zu, wenn der Rechtsanwalt „bei begründetem Anlass“ den Mandanten nicht gem. § 16 BORA auf die Möglichkeiten von Beratungshilfe gemäß dem BerHG hingewiesen hat. AG Brandenburg, Urt. v. 28.3.2022 – 31 C 117/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Eine prozesskostenhilfebedürftigte Partei kann den Gebührenanspruch ihrer Rechtsanwältin oder ihres Rechtsanwalts für sein Tätigwerden vor Einleitung des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens einen Schadensersatzanspruch entgegenhalten, wenn sie/ er sie nicht auf die Möglichkeit, hierfür Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen, hingewiesen hat (OLG Celle, BRAK-Mitt. 2010, 128). FACHANWALTSCHAFTEN PERSÖNLICHE UND WEISUNGSFREIE BEARBEITUNG VON FÄLLEN FAO §§ 5 I 1, 14o * 1. Eine persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von Fällen i.S.d. § 5 I 1 FAO ist anzunehmen, wenn sich ein Rechtsanwalt namentlich durch Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat. * 2. Beschränkt sich seine Befassung hingegen auf ein Wirken im Hintergrund, liegt eine persönliche Bearbeitung nicht vor. Ein solches Wirken im Hintergrund ist bei einer bloß untergeordneten, unterstützenden Zuarbeit anzunehmen, etwa wenn der Berufsträger nur eng umgrenzte Teilaspekte eines Falles bearbeitet, keinen eigenen Schriftsatz anfertigt und auch nicht an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen hat. * 3. Eine persönliche Bearbeitung hat der Rechtsanwalt in der Form des § 6 FAO nachzuweisen, soweit er nicht durch die Verwendung eines eigenen Briefkopfs oder in ähnlicher Weise nach außen als Bearbeiter in Erscheinung tritt. * 4. Ferner sind anwaltliche Versicherungen von Rechtsanwälten zu berücksichtigen, von denen ein Berufsträger Fälle zur eigenständigen persönlichen Bearbeitung erhalten hat. Liegen solche anwaltFACHANWALTSCHAFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 216

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