BRAK-Mitteilungen 4/2022

henden Pflichtaufgaben, den Gemeingeist und die Berufsehre zu pflegen (§ 54 I 2 Nr. 1), ein gutes Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen anzustreben (§ 54 I 2 Nr. 2 HwO), das handwerkliche Können der Meister und Gesellen sowie das Genossenschaftswesen im Handwerk zu fördern (§ 54 I 2 Nr. 5 und Nr. 7 HwO) und die sonstigen handwerklichen Organisationen und Einrichtungen in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 54 I 2 Nr. 9 HwO). [36] (d) Ob – wie die Kl. unter Verweis auf eine im Schrifttum vertretene Auffassung (s. Will, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 2010, 678, 712 m.w.N.) geltend macht – für die Unterscheidung von hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Aufgaben der Innungen statt der formalen Abgrenzung des Bundesverfassungsgerichts eine materielle Betrachtung nach dem Inhalt der jeweiligen Aufgabe vorzunehmen sein könnte und danach auch ein Teil der in § 54 II und III HwO genannten freiwilligen Aufgaben der Handwerksinnungen als hoheitlich zu qualifizieren wäre, bedarf keiner Entscheidung. Die Kl. hat hinsichtlich der von ihr danach als hoheitlich angesehenen Aufgaben – Beratung der Vergebungsstellen bei der Vergebung öffentlicher Lieferungen und Leistungen (§ 54 II Nr. 2 HwO), Errichtung von Unterstützungskassen für Innungsmitglieder (§ 54 III Nr. 2 HwO) und Vermittlung von Streitigkeiten zwischen Innungsmitgliedern und deren Auftraggebern (§ 54 III Nr. 3 HwO) – nicht näher dargetan, in welcher Form der Beigeladene daran bei Geschäften der laufenden Verwaltung oder als Leiter der Rechtsabteilung über ein lediglich unterstützendes und beratendes Maß hinaus beteiligt sein sollte. Anhaltspunkte, die dies nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich. [37] (3) Dass der Beigeladene bei der der Kreishandwerkerschaft des Weiteren obliegenden Schaffung oder Unterstützung von Einrichtungen (§ 87 Nr. 3 HwO) oder bei der Unterstützung der Behörden (§ 87 Nr. 4 HwO) – sei es im Rahmen der laufenden Verwaltung oder als Leiter der Rechtsabteilung – nicht nur vorbereitend und unterstützend, sondern mit Entscheidungsbefugnis beteiligt wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird auch von der Kl. nicht dargetan. [38] (4) Auch die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben keine eigene Entscheidungsbefugnis mit eigener Entscheidungsbefugnis im Rahmen der der Kreishandwerkerschaft und den Innungen obliegenden Durchführung der von der Handwerkskammer erlassenen Vorschriften und Anordnungen (§ 87 Nr. 6 bzw. § 54 I 2 Nr. 10 HwO) durch den Beigeladenen ist nach seinen glaubhaften Angaben und den vorliegenden Unterlagen nicht gegeben. [39] Der Beigeladene hat als Anlage IV zur Tätigkeitsbeschreibung eine Auflistung der Aufgaben vorgelegt, die die Kreishandwerkerschaft gem. § 87 Nr. 6 HwO für die Handwerkskammer D. wahrnimmt. Bei diesen Aufgaben – die teilweise auch unter § 87 Nr. 4 HwO (Unterstützung der Behörden bei den das Handwerk des Bezirks betreffenden Maßnahmen) zu fassen sind – handelt es sich sämtlich um lediglich vorbereitende oder unterstützende Tätigkeiten ohne Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse mit eigener Entscheidungskompetenz: [40] Betreffend die Vorbereitung der Eintragung von Betrieben in die Handwerksrolle hat der Beigeladene ausführlich und glaubhaft geschildert, dass er auf entsprechende Anfrage zwar eine Beratung hinsichtlich der unterschiedlichen Eintragungsmöglichkeiten und eine Überprüfung der Eintragungsanträge vornimmt, ihm aber keine Entscheidungsbefugnis über die Vornahme der Eintragung zusteht, sondern er einen Antrag – sofern der Betrieb dies wünscht – auch bei Bedenken dagegen an die Handwerkskammer zur dortigen Entscheidung weiterzuleiten hat. Entsprechendes gilt für die Prüfung und Weiterleitung von Berufsausbildungsverträgen zur Eintragung in die Lehrlingsrolle. Seine Tätigkeit im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit beschränkt sich auf die Meldung von Verdachtsfällen an die zuständigen Ämter bzw. die Handwerkskammer. Die Organisation von Veranstaltungen für die Werbung neuer Auszubildender und die Teilnahme daran sind ebenso wie die für die Handwerkskammer übernommene Erfassung von Tätigkeitszeiten der Ehrenamtsträger und Betriebs- sowie Arbeitnehmerjubiläen ersichtlich nicht hoheitlicher Natur. [41] Eine hoheitliche Tätigkeit des Beigeladenen ergibt sich schließlich auch nicht aus seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsausschuss der Bundesagentur für Arbeit M., im Beirat des Jobcenters, im Kuratorium der M.- Stiftung zur Erleichterung des Übergangs von der Schule in den Beruf/eine Ausbildung und als Gesellschaftervertreter der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Soweit die Kl. die Angabe des Beigeladenen, im Ergebnis bringe er hier (nur) seine Einschätzungen zum lokalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ein, insbesondere hinsichtlich seiner Tätigkeit im Verwaltungsausschuss der Bundesagentur für Arbeit in Zweifel zieht, trifft es zwar zu, dass der Verwaltungsausschuss nach § 374 II SGB III die Aufgabe hat, die Agentur für Arbeit bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu überwachen und zu beraten, wozu er entsprechend § 373 II SGB III auch Auskunft vom Vorstand der Agentur verlangen kann. Die Anordnung hoheitlicher Maßnahmen steht dem Verwaltungsausschuss im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe aber nicht zu. Vielmehr kann er, wenn er der Auffassung ist, dass die Geschäftsführung ihre Pflichten verletzt hat, die Angelegenheit (nur) dem Verwaltungsrat vortragen, dem seinerseits gem. § 373 I SGB III die Überwachung des Vorstands und der Verwaltung der Agentur für Arbeit obliegt und der die Durchführung von Prüfungen durch die Innenrevision verlangen und Sachverständige mit einzelnen Aufgaben der Überwachung beauftragen kann. Dem entspricht die Darstellung des Beigeladenen, wonach seine Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsausschusses lediglich einer „Beiratsfunktion“ gleichkomme. SYNDIKUSANWÄLTE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 228

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0