BRAK-Mitteilungen 4/2022

folgsvereinbarung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. 4. Die Kündigung des Anwaltsvertrages unmittelbar vor Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich kann einen Arrestgrund begründen. OLG Dresden, Beschl. v. 1.3.2022 – 4 W 3/22 AUS DEN GRÜNDEN: I. Die Ag. begehren Prozesskostenhilfe für das Verfahren über den Widerspruch gegen eine Arrestanordnung des LG v. 13.8.2021. Zugunsten der Ast., die die Ag. als Rechtsanwaltskanzlei in einer Arzthaftungsstreitsache vor dem LG Berlin und dem KG vertreten hat, war dort in Höhe einer Gebührenforderung nebst Kosten und Auslagen von 157.150 Euro der dingliche Arrest in eine Schadensersatzforderung gegenüber dem Bekl. des Ausgangsverfahrens angeordnet worden. Der zugrundeliegende Anspruch der Ast. wird aus einer Honorarvereinbarung v. 13.2./26.2.2019 abgeleitet. Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Behauptung der Ag., die Ast. habe sich nicht an Absprachen gehalten, bringe einen Vergütungsanspruch nicht zu Fall. Ob hiergegen Einwendungen berechtigt seien, müsse in einem Gebührenprozess vor dem LG Berlin geklärt werden. Mit der sofortigen Beschwerde meinen die Ag., ein Vergleich mit dem Herzzentrum sei bislang nicht geschlossen worden, so dass es keine durch Arrest zu sichernde Forderung gebe. Die Erfolgsvereinbarung mit der Ast. sei infolge der Kündigung des Mandatsverhältnisses hinfällig und überdies nach § 3a RVG nichtig, weil ihnen sowohl in erster Instanz als auch vor dem KG Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, der geltend gemachte Anspruch die gesetzlichen Gebühren indes weit übersteige. Zur Kündigung des Mandatsverhältnisses seien sie bewogen worden, weil die Ast. versucht habe, sie zur Zustimmung zum Vergleichsschluss zu veranlassen, ohne ihnen Kenntnis über „die Parameter und das Endergebnis der Entschädigungssumme“ zu vermitteln. Namentlich hätten sie zu keinem Zeitpunkt eine klare und verbindliche Auskunft über die Höhe der Gerichtskosten erhalten; stattdessen sei ihnen angedroht worden, dass das Gericht den Streitwert auch i.H.v. 2.446.939,90 Euro festsetzen könne. II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist nach §§ 127 III, 567 ZPO zulässig, insb. innerhalb der Monatsfrist des § 127 III 3 ZPO erhoben. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Für den Widerspruch gegen die Arrestanordnung des LG besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO. Auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens ist von dem Bestehen des geltend gemachten Arrestanspruches in voller Höhe auszugehen. 1. Gemäß § 916 I ZPO findet der Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann. a) Ein solcher Anspruch folgt hier aus dem Anwaltsvertrag in Verbindung mit der Erfolgshonorarvereinbarung v. 13./26.2.2019. Nach Ziff. 5 lit. b) schuldet der Auftragnehmer hiernach 25 % der durchgesetzten Schadensersatzsumme zuzüglich Umsatzsteuer (5 lit. c) der Vereinbarung) und der verauslagten Kosten (5 lit. d) der Vereinbarung). Die Berechnung der Höhe der mit dem Arrestantrag geltend gemachten Forderung ist ausgehend von dem Vergleichsbetrag von 500.000 Euro und der geltend gemachten Auslagen gem. der Rechnung der Ast. v. 12.7.2021 (Bl. 28 ff. d.A.) zwischen den Parteien nicht im Streit. b) Allerdings ist der von der Ast. mit der Gegenseite im vor dem KG anhängigen Verfahren 20 U 25/19 vereinbarte Vergleich nicht gem. § 278 VI ZPO protokolliert worden, nachdem die Kl. mit Schreiben v. 5.7.2021 der Ast. das Mandat entzogen hat. Auf eine solche Protokollierung kommt es jedoch für einen zu sichernden Anspruch nach § 916 ZPO auch nicht an. Der Beschluss nach § 278 VI ZPO hat nämlich nur feststellenden Charakter, indem er einen materiell-rechtlich zwischen den Parteien vereinbarten Prozessvergleich zum Vollstreckungstitel i.S. § 794 I Nr. 1 ZPO macht (BGH, Urt. v. 2.2.2012 – I ZB 95/10; Zöller- Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 278 ZPO, Rn. 35). Ein auf den Abschluss eines solchen Vergleichsvertrages gerichtetes Angebot hat die Ast. mit dem Schreiben v. 8.6.2021 (Anlage 41) gegenüber der Gegenseite in dem o.a. Berufungsverfahren vor dem KG unterbreitet. Es enthält einen ausformulierten Vergleichsvorschlag, der ausdrücklich als verbindlich und mit der Bereitschaft zur Protokollierung nach § 278 VI ZPO gekennzeichnet ist. Dass die Ast. im Zeitpunkt dieses Angebots über die hinreichende Vertretungsmacht verfügte, die Ag. im Außenverhältnis zum Abschluss eines Vergleichsvertrages zu binden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Aus dem Schreiben Anlage 40 ergibt sich im Übrigen, dass die Ag. sich noch am 7.6.2021 mit den Eckpunkten dieses Vergleichsvorschlags auch im Innenverhältnis zu der Antragstellerin einverstanden erklärt hatten. Dieses Angebot hat die Gegenseite telefonisch bereits am 1.7.2021 und sodann bestätigend mit dem Schreiben v. 6.7. 2021 (Anlage 47) gegenüber der Ast. angenommen. Ob aufgrund der Mandatskündigung, die die Ag. am 5.7.2021 gegenüber der Ast. ausgesprochen hatten, deren Empfangsvollmacht bei Eingang des Schreibens v. 6.7.2021 erloschen war und die Gegenseite hiervon Kenntnis hatte, kann dahinstehen. Der Abschluss eines Vergleichsvertrages über die Entschädigungszahlung in einer Arzthaftungssache unterliegt nach § 779 BGB keiner Form und konnte bereits durch die mündliche Annahmeerklärung im Telefonat v. 1.7.2021 erklärt werden. c) Anhaltspunkte, die eine nachträgliche Anfechtung oder eine Unwirksamkeit dieses Vergleichs rechtfertigen könnten, haben die Ag. nicht behauptet. Dass sie sich über die infolge der Übernahme einer Kostenquote von 60 % von ihnen zu tragenden Gerichtskosten im Unklaren waren, kann zu ihren Gunsten unterstellt werBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 221

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