BRAK-Mitteilungen 4/2022

[42] Bestätigt werden die Angaben des Beigeladenen durch das von ihm eingereichte Schreiben eines Abteilungsleiters der Handwerkskammer D. v. 18.9.2019, demzufolge er als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft keine hoheitlichen Tätigkeiten für die Handwerkskammer ausübt. [43] (5) Schließlich sind dem Beigeladenen mit der „ErErledigung der laufenden Geschäfte ledigung der laufenden Geschäfte der Verwaltung“ auch keine hoheitlichen Tätigkeiten bei der Erhebung der Beiträge und Gebühren der Kreishandwerkerschaft und der Innungen übertragen worden. [44] (a) Das folgt – entgegen der Annahme des AGH – allerdings nicht bereits daraus, dass die Bemessungsgrundlagen für die Mitgliedsbeiträge bereits in den Satzungen der Kreishandwerkerschaft bzw. der ihr angehörenden Innungen bestimmt sind (§§ 55 II Nr. 4, 89 I Nr. 1 HwO; § 26 II-V KHW-Satzung; § 73 III und IV Innungssatzung) und über die Höhe der Beiträge und die Festsetzung von Gebühren die Mitglieder- bzw. die jeweilige Innungsversammlung haushaltsjährlich durch Beschluss zu entscheiden hat (§§ 61 II Nr. 2, 89 I Nr. 3 HwO; §§ 10 II Nr. 2, 26 VI KHW-Satzung; §§ 23 II Nr. 2, 73 V Innungssatzung). [45] Hierbei handelt es sich indes nur um abstrakt-generelle Regelungen, anhand derer die Beiträge im jeweiligen Einzelfall noch zu ermitteln und festzusetzen sind. So bestimmt § 26 KHW-Satzung lediglich allgemein, dass jede Mitgliedsinnung für jedes ihr angehörende Innungsmitglied einen Grund- und einen Zusatzbeitrag (Korporativbeitrag), der in einem Tausendsatz der Lohnsumme erhoben wird, zu entrichten hat, Innungen, die ihre Geschäftsführung auf die Kreishandwerkerschaft übertragen haben, einen Geschäftsführungsbeitrag in Form eines Grundbeitrags zu leisten haben und Sonderbeiträge erhoben werden können. Eine entsprechende Regelung enthält § 73 Innungssatzung, wonach den Innungen für die Erhebung des Zusatzbeitrags außer der Erhebung nach einem Tausendsatz der Lohn- und Gehaltssumme auch eine Erhebung in einem Hundertsatz des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages, des Gewerbekapitals, des Gewerbeertrags oder des Gewinns aus Gewerbebetrieb gestattet und zudem bestimmt wird, dass der Zusatzbeitrag bei Mischbetrieben im Einzelfall um den Beitragsanteil für die anderen gewerblichen Leistungen zu verringern ist. Auch bei der Festsetzung der Beitragshöhe durch die Mitgliederbzw. die jeweilige Innungsversammlung handelt es sich in der Regel nur um die Bestimmung des allgemeinen Satzes für die Bemessung des Mitgliederbeitrags und nicht der Höhe des danach konkret von den einzelnen Mitgliedern zu entrichtenden Betrages. Diese konkrete Berechnung erfolgt vielmehr anhand der individuellen Daten des jeweiligen Mitglieds durch den Kassenleiter der Kreishandwerkerschaft bzw. der Innung, seine anschließende Festsetzung durch den Vorstand, den Geschäftsführer oder den sonst in der Satzung oder durch Beschluss der Mitglieder- bzw. Innungsversammlung Beauftragten (vgl. Günther, in Honig/Knörr/Thiel, HwO, 5. Aufl., § 73 Rn. 7; Will, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 2010, S. 673, 709; s. auchSchwannecke/Kräßig, Die Deutsche Handwerksordnung, 38. Lfg. XII/06, § 61 Rn. 5 unter b]). Zu diesem Zweck enthalten die Satzungen der Kreishandwerkerschaft (§ 26 IV und V) und der Innungen (§ 73 IV) auch die Verpflichtung der Innungen bzw. ihrer Mitglieder, Auskunft und Nachweise über die erforderlichen Festsetzungsgrundlagen zu erteilen, und die Berechtigung der Kreishandwerkerschaft bzw. Innung, bei Nichterteilung der Auskunft eine Schätzung vorzunehmen. [46] Diese individuelle Festsetzung ist ebenso wie die Aufforderung zur Entrichtung des Beitrags bzw. der Gebühr ein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG, mithin eine hoheitliche Maßnahme, die als solche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren voll überprüft werden kann (vgl. Günther, in Honig/Knörr/Thiel, HwO, 5. Aufl., § 73 Rn. 7, 27 und 30; BeckOK HwO/Baier-Treu, Stand: 1.8.2021, § 73 Rn. 34; s. auch Schwannecke/Kräßig, Die Deutsche Handwerksordnung, 38. Lfg. XII/06, § 61 Rn. 5 unter b). Die festgesetzten Beiträge und Gebühren können gem. §§ 73 IV, 89 I Nr. 5 HwO nach Verwaltungsvollstreckungsrecht beigetrieben werden, d.h. der Festsetzung kommt hierbei die Qualität eines Vollstreckungstitels zu. [47] Da es sich bei der konkreten Festsetzung von Beiträgen und Gebühren jedenfalls im Regelfall um eine nach Art und Ausmaß regelmäßig wiederkehrende typisierte Aufgabe ohne besondere Bedeutung im Geschäftsbetrieb der Körperschaften handelt, kann sie grundsätzlich auch als Geschäft der laufenden Verwaltung angesehen werden und damit auch von deren Übertragung auf den Geschäftsführer umfasst sein. [48] (b) Der Beigeladene hat in seiner Anhörung durch den Senat jedoch plausibel und überzeugend dargelegt, dass dies hier nach dem Verständnis der Beteiligten von der vereinbarten Aufgabenübertragung – wie es sich aus der ständigen Handhabung der Beitrags- und Gebührenerhebung ergibt – nicht der Fall ist. Danach kommen ihm insoweit lediglich vorbereitende vorbereitende und ausführende Aufgaben und ausführende Aufgaben ohne eigene Entscheidungsbefugnis zu. [49] Nach den Angaben des Beigeladenen werden die von den Mitgliedsbetrieben an die Innungen zu entrichtenden Beiträge nach Vorschlag des jeweiligen Vorstands in den jeweiligen Innungsversammlungen hinsichtlich des fixen Grundbetrags (derzeit 150 Euro) und des Sonderbeitrags insoweit festgesetzt, dass der von der Lohnsumme zu entrichtende Satz bestimmt wird. Die Berechnung des im Einzelfall zu zahlenden Beitrags anhand der von den Betrieben gemeldeten Lohnsumme erfolgt zwar durch den – bei der Kreishandwerkerschaft beschäftigten und dem Beigeladenen als Vorgesetztem unterstehenden – Kassenleiter, der auch evtl. Schätzungen bei fehlenden Datenangaben der Betriebe vornehme. Die anschlieBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 229

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