BRAK-Mitteilungen 4/2022

AUFSÄTZE DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE AKTUELLE ENTWICKLUNGEN DER ANWALTSZAHLEN IN DEN NEUEN BUNDESLÄNDERN RECHTSANWÄLTIN SABINE FUHRMANN* * Die Autorin ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht in Leipzig. Sie ist Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen, im Vorstand des Bundesverbands der Freien Berufe und Vorsitzende des Fördervereins Forum Recht e.V. Dass die Anwaltschaft schrumpft, ist kein Geheimnis mehr. Im Lichte des vielzitierten Fachkräftemangels verändern sich die Zahlen der zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in eine Richtung. Eine im Frühjahr 2022 durchgeführte Umfrage der BRAK in den neuen Bundesländern (ohne Berlin) macht deutlich, dass insbesondere die Flächenkammern im Osten hiervon betroffen sind. Der Beitrag zeigt, dass dies für den Zugang zum Recht in der Fläche eine echte Herausforderung darstellt. I. UMFRAGE Die BRAK führte zum Beginn des Jahres 2022 eine Umfrage für die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Situation von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten auf dem Land, die dortige Ausbildung von juristischem Nachwuchs und die Nachfolgesituation bei altersbedingtem Ausscheiden aus der Anwaltschaft betraf.1 1 Zu den Ergebnissen der Umfrage s. auch BRAK-Podcast „(R)ECHT INTERESSANT“ – Folge 66: Aderlass oder ultimative Chance? Wie steht es um die Zukunft der Anwaltsbranche? Die genannten Kammern arbeiten seit Sommer 2021 in einer Arbeitsgruppe und beschäftigen sich mit der Entwicklung der Anwaltszahlen in der Fläche. Der regionale Fokus wurde bewusst auf diese fünf neuen Bundesländer (ohne Berlin) gelegt, weil diese zum einen sehr ländlich geprägte Strukturen aufweisen und sich zum anderen im Vorfeld herausstellAbb. 1: Eingangszahlen te, dass die demografischen Herausforderungen in diesen Regionen besonders ausgeprägt sind. Die Umfrage wurde ausschließlich online durchgeführt, insgesamt nahmen fast 2.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte teil, die Hälfte davon nach eigenen Angaben Einzelanwältinnen und -anwälte in eigener Kanzlei. Der überwiegende Teil der an der Umfrage teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gab als Tätigkeitsschwerpunkte Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Miet- und WEG-Recht, Strafrecht und Verkehrsrecht an. Schon hier zeigt sich, dass es sich um Rechtsgebiete mit starker Nachfrage durch Verbraucher handelt. 1. ENTWICKLUNG DER EINGANGSZAHLEN Die wirtschaftliche Entwicklung der Kanzleien in den vergangenen zwei Pandemiejahren kann die Entscheidung von Kanzleiinhabern beeinflussen, ob und zu welchem Zeitpunkt die Kanzleien altersbedingt aufgegeben werden, oder auch, weil ein wirtschaftliches Auskommen aufgrund der veränderten Mandatszahlen nicht mehr möglich ist. Auf die Frage, wie sich die Eingangszahlen neuer Mandate in den zwei Pandemiejahren 2020 und 2021 entwickelten, gaben 42,89 % der Befragten an, dass die Eingangszahlen in etwa gleichgeblieben sind. Bei 39,39 % der Befragten haben sich die Eingangszahlen verringert. Somit sind bei einem erheblichen Teil der Befragten geringere Umsätze zu vermuten, weil weniger Mandate auf ein geringeres Gebührenaufkommen schließen lassen. FUHRMANN, DER RÜCKZUG DER ANWALTSCHAFT AUS DER FLÄCHE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 184

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