BRAK-Mitteilungen 6/2021

BRAK MIT TEILUNGEN Zeitschrift für anwaltliches Berufsrecht BEIRAT DEZEMBER 2021 52. JAHRGANG 6/2021 S. 347–406 AKZENTE U. Wessels Viele Chancen – und ein Grund zur Wachsamkeit AUFSÄTZE K. M. Brisch/L. Rexin Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO als Pre-Trial Discovery V. Schumacher Datenschutzrecht und anwaltliches Berufsrecht M. Möller (Ehren-?)Titel „Justizrat“ D. Engel Die Entwicklung des Fachanwaltsrechts im Jahr 2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BGH Irreführender Hinweis auf nicht mehr bestehendes Vorstandsamt (Anm. M. W. Huff) LG Münster Irreführende Bezeichnung eines Mitarbeiters als Partner (Anm. A. Neumann/T. Neumann)

Die rasant fortschreitende Digitalisierung dieser Tage und neue, hybride Arbeitsmodelle wie etwa Homeoffice und „Work-from-Anywhere“ sorgen auch in Kanzleien für bessere Zusammenarbeit mit Klienten einerseits und die Steigerung der Produktivität andererseits. Und übrigens auch für mehr Mitarbeiterzufriedenheit. Jedoch erfordert der damit verbundene Einsatz neuer ITTechnologie auch ein signifikant höheres Sicherheitsbewusstsein und den sorgfältigen Schutz sämtlicher Zugriffspunkte. Denn es ist eine Tatsache: Häufiger Ausgangspunkt vieler Datenschutzverletzungen ist der unerlaubte Zugriff auf sensible Informationen und Anwendungen – etwa durch den nachlässigen Umgang mit Passwörtern seitens der Mitarbeitenden. Gerade Kanzleien sollten hier agieren Schätzungen zufolge zielen heutzutage mehr als 40% der Cyberangriffe auf kleine und mittlere Unternehmen ab. Der Grund: Eine nicht konsequent gesicherte IT-Infrastruktur macht diese Unternehmen eher anfällig für Hacker. Studien sagen sogar, dass bereits 29% aller Anwaltskanzleien 2020 Opfer einer Sicherheitsverletzung wurden. Deshalb sollten Kanzleien, die tagtäglich mit sensiblen Mandantendaten operieren, darüber nachdenken, das Risiko für solche Angriffe zu senken. Der Lösungsansatz: ein guter Passwortmanager Hier kann ein vernünftiger Passwortmanager die Lösung sein. Er automatisiert das Anlegen, Verwalten, Eingeben, Zuweisen, Freigeben und Aufheben von Passwörtern. Mitarbeitende müssen sich um das Merken und Erstellen von Passwörtern keine Gedanken mehr machen und arbeiten sicher und reibungslos. Auf diese Weise gewinnen sie auch mehr Zeit für wertschöpfende Arbeit. Die IT-Abteilung andererseits behält die volle Kontrolle über alle Zugriffe. Kurzum: Ein guter Passwortmanager arbeitet zuverlässig im Hintergrund für die Kanzlei. Hier die wichtigsten Vorteile: Der integrierte Passwortgenerator sorgt dafür, dass alle Anwälte und Mitarbeiter der Kanzlei sichere individuelle Passwörter nutzen. Jeder Benutzer hat seinen eigenen passwortgeschützten Vault, dessen Inhalt er in einem Admin-Dashboard sieht. Ein guter Passwortmanager kann Passwörter automatisch speichern und auch eingeben. Nutzer müssen Passwörter nicht mehr im Kopf haben und sparen Zeit. Sichere Verwahrung von Zugangsdaten, Notizen und Daten dank „Zero-Knowledge-Sicherheitsmodell“ Global Password Report bringt Klarheit auch für Kanzleien Der Global Password Report der Sicherheitsexperten von LastPass zeigt in aller Deutlichkeit: Die Verbesserung des Sicherheitswertes wird durch die fortgesetzte Wiederverwendung von Passwörtern behindert. Zwar verbreitet sich die Passwortverwaltung in Unternehmen weltweit derzeit zügig, doch zur Steigerung des Sicherheitswertes bedarf es einer kontinuierlichen Aufklärung und Schulung der Mitarbeiter. Weitere wichtige Aspekte von Passwortsicherheit Der Password Report zeigt zudem Hindernisse für Mitarbeitende in Bezug auf Passwörter und erklärt, wie man Herausforderungen beim Verwalten und Sichern von Daten im „Work-from-Anywhere“ von heute bewältigen kann. Des Weiteren werden auch einige wichtige internationale Vorschriften vorgestellt (zu denen natürlich auch die DSGVO gehört), die in letzter Zeit zu einem signifikant höheren Stellenwert der Passwortsicherheit geführt haben. Wenn Sie sich selbst ein Bild machen möchten: Der Global Password Report kann hier heruntergeladen werden. Hier mehr erfahren Global Password Report zeigt: Datensicherheit in der Kanzlei hoch relevant ADVERTORIAL

INHALT Alle Entscheidungen und Aufsätze in unserer Datenbank www.brak-mitteilungen.de AKZENTE U. Wessels Viele Chancen – und ein Grund zur Wachsamkeit 347 AUFSÄTZE K. M. Brisch/L. Rexin Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO als Pre-Trial Discovery – Aktuelle Entwicklungen und prozesstaktische Erwägungen 348 V. Schumacher Datenschutzrecht und anwaltliches Berufsrecht – Spannungsverhältnis, Zusammenspiel und aktuelle Brennpunkte 353 M. Möller (Ehren-?)Titel „Justizrat“ 363 D. Engel Die Entwicklung des Fachanwaltsrechts im Jahr 2021 366 A. Jungk/B. Chab/H. Grams Pflichten und Haftung des Anwalts – Eine Rechtsprechungsübersicht 370 AUS DER ARBEIT DER BRAK T. Nitschke Die BRAK in Berlin 375 A. Gamisch/S. Pratscher/R. J. Weiske Die BRAK in Brüssel 378 V. Horrer/S. Schaworonkowa/R. Khalil Hassanain Die BRAK International 379 PERSONALIEN H. P. Schons Nachruf auf Dr. Wolfgang Hartung 381 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG Detaillierte Übersicht der Rechtsprechung auf der nächsten Seite IV INHALT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 III

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN Bayerischer AGH 22.7.2021 BayAGH III-4-9/20 n.rkr. Ungültige Vorstandswahlen 382 Bayerischer AGH 21.7.2021 BayAGH II 3-9/21 Voraussetzungen für ein vorläufiges Berufs- und Vertretungsverbot (LS) 388 WERBUNG BGH 22.7.2021 I ZR 123/20 Irreführender Hinweis auf nicht mehr bestehendes Vorstandsamt (m. Anm. M. W. Huff) 388 LG Münster 16.7.2021 22 O 12/21 Irreführende Bezeichnung eines Mitarbeiters als Partner (m. Anm. A. Neumann/T. Neumann) 393 RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BGH 9.9.2021 I ZR 113/20 Zulässiger Vertragsdokumentengenerator – Smartlaw 396 ZULASSUNG Hessischer AGH 12.7.2021 1 AGH 3-21 Rücknahme der Aufnahme in die Kammer als europäischer Anwalt (LS) 401 ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR OLG Karlsruhe 6.9.2021 17 W 13/21 Zur Namenswiedergabe bei der einfachen Signatur (LS) 401 Hamburgisches OVG 4.6.2021 3 Bs 130/21 Sichere Übermittlung eines elektronischen Dokuments (LS) 401 NOTARRECHT BGH 19.7.2021 NotSt (Brfg) 1/21 Verstoß eines Notars gegen das Mitwirkungsverbot (LS) 402 SONSTIGES Bayerischer AGH 20.7.2021 4-7/19 Elektronische Wahl zur Satzungsversammlung 402 BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 INHALT IV IMPRESSUM BRAK-MITTEILUNGEN UND BRAK-MAGAZINZeitschrift für anwaltliches Berufsrecht HERAUSGEBERIN Bundesrechtsanwaltskammer, Littenstr. 9, 10179 Berlin, Tel. (0 30) 28 49 39-0, Telefax (0 30) 28 49 39-11, E-Mail: redaktion@brak.de, Internet: https://www.brak.de/zeitschriften, Online-Ausgaben und Archiv: http://www.brak-mitteilungen.de. REDAKTION Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (Schriftleitung), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (Bayenthal), Tel. (02 21) 9 37 38-997 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), Telefax (02 21) 9 37 38-943 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), E-Mail: info@otto-schmidt.de. KONTEN Sparkasse KölnBonn (DE 87 3705 0198 0030 6021 55); Postgiroamt Köln (DE 40 3701 0050 0053 9505 08). ERSCHEINUNGSWEISE Zweimonatlich: Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember. BEZUGSPREISE Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern werden die BRAK-Mitteilungen im Rahmen des Mitgliedsbeitrages ohne Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr zugestellt. Jahresabonnement 109 € (zzgl. Zustellgebühr); Einzelheft 21,80 € (zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer mit 6,54% (Steuersatz 7%) enthalten. Kündigungstermin für das Abonnement 6 Wochen vor Jahresschluss. ANZEIGENVERKAUF sales friendly Verlagsdienstleistungen, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn; Telefon (02 28) 9 78 98-0, Fax (02 28) 9 78 98-20, E-Mail: media@sales-friendly.de. Gültig ist Preisliste vom 1.7.2020 URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Das gilt auch für die veröffentlichten Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie von der Schriftleitung bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzelkopien hergestellt werden. ISSN 0722-6934 DATENSCHUTZHINWEISE unter https://www.brak.de/datenschutz/allgemein

HÜLFSKASSE DEUTSCHER RECHTSANWÄLTE: AUFRUF ZUR WEIHNACHTSSPENDE 2021 Im vergangenen Jahr folgten wieder viele Kolleg:innen unserem Aufruf zur Solidarität mit den Bedürftigen unseres Berufsstandes: Wir konnten einen erfreulichen Spendeneingang von insgesamt 236.878,21 EUR verzeichnen. Wir danken dafür sehr herzlich im Namen der Unterstützten. Die Spenden ermöglichten es uns, bundesweit an bedürftige Rechtsanwält:innen sowie deren Angehörige einen großzügigen Betrag auszuzahlen. Sowohl Erwachsene als auch deren Kinder freuten sich über jeweils 700 EUR. So erreichten uns wieder zahlreiche Dankesbriefe. Beispielsweise schrieb uns eine Rechtsanwältin und Mutter von vier Kindern aus Süddeutschland: „... Es schafft Ihre Hilfe Zuversicht in finanzieller Anspannung. Aber es ist mehr als das – es ist schwer in Worte zu fassen ... Sie lassen uns in schwieriger Zeit eine Wohltat zukommen, die über das Materielle hinausgeht.“ Bitte nehmen Sie teil an der Weihnachtsspendenaktion und spenden für Ihre hilfsbedürftigen Kolleginnen, Kollegen und deren Familien! Sollten Ihnen Kolleg:innen in Schwierigkeiten bekannt werden oder sollten Sie selbst betroffen sein – bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Unser karitativer Verein unterstützt nicht nur in den vier Mitgliedskammerbezirken beim Bundesgerichtshof, Braunschweig, Hamburg und Schleswig-Holstein, sondern auch in den anderen 24 Kammerbezirken. Wir helfen gern! Spendenkonto: Deutsche Bank Hamburg IBAN: DE45 2007 0000 0030 9906 00 BIC: DEUT DEHH XXX Steuer-Nr.: 17/432/06459 Kontakt: Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte Steintwietenhof 2 20459 Hamburg Tel.: (040) 36 50 79 Fax: (040) 37 46 45 www.huelfskasse.de info@huelfskasse.de Huelfskasse AKTUELLE HINWEISE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 V

MOBIL ARBEITEN EINFACH GEMACHT. Steigern Sie Ihre Flexibilität und arbeiten Sie ortsunabhängig, komfortabel und sicher. „Mit der Kanzleisoftware WinMACS arbeite ich schnell XQG HϑHNWLY :R XQG ZDQQ LFK P|FKWH 2E LQ GHU .DQ]OHL YRQ XQWHUZHJV LP +RPHRϒFH EHLP 0DQGDQWHQ RGHU YRU Gericht. Das bedeutet maximale Freiheit bei meiner anZDOWOLFKHQ 7lWLJNHLW -HGHQ 7DJ (LQIDFK XQG ]XYHUOlVVLJ ³ RA Dr. Johann Schmidt, Anwaltskanzlei Dr. Johann Schmidt Einfach.Schneller.Gemacht. RUMMEL AKTUELLE HINWEISE IM BUNDESGESETZBLATT VERKÜNDET Gesetz über weitere Aufgaben des Deutschen Patent- und Markenamts und zur Änderung des Patentkostengesetzes BGBl. v. 7.9.2021, S. 4074 Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbhG 2021) BGBl. v. 14.9.2021, S. 4147 Verordnung über die Verteilung und Verwendung der Mittel des Fonds „Aufbauhilfe 2021“ (Aufbauhilfeverordnung 2021 – AufbhV 2021) BGBl. v. 15.9.2021, S. 4214 Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten, Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung der Bekämpfung verhetzender Inhalte sowie Bekämpfung von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen BGBl. v. 21.9.2021, S. 4250 Verordnung nach § 3 II 2 des Onlinezugangsgesetzes BGBl. v. 28.9.2021, S. 4370 Vierte Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung BGBl. v. 28.9.2021, S. 4388 Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften BGBl. v. 11.10.2021, S. 4607 Bekanntmachung über die Ausprägung von deutschen Euro-Gedenkmünzen im Nennwert von 100 Euro (Goldmünze „Recht“) BGBl. v. 14.10.2021, S. 4647 Gesetz zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches BGBl. v. 18.10.2021, S. 4650 Erste Verordnung zur Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung BGBl. v. 19.10.2021, S. 4688 IM EU-AMTSBLATT VERKÜNDET Durchführungsbeschluss (EU) 2021/1427 der Kommission v. 21.5.2021 über ein Pilotprojekt zur Umsetzung der in der Richtlinie (EU) 2021/555 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Bestimmungen über die Verwaltungszusammenarbeit in Bezug auf Versagungen von Genehmigungen mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 307 v. 1.9.2021 Berichtigung der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.11.2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (Amtsblatt der Europäischen Union L 312 v. 7.12.2018) ABl. der Europäischen Union L 336 v. 23.9.2021 IM BUNDESGESETZBLATT VERKÜNDET BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AKTUELLE HINWEISE VI

Perfekter Start. Zöller Zivilprozessordnung Kommentar Das Rennen macht auch in diesem Jahr der Zöller. Pünktlich zum Ende der Legislaturperiode startet das bewährte Zöller-Team wieder durch und bringt alle – auch die jüngsten – Gesetzesänderungen in nicht zu überbietender Aktualität umfassend und vorausschauend an allen einschlägigen Stellen auf den Punkt. Weiterer Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit vielfältigen Ausstrahlungen der Digitalisierung, Erfahrungen aus der Bewältigung der Pandemie, Modernisierung und Fortentwicklung der Zwangsvollstreckung, Neuregelung des Berufsrechts, Modernisierung des Wohnungseigentumsrechts und des Personengesellschaftsrechts – all das und noch viel mehr hat zu vielfältigen Änderungen für die Praxis des Zivilprozesses geführt. Daher gilt: Der Zöller in der 34. Auflage – erneut ein Muss für jeden Prozessualisten! Weitere Infos und Bestellung: www.otto-schmidt.de/zpo34 Das Werk online www.otto-schmidt.de/zpo-modul www.juris.de/pmzpoprem Zöller ZPO Zivilprozessordnung Kommentar Begründet von Dr. Richard Zöller. Bearbeitet von Prof. Dr. Christoph Althammer, VorsRiKG Christian Feskorn, Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhold Geimer, Prof. Dr. Reinhard Greger, RiAG a.D. Kurt Herget, PräsBayVGH und PräsOLG Dr. Hans-Joachim Heßler, DirAG Dr. Arndt Lorenz, PräsOLG a.D. Clemens Lückemann, VorsRiLG Dr. Hendrik Schultzky, VizePräsLG Dr. Mark Seibel, RiOLG Dr. Gregor Vollkommer. 34., neu bearbeitete Auflage 2022, 3.293 Seiten Lexikonformat, gbd. 169,– €. ISBN 978-3-504-47026-5 34. Auflage Herausragende Aktualität 13 Beispiele – Überzeugen Sie sich selbst!

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Viel Dynamik im Zivilprozessrecht: Welche Gesetzesänderungen sollten Berater und Richter unbedingt kennen und warum ist die Neuauflage des Zöller besonders hilfreich? Peters: Die 19. Legislaturperiode ist zu Ende gegangen. Was sind die wichtigsten Neuregelungen im Zivilprozessrecht? Schultzky: Der Gesetzgeber war zum Ende der Wahlperiode hin sehr aktiv und hat eine Vielzahl von Gesetzen erlassen, die das zivil- und familiengerichtliche Verfahren betreffen. Das sind nicht nur Gesetze, die Normen der ZPO oder des FamFG ändern, sondern auch solche, die mittelbar Auswirkungen auf den Zivilprozess haben. In der Rechtspraxis besonders bedeutsam sind die Änderungen durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.10.2021. Zum 1.1.2022 wird der elektronische Rechtsverkehr durch dieses erheblich erweitert. Der Regelfall ist dann die Zustellung eines elektronischen Dokuments –nicht nur an Rechtsanwälte, sondern auch an beliebige Dritte, die über das sog. eBO – das besondere elektronische Bürger- und Organisationenpostfach – ebenfalls am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen können. Der Kreis der zur Teilnahme verpflichteten Teilnehmer wird dabei bis zum 1.1.2024 schrittweise erweitert. Neben diesen Neuregelungen sind auch einzelne Verfahren erheblich geändert worden. So ist das Zwangsvollstreckungsrecht von der Reform des Pfändungsschutzkontos durch Gesetz vom 22.11.2020 und durch das Gesetz vom 7.5.2021 über die Gerichtsvollziehertätigkeit betroffen. Das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.6.2021 ändert nicht nur das Verfahren in Kindschaftssachen, sondern auch das Gerichtsverfassungsgesetz. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Peters: Sie haben auf viele mittelbare Rechtsänderungen hingewiesen. Können Sie uns relevante Beispiele nennen? Schultzky: Die Neuregelungen im Berufsrecht der Rechtsanwälte zum 1.8.2022 wirken sich auch auf den Zivilprozess massiv aus. Das Gesetz vom 7.7.2021 regelt die Berufsausübungsgesellschaften völlig neu und ermöglicht die Kommunikation über ein Kanzleipostfach – mit neuen Fragen bei der Parteifähigkeit, der Bevollmächtigung, des elektronischen Rechtsverkehrs und des Zustellungsrechts. Eine künftig große Umwälzung wird auch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts bringen, das die Gesellschaftsformen der GbR, oHG und KG ab dem 1.1.2024 völlig umgestaltet. Schon jetzt wirft die am 1.12.2020 in Kraft getretene Reform des Wohnungseigentumsrechts zahlreiche neue prozessuale Probleme auf. Peters: Was bedeutet die Hyperaktivität des Gesetzgebers für die Neuauflage des Zöller? Schultzky: Es ist Tradition, dass der Zöller nach dem Ende einer Wahlperiode des Bundestags noch vor dem Jahreswechsel in den Buchhandel kommt – in diesem Jahr am 1.12.2021. Online gestellt wurde die 34. Auflage bereits Ende Oktober 2021. Der diesjährige Erscheinungstermin ist eine besondere Herausforderung gewesen, denn Verlag und Autoren waren sich einig, dass alle in der Legislaturperiode verabschiedeten Gesetze in der Kommentierung vollständig verarbeitet werden müssen. Und das gilt auch für die Gesetze, die erst nach Erscheinen des Zöller in Kraft treten. Da sich der Bundesrat mit einzelnen Gesetzen – z.B. dem bereits erwähnten Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs – erst nach der Sommerpause beschäftigt hat, hat das zu einem sehr engen Zeitplan geführt. Die umfassende Berücksichtigung im Zöller war nur dadurch möglich, dass Autoren und Lektorat die verschiedenen Gesetzgebungsverfahren ganz eng begleitet haben und so auf umfassende Vorarbeiten zurückgreifen konnten. Am Ende musste dann in Tag- und Nachtsitzungen der letzte Feinschliff erfolgen. Peters: Wie gehen Sie als Autoren mit den Neuregelungen im Zöller um? Schultzky: Zunächst sollte der Gesetzesstand zum Ende der Legislaturperiode vollständig dokumentiert werden. Das hat dazu geführt, dass sich zu einigen Vorschriften, z.B. §§ 53, 173 ZPO, mehrere Gesetzestexte imWerk finden. Das Datum des Inkrafttretens ist zur besseren Orientierung immer besonders hervorgehoben. In den Kommentierungen selbst beschränken wir uns nicht darauf, auf die Neuregelungen hinzuweisen, sondern wir bieten die für den Zöller übliche vollständige und tiefgreifende Erläuterung auch aller neuen Normen an. Das gilt sowohl für die unmittelbaren als auch die mittelbar wirkenden Gesetzesänderungen. Für die von den Gerichten noch nicht entschiedenen neuen Rechtsfragen wollen wir zudem stets gut begründete Lösungen anbieten. Peters: Wo liegen weitere Schwerpunkte der Neuauflage des Zöller? Schultzky: Der Zöller hat den Anspruch, die Rechtsprechung nachzuvollziehen und alle wichtigen Gerichtsentscheidungen zu nennen und einzuordnen. Das ist ein Schwerpunkt in jeder Auflage. Um eine Größenordnung zu nennen: Allein für den Bereich der PKH habe ich etwa 700 Urteile und Beschlüsse gesichtet, die in den letzten zwei Jahren veröffentlicht wurden. – Die Digitalisierung wirkt natürlich auch in den Zivilprozess hinein. Die Corona-Pandemie hat dies noch einmal erheblich beschleunigt. Das beste Beispiel sind die Videoverhandlungen. Die Nachfrage ist 2020 sprunghaft gestiegen. Aber auch im Zwangsvollstreckungsrecht sind neue Ausführungen durch die zunehmende Bedeutung von elektronischen Wertpapieren, Kryptowährungen und Daten nötig geworden. – Die Pandemie hat zudem Folgen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, betrifft das Ausbleiben von Zeugen und kann die Gewährung von Räumungsfristen erforderlich machen. Bei der Gewährung von PKH ist mit gewährten Corona-Prämien umzugehen. Peters: Betrifft die Digitalisierung auch den Zöller selbst? Schultzky: Der Zöller ist schon seit mehreren Auflagen über Otto Schmidt online und juris abrufbar. Der elektronische Text entspricht dem der Printausgabe, bietet darüber hinaus aber natürlich die inzwischen gewohnten Verlinkungen. Gemeinsames Ziel von Verlag und Autoren ist es, beide Ausgaben gleichermaßen sinnvoll benutzbar zu gestalten. Zahlreiche Verbesserungen in der Struktur schon in der letzten aber auch in dieser Auflage erleichtern insoweit das Lesen und Recherchieren. Zudem haben wir bereits nach Erscheinen der letzten Auflage auf wichtige Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderungen in der elektronischen Ausgabe hingewiesen – diesen Aktualitätendienst wollen wir beibehalten. Weitere Infos: otto-schmidt.de/zpo34 Anzeige Ein Interview von Dr. Birgitta Peters mit dem Zöller-Autor und VorsRiLG Dr. Hendrik Schultzky

Das FortbilDungszertiFikat Der brak · Fachkompetenz sichtbar gemacht · Orientierung für Mandanten und potenzielle Mandanten · Zur Werbung auf Briefkopf, Homepage, Visitenkarten oder in Anzeigen Weitere Informationen unter: www.brakfortbildungszertifikat.de keit als Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit auf Gruppenebene gilt (Text von Bedeutung für den EWR) ABl. der Europäischen Union L 372 v. 20.10.2021 Richtlinie (EU) 2021/1883 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.10.2021 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG des Rates ABl. der Europäischen Union L 382 v. 28.10.2021 AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-Mitteilungen und Anwaltsblatt sind für jeden berufsrechtlich Interessierten Pflichtlektüre. Nachfolgend dokumentiert das Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln Aufsatzliteratur zum Berufsrecht der Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, die in den zurückliegenden Wochen in anderen Periodika und Sammelwerken veröffentlicht worden ist. Aus Platzgründen muss eine wertende Auswahl getroffen werden: Zusammengestellt vom Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln durch Antonia Otto. Kontakt zur Literaturschau: anwaltsrecht@googlemail. com Anwalt und Kanzlei (AK) Nr. 9: Cosack, Elektronischer Rechtsverkehr: Diese Änderungen bringt das beA-Update 3.7 (150); dies., Elektronischer Rechtsverkehrs: Gesellschaft für das beA: Die neue BRAO wirkt sich auf die Arbeit mit dem beA aus (152); Huff, Elektronischer Rechtsverkehr: So bestellen Sie Ihren Vertreter über das beA (156); George, Reform der Anwaltskanzlei, Teil 3: Die Anwaltskanzlei als RA-GmbH (158); Nr. 10: Rohwedder, Fördermittel für die Kanzlei: „Digital jetzt“ unterstützt Rechtsanwälte bei Digitalisierungsvorhaben (167). Anwalts Gebühren Spezial (AGS) Nr. 9: Dahn, Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Mandaten (385). Berliner Anwaltsblatt (BerlAnwBl.) Nr. 10: Cosack, Anwaltspostfach beA: Vorbereitung auf die aktive Nutzungspflicht. Zum 1.1.2022 tritt die aktive Nutzungspflicht für das beA bundesweit in Kraft (353). Das Juristische Büro (JurBüro) Nr. 8: Klüsener, Die Berechnung der Vergütung nach § 10 RVG (393). Der Betrieb (DB) Nr. 38: Deckenbrock, Die große BRAOReform (Teil 1) – alles neu im anwaltlichen Gesellschaftsrecht (2200); Nr. 39: Deckenbrock, Die große BRAO-Reform (Teil 2): Neuregelung der Tätigkeitsverbote, Vorgaben für Syndikusanwälte und Pflicht zum Erwerb von Berufsrechtskenntnissen (2270). Deutscher Anwaltsspiegel Nr. 20: Rötering/Säljemar, Bürokratieabbau in eigener Sache? Im Blickpunkt: Die elektronische Signatur und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (13). Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitschrift (DGVZ) Nr. 10: Uhl, Die Neuerungen bei den Inkassokosten (205). Deutsches Steuerrecht (DStR) Nr. 36: Stöber, Die Neuregelung des Rechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften (2137); Nr. 41: Willerscheid, Neuregelungen für Steuerberater durch das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts, (2420); Nr. 43: Muxfeldt/Müller, To be continued... – „Digitale Kanzlei 2021“, (Beilage Karriere-Special Steuern) (27). Festschrift für Reinhard Singer (2021): Hartung, Von Helden und Rittern – über die Digitalisierung im (Arbeits-)- Recht (261); Henssler, Rechtsberatungsbefugnisse von prozessfinanzierenden Inkassodienstleistungsunternehmen im ausländischen Recht (277); Ignor, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der anwaltlichen Verpflichtung, in der Handakte enthaltene Unterlagen an die AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AKTUELLE HINWEISE X (Fortsetzung S. XI)

BRAK MIT TEILUNGEN DEZEMBER 2021 · AUSGABE 6/2021 52. JAHRGANG AKZENTE VIELE CHANCEN – UND EIN GRUND ZUR WACHSAMKEIT Dr. Ulrich Wessels Das Jahresende ist die Zeit für Rückblicke, angesichts des ungemütlichen Wetters am besten bei Tee und Plätzchen. Beim Blick zurück fällt zuerst die Corona-Pandemie ins Auge, die uns aktuell erneut heftig trifft und uns allen viel abverlangt hat und noch abverlangt; zugleich sorgte sie in Justiz und Anwaltschaft für einen Digitalisierungsschub. Gerade was Digitalisierung angeht, ist allerdings ein Blick nach vorne viel spannender, hat doch die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP sie zu einem ihrer Kernthemen erhoben. Die Ampelkoalition steht seit Ende November. Wenn diese Ausgabe der BRAKMitteilungen erscheint, dürfte auch die Regierungsmannschaft stehen, denn in der ersten Dezemberwoche – kurz nach Redaktionsschluss – wollen die Parteien über den Koalitionsvertrag abstimmen und sodann die Regierungsbildung abschließen. In Sachen Digitalisierung und Klimaschutz haben sich die Koalitionäre viel vorgenommen und in vielen Bereichen des materiellen Rechts bereits recht konkrete Pläne formuliert. Auch einige wichtige Anliegen der Anwaltschaft werden adressiert. Erwartungsgemäß wird sich das Bundesjustizministerium – künftig ohne Verbraucherschutz und unter FDPÄgide – mit Legal Tech befassen. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode trieb die FDP dieses Thema voran. Der Rechtsrahmen für Legal Tech-Unternehmen soll erweitert werden. Nachjustiert werden muss im Inkassorecht, da die jüngsten Änderungen sich, entgegen der gesetzgeberischen Absicht, als nicht verbraucherfreundlich erwiesen. Dass das für die Anwaltschaft gelockerte Verbot des Erfolgshonorars modifiziert werden soll, überrascht nicht, hat doch der letzte Bundestag der neuen Regierung einen Prüfauftrag mitgegeben. Beim Fremdbesitzverbot, das die Koalition ebenfalls prüfen will, bestand zumindest bislang Einigkeit. Eine Aufweichung würde die anwaltliche Unabhängigkeit massiv beeinträchtigen. Was daraus letztlich wird, bleibt abzuwarten. Doch es gibt auch Erfreuliches im Koalitionsvertrag. So soll der Pakt für den Rechtsstaat neu aufgelegt und von einem Digitalpakt flankiert werden. Sinn macht das indes nur unter Einbeziehung der Anwaltschaft; daran fehlt es bislang. Angekommen ist offenbar auch die von der BRAK anlässlich der Corona-Gesetzgebung geäußerte Kritik an Hauruck-Verfahren ohne Verbändebeteiligung. Die Koalition will für bessere Qualität der Gesetzgebung sorgen und dabei die Praxis mehr einbeziehen. Strafprozesse sollen effektiver, schneller und moderner gestaltet werden, dazu gehört die Video-Dokumentation von Vernehmungen und Hauptverhandlungen; das hat die BRAK erst jüngst in einem Positionspapier gefordert. Auch dass für Beschuldigte künftig mit Beginn der ersten Vernehmung eine Verteidigung sichergestellt werden soll, ist eine langjährige Forderung der Anwaltschaft. Den kollektiven Rechtsschutz will die Koalition ausbauen und dazu bestehende Instrumente modernisieren und weitere prüfen – dies war erst kürzlich Thema unserer gemeinsam mit der Universität Hannover veranstalteten Konferenz „Anwaltschaft im Blick der Wissenschaft“. Wachsam bleiben müssen wir beim Thema Geldwäschebekämpfung: ein wichtiges und berechtigtes Anliegen, das jedoch nicht zu einer Aushöhlung des Mandatsgeheimnisses führen darf. Erfreulicherweise hat der Bundesrat kürzlich im Zusammenhang mit dem EUGeldwäschepakt anerkannt, dass es im Nicht-Finanzsektor bereits eine effektive Geldwäscheaufsicht durch die Selbstverwaltung gibt. Das Jahr 2022 bringt also rechtspolitisch viele Herausforderungen. Vor allem beginnt es mit einer großen Chance: dem Einstig in den verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehr. Hier kommt uns als Anwaltschaft mit dem beA eine Vorreiterrolle zu. Auch die Politik arbeitet an der weiteren Digitalisierung der Justiz, das zeigt der Koalitionsvertrag. Lassen Sie uns diese Chance gemeinsam mit der Justiz und den weiteren Akteuren und mit Elan nutzen! Zuerst aber wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine besinnliche Weihnachtszeit und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2022. Ihr Dr. Ulrich Wessels AKZENTE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 347

AUFSÄTZE DER AUSKUNFTSANSPRUCH NACH ART. 15 DSGVO ALS PRE-TRIAL DISCOVERY AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND PROZESSTAKTISCHE ERWÄGUNGEN RECHTSANWALT KLAUS M. BRISCH, LL.M. (USA) UND WISS. MITARBEITER LEWIN REXIN * Der Autor Brisch ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Partner bei Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Köln. Er ist Mitglied des Ausschusses Datenschutzrecht der BRAK. Der Autor Rexin ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Service Line Digitale Wirtschaft, IT/IP bei Deloitte Legal in Köln. Art. 15 DSGVO garantiert der betroffenen Person einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der vom Verantwortlichen über sie verarbeiteten personenbezogenen Daten. Die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung zeigen, dass Kläger den Auskunftsanspruch als Instrument entdeckt haben, mit welchem sie sich im vorgerichtlichen Verfahren einen Informationsvorsprung verschaffen und auf diese Art und Weise ihre Beweisführung stärken können. Insofern ergibt sich die Frage, ob der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch zu einem dem deutschen Zivilprozessrecht fremden Instrument der pre-trial discovery ausgedehnt werden kann, welche Einschränkungen Rechtsprechung und Literatur vornehmen und ob auskunftspflichtige Parteien derartige Auskunftsersuchen abwehren können. I. EINFÜHRUNG Die Ausübung der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte als (prozess-)taktische Maßnahme ist spätestens seit Geltung der DSGVO in den Fokus von Betroffenen wie auch Rechtsanwälten gerückt. Das gilt insbesondere für das Recht auf Auskunft nach Maßgabe von Art. 15 I DSGVO, das der betroffenen Person gegen den Verantwortlichen einen unmittelbaren Anspruch auf Information über die sie betreffenden personenbezogenen Daten einräumt. Zentraler Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs ist die Überprüfung der Einhaltung des datenschutzkonformen Umgangs des Verantwortlichen mit den Daten der betroffenen Person als Ausfluss des europäischen Datenschutzgrundrechts aus Art. 8 GRCh („Rechtmäßigkeitskontrolle“). Selbst EU-primärrechtlich ist der Auskunftsanspruch in Art. 8 II 2 GRCh bereits determiniert, so dass Art. 15 DSGVO eine sekundärrechtliche Konkretisierung darstellt. In Einzelfällen kann die Intention des Auskunft-Ersuchenden aber von der angedachten Rechtmäßigkeitskontrolle abweichen. Denkbar ist eine Verwendung des Instruments des Auskunftsverlangens zur „Ausforschung“ oder Überlastung der gegnerischen Partei, um außerhalb des eigentlichen Zweckes des Datenschutzes liegende Ziele zu erreichen. Dazu zählt auch das Vorhaben, ein gerichtliches Verfahren vorzubereiten, also die eigene Beweisführung durch Kenntnisse über die Beweise der Gegenseite zu erleichtern, oder während eines laufenden Verfahrens einen Sachvortrag ergänzen zu können. Im Hinblick auf die Ausforschung steht dabei der Wunsch im Vordergrund, nur vermutete Informationen zu bestätigen oder bislang unbekannte Informationen aufzudecken. Die von dem Verantwortlichen offengelegten Informationen sollen ihm im Nachgang entgegengehalten werden. Das vorbezeichnete Szenario ähnelt in seiner Zielrichtung dem Instrument der „pre-trial-discovery“ aus dem US-amerikanischen Zivilprozessrecht. Nach dem angloamerikanischen Recht sind die Parteien verpflichtet, der Gegenseite bei der Beschaffung von Beweismitteln zu helfen, u.a. durch die Herausgabe von bestimmten Dokumenten oder Informationen.1 1 S. zum US-amerikanischen Rechtsinstrument der „discovery“ Theissen, IWRZ 2020, 10; Pabst, Münchener Kommentar ZPO, 5. Ed. 2017, Art. 23 HZPÜ Rn. 3. Eine solche Pflicht ist dem deutschen Zivilprozessrecht fremd. Die ZPO erhebt den Beibringungsgrundsatz, welcher sich aus § 282 ZPO ergibt, zur Verfahrensmaxime. Danach muss jede Partei die sie jeweils begünstigenden Tatsachen beweisen. Flankierend dazu wird aus § 142 ZPO ein Ausforschungsverbot des Gegners abgeleitet,2 2 Zekoll/Bolt, NJW 2002, 3129, 3130; von Selle, in BeckOK ZPO, 42. Ed. 1.9.2021, § 142 ZPO Rn. 1. welches mit einem Instrument wie der pre-trial-discovery nicht zu vereinbaren wäre.3 3 Vgl. LG Köln, ZD 2019, 413 mit Anm. Riemer; Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Das Recht auf Auskunft nach der Datenschutzgrundverordnung ZPO Orientierungshilfe, Dezember 2019, S. 13. Ob Art. 15 DSGVO tatsächlich einer pre-trial-discovery gleichkommt, inwiefern eine Anwendung des Auskunftsanspruchs als solchem durch die Grundsätze der ZPO eingeschränkt werden kann und worin die weiteren Grenzen des Rechtes aus Art. 15 DSGVO bestehen, soll nachfolgend untersucht werden. II. AUSKUNFTSANSPRUCH NACH ART. 15 DSGVO Für die Zwecke der Informationsgewinnung im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens liegen die Vorteile eines BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AUFSÄTZE 348

Rückgriffs auf Art. 15 DSGVO gegenüber anderen Auskunftsansprüchen auf der Hand: Während das deutsche Recht Auskunftsansprüche abseits spezialgesetzlicher Regelungen (insbesondere im Verwaltungsrecht) nur in ausgewählten Fällen vorsieht – so beispielsweise die zu § 242 BGB entwickelten Fallkonstellationen, § 810 BGB oder § 1605 BGB –, ergeben sich der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch, seine Voraussetzungen und Rechtsfolge unmittelbar aus Art. 15 DSGVO. Die Bereitstellung der Informationen hat für den Betroffenen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – kostenlos und unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zu erfolgen, wie aus Art. 12 III DSGVO folgt. Der Antrag kann ohne konkreten Anlass gestellt werden und bedarf keiner Begründung. Verstößt der Verantwortliche gegen die Pflicht, den Auskunftsanspruch vollständig und/oder rechtzeitig zu beantworten, liegt darin ein durch die DSGVO bußgeldbewehrter Verstoß, der zum Einschreiten der Aufsichtsbehörden führen kann. Der Verantwortliche sieht sich einem Dilemma ausgesetzt: Beantwortet er die Anfrage nicht entsprechend den oben genannten Anforderungen, droht das Bußgeld. Bei ordnungsgemäßer Beantwortung jedoch riskiert er im Rahmen eines vorgerichtlichen Verfahrens, der anderen Partei Informationen übermitteln zu müssen, die seine eigene Beweisführung schwächen könnten. Jedenfalls wird der Verantwortliche personelle Ressourcen für die Beantwortung des Auskunftsverlangens aufwenden müssen. III. UMFANG DES AUSKUNFTSRECHTS NACH ART. 15 DSGVO Der in Art. 15 I Hs. 1 DSGVO normierte Anspruch gewährt betroffenen Personen i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO das Recht, von dem Verantwortlichen i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO Bestätigung darüber zu verlangen, ob dieser ihn betreffende personenbezogene Daten verarbeitet. Ist das der Fall, steht der betroffenen Person zugleich das Recht auf Auskunft über die in Art. 15 I Hs. 2 und II DSGVO genannten Informationen zu.4 4 Zu Art. 15 DSGVO generell s. Kremer, CR 2018, 560 sowie Wybitul/Baus, CR 2019, 494. Gemäß Art. 15 III DSGVO hat die betroffene Person das Recht, eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zu erhalten.5 5 Umstritten ist, ob es sich bei dem Auskunftsanspruch und dem Anspruch auf die Überlassung einer Kopie um einen einheitlichen Anspruch oder zwei unterschiedliche Ansprüche handelt, vgl. Koreng, NJW 2021, 2692 Rn. 5 ff. m.w.N. 1. GRUNDSATZ DER WEITEN AUSLEGUNG Der in Art. 4 Nr. 1 DSGVO definierte Begriff des personenbezogenen Datums wird von den Gerichten und Aufsichtsbehörden mehrheitlich weit ausgelegt.6 6 Klar/Kühling, in Kühling/Buchner, Art. 4 I DSGVO Rn. 8. Dies korrespondiert mit einem weiten Umfang der zu beauskunftenden Informationen. Indes hat sich rund um die Auslegung des Begriffs der Kopie ein differenzierter Streitstand entwickelt.7 7 S. hierzu Wybitul/Baus, CR 2019, 494. Die entscheidende Frage ist hierbei, ob und inwieweit nur die Kategorien der personenbezogenen Daten genannt oder eine Kopie von ganzen Dokumenten und deren Referenzen herausgegeben werden müssen, die einen Personenbezug aufweisen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass gerade vor dem Hintergrund der hier zu untersuchenden pretrial discovery nach dem Vorbild des US-amerikanischen Rechts die Herausgabe ganzer Dokumente erstrebenswert ist. Die folgenden exemplarischen gerichtlichen Entscheidungen verdeutlichen den Streitstand um den Umfang des Auskunftsanspruchs und dessen Auswirkungen eindrücklich: 2. EINSCHRÄNKUNG DES AUSKUNFTSRECHTES Das LG Köln8 8 LG Köln, Urt. v. 19.6.2019 – 26 S 13/18. hatte den Anspruch eines Versicherungsnehmers auf Kenntnis interner Vorgänge einer Versicherung, wie z.B. Vermerke und wechselseitige Korrespondenz, noch verneint. Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO diene nicht der „vereinfachten Buchführung“ der betroffenen Person. Im Hinblick auf interne Vermerke der Versicherung über den Kläger lässt das Urteil des LG Köln eine an die DSGVO angelehnte Begründung indes vermissen. Die Entscheidung scheint insoweit vielmehr an das in § 142 ZPO verankerte prozessuale Ausforschungsverbot angelehnt.9 9 Vgl. Riemer, Anm. zu LG Köln, Urt. v. 19.6.2019 – 26 S 13/18, ZD 2019, 413. Auch das AG München10 10 AG München, Urt. v. 4.9.2019 – 155 C 1510/18, ZD 2019, 596 Rn. 50. hat sich der Auffassung des LG Köln angeschlossen. Danach sind interne Vorgänge, rechtliche Bewertungen und Analysen des Verantwortlichen in Bezug auf die betroffene Person nicht auskunftspflichtig. Art. 15 DSGVO ziele allein darauf ab, Inhalt und Umfang der durch den Verantwortlichen verarbeiteten personenbezogener Daten nachvollziehen zu können. Gemein ist diesen Entscheidungen, dass sie zwar den Begriff des personenbezogenen Datums in Übereinstimmung mit der mehrheitlichen Auffassung weit auslegen, dann jedoch die Reichweite des Auskunftsrechts einschränken. Ein solches Vorgehen findet aber im Wortlaut des Art. 15 DSGVO gerade keine Stütze. Vielmehr sprechen die in Art. 15 IV DSGVO genannten Grenzen des Auskunftsanspruchs dafür, dass er im Grundsatz unbeschränkt besteht. 3. VORRANG DER WEITEN AUSLEGUNG UND UNEINGESCHRÄNKTER AUSKUNFTSANSPRUCH Die obige Entscheidung des LG Köln wurde dem BGH zur Revision vorgelegt. Der BGH attestiert dem LG Köln hinsichtlich seiner Ausführungen im Urteil ein „fehlerhafte[s] Verständnis des Begriffs der personenbezogeBRISCH/REXIN, DER AUSKUNFTSANSPRUCH NACH ART. 15 DSGVO ALS PRE-TRIAL DISCOVERY AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 349

nen Daten i.S.d. DSGVO und des Zwecks des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs“.11 11 BGH, Urt. v. 15.6.2021 – VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 21. Eine teleologische Reduktion des Personenbezugs im Rahmen von Art. 15 DSGVO darauf, dass signifikante biografische Informationen im Vordergrund eines fraglichen Dokuments stehen müssen, ist mit der Rechtsprechung des EuGH nicht zu vereinbaren.12 12 BGH, Urt. v. 15.6.2021 – VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 22. Auch interne Vermerke oder interne Kommunikation können nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Auskunftsanspruchs ausgeschlossen werden.13 13 BGH, Urt. v. 15.6.2021 – VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 24. Der BGH geht folglich von einem weiten Verständnis des Begriffs der personenbezogenen Daten aus. Ebenso von einer weiten Auslegung ausgehend, vertrat bereits zuvor das OLG Köln14 14 OLG Köln, Urt. v. 26.7.2019 – 20 U 75/18. die Auffassung, dass bei einer Versicherung elektronisch gespeicherte Vermerke und Telefonnotizen, soweit diese Informationen über die betroffene Person enthalten, auskunftspflichtig sind.15 15 OLG Köln, Urt. v. 26.7.2019 – 20 U 75/18 Rn. 63. Eine Berufung auf Geschäftsgeheimnisse der Versicherung hielt das Gericht für unerheblich, da die personenbezogenen Daten durch den Kläger selbst der Versicherung zur Verfügung gestellt wurden, somit kein versicherungseigenes Geschäftsgeheimnis sein können.16 16 OLG Köln, Urt. v. 26.7.2019 – 20 U 75/18 Rn. 64. Auch das LAG Baden-Württemberg sprach dem Kläger einen Anspruch auf Auskunft und Kopie der von seinem Arbeitgeber über ihn verarbeiteten personenbezogenen Daten zu.17 17 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 Rn. 170. Dazu gehören nach Wertung des Gerichts auch E-Mails, die der Kläger verfasst oder empfangen hat.18 18 Zu den Konsequenzen u.a. Härting, CR-online Blog, https://www.cr-online.de/blog/ 2019/03/29/. Ein Geheimhaltungsinteresse Dritter müsste durch den Verantwortlichen konkret dargelegt werden und das Interesse der betroffenen Person überwiegen.19 19 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 Rn. 182. Das LAG Baden-Württemberg spricht den Ansprüchen aus Art. 15 DSGVO damit einen weiten Geltungsbereich zu, so ist gerade auch das Recht auf Erhalt einer Kopie als Abschrift gesamter Dokumente erfasst. Dass diese Entscheidung nicht unumstritten war, zeigte mitunter die Tatsache, dass die Klägerpartei zunächst Revision einlegte, ein für Klarheit sorgendes Urteil des BAG aber wegen einer vorherigen außergerichtlichen Einigung ausblieb. In anderer Angelegenheit hat das BAG sich zwar nicht direkt zum Umfang des Auskunftsanspruchs geäußert, jedoch zu den prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe von E-Mails ausgeführt,20 20 BAG, Urt. v. 27.4.2021 – 2 AZR 342/20, NJW 2021, 2379. sodass das BAG offenbar einen weiten Auskunftsanspruch nicht ausschließt. Bezeichnenderweise thematisieren Verwaltungsgerichte die vorgeschlagenen Einschränkungen der Zivilgerichte kaum. So hat das VG Gelsenkirchen,21 21 VG Gelsenkirchen, Urt. v. 27.4.2020 – 20 K 6392/18. mittlerweile bestätigt durch das OVG Münster,22 22 OVG Münster, Urt. v. 8.6.2021 – 16 A 1582/20 Rn. 73. unter Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Nowak23 23 EuGH, Urt. v. 20.12.2017 – C-434/16 Rn. 59-61 das Recht auf eine kostenlose Kopie der vom Kläger angefertigten Aufsichtsarbeiten im juristischen Staatsexamen bejaht, da Prüfungsleistungen des Klägers einschließlich der Korrekturanmerkungen als personenbezogene Daten gelten sollen. Auch das VG Schwerin hat sich im Rahmen einer Entscheidung über die Herausgabe eines Beweissicherungsgutachtens zu dem Umfang des Auskunftsrechts geäußert und sich der der extensiven Auslegung angeschlossen.24 24 VG Schwerin, Urt. v. 29.4.2021 – 1 A 1343/19 SN Rn. 51. Dieser Blick in eine weitere Gerichtsbarkeit zeugt von der bevorzugten uneingeschränkten weiten Auslegung der Gerichte. IV. ENTGEGENSTEHENDE PRINZIPIEN Wie zuvor erwähnt, widerspräche eine pre-trial discovery den Prinzipien des deutschen Zivilprozessrechts, allen voran dem Beibringungsgrundsatz und dem Ausforschungsverbot. Während die dem deutschen Recht fremde pre-trial discovery nach angloamerikanischem Vorbild jedoch einen umfassenden Auskunftsanspruch auf Informationen, die für eine Partei von Interesse sein können, beinhaltet, ist der Anspruch aus Art. 15 DSGVO in seiner Zielrichtung deutlich eingeschränkter. Grund hierfür ist das Tatbestandsmerkmal des personenbezogenen Datums, womit die herauszugebenden Informationen einen Personenbezug aufweisen müssen. Mögliche Konflikte werden damit vor allem im Bereich des Arbeits-, Versicherungs- und Sozialrechts sowie im Bereich des AGG zu diskutieren sein. Demgegenüber sind beispielsweise Informationen im Rahmen der Produkthaftung und des gewerblichen Rechtsschutzes grundsätzlich überwiegend nicht betroffen, lässt sich in diesen Gebieten womöglich kein Personenbezug herstellen. Grundsätzlich würde die DSGVO als unionsrechtlicher Sekundärrechtsakt dem deutschen Recht gem. Art. 288 II AEUV vorgehen (Anwendungsvorrang), so dass die aus der ZPO abgeleiteten Prinzipien keine Anwendung finden würden.25 25 So bereits Riemer, Anm. zu LG Köln, Urt. v. 19.6.2019 – 26 S 13/18, ZD 2019, 413. Gegen diese absolute Auslegung des Anwendungsvorrangs wurde jedoch eingewendet, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Zivilverfahren bei den Mitgliedstaaten verblieben ist, ein unbeschränkter Auskunftsanspruch somit dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigungen aus Art. 5 II EUV zuwiderlaufen würde.26 26 Vgl. Wybitul/Baus, CR 2019, 494 Rn. 12-16. Die Autoren vertreten eine differenzierte Herangehensweise. Ausgehend von einem weiten Verständnis von BRISCH/REXIN, DER AUSKUNFTSANSPRUCH NACH ART. 15 DSGVO ALS PRE-TRIAL DISCOVERY BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AUFSÄTZE 350

personenbezogenen Daten sind grundsätzlich sämtliche personenbezogenen Daten zu beauskunften. Dazu müssen auch interne Vermerke und Stellungnahmen, falls und soweit sie einen Personenbezug aufweisen, sowie diesbezügliche Kopien gezählt werden. Dem Grunde nach grenzt der Auskunftsanspruch damit tatsächlich an eine „pre-trial discovery light“, die aber auf Voraussetzungsseite an das Vorliegen von personenbezogenen oder -beziehbaren Daten gebunden ist. Begrenzt werden kann der Auskunftsanspruch nur im Rahmen der in der DSGVO unmittelbar vorgesehenen Einschränkungsgründe sowie durch jene, welche sich im nationalen Recht wiederfinden und auf einer Öffnungsklausel der DSGVO basieren. Einschränkungsgründe, die nicht auf einer Öffnungsklausel der DSGVO basieren, erscheinen angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts als nicht zulässig. V. GRENZEN DES AUSKUNFTSANSPRUCHS Die DSGVO und das BDSG enthalten mehrere Einschränkungen und Abwehrbestimmungen für das Recht auf Auskunft. 1. ART. 15 IV DSGVO Eine Beschränkung des Anspruchs auf Erhalt einer Kopie findet sich unmittelbar in Art. 15 IV DSGVO wieder. Danach dürfen hierdurch die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigt werden. Sofern die beanspruchten Informationen beispielsweise personenbezogene Daten Dritter beinhalten, kann hierin eine Grenze des Auskunftsanspruchs liegen.27 27 Vgl. auch (im konkreten Fall ablehnend) OLG Köln, Urt. v. 26.7.2019 – 20 U 75/18 Rn. 67. Ausweislich Erwägungsgrund 63 Satz 5 zur DSGVO fallen darüber hinaus auch Rechte am geistigen Eigentum und Geschäftsgeheimnisse unter die „Rechte Dritter“. Inwiefern diese Interessen das Auskunftsinteresse überwiegen, ist im Rahmen einer Grundrechtsabwägung zu ermitteln.28 28 Paal, in Paal/Pauly, 3. Aufl. 2021, Art. 15 DSGVO Rn. 41. Es besteht damit die Möglichkeit für den Anspruchsgegner, die Informationsherausgabe zu Zwecken der pre-trial discovery durch den Einwand möglicher entgegenstehender Rechte zu verhindern. 2. ERWÄGUNGSGRUND 63 SATZ 7 Schon nach Erwägungsgrund 63 Satz 7 zur DSGVO sollte ein Verantwortlicher, der große Mengen an Informationen über eine betroffene Person verarbeitet, verlangen können, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht, bevor er ihr Auskunft erteilt. Dies ist als Ausfluss des Transparenzprinzips aus Art. 5 I lit. a DSGVO zu verstehen und soll gleichzeitig die „Überhäufung“ des Antragstellers mit einer schwerlich auszuwertenden Informationsmenge verhindern.29 29 Schmidt-Wudy, in BeckOK DatenschutzR, 37. Ed. 1.8.2021, Art. 15 DSGVO Rn. 52.2. Insofern bedarf es eines präzisen und inhaltlich bestimmten Auskunftsersuchens, so dass das Recht auf Auskunft bereits auf der Anfragenseite einer gewissen Beschränkung unterliegt, wie zuletzt auch das BAG festgestellt hat.30 30 BAG, Urt. v. 27.4.2021 – 2 AZR 342/20, NJW 2021, 2379 Rn. 18 ff.; ebenso LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18, Rn. 176. 3. RECHTSMISSBRÄUCHLICHES VERHALTEN Daneben stellt Art. 12 V 2 DSGVO klar, dass im Falle von offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen ein angemessenes Entgelt verlangt werden oder der Verantwortliche sich weigern kann, dem Antrag nachzukommen. Als Einschränkung eines grundrechtswahrenden Transparenzgrundsatzes sind die Hürden zur Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aber entsprechend hoch, was sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach Art. 8 II 1 GRCh i.V.m. Art. 5 I lit. a DSGVO ergibt.31 31 Vgl. ArbG Düsseldorf, Urt. v. 5.3.2020 – 9 Ca 6557/18 Rn. 74. Der Wortlaut der Norm und das dort genannte Beispiel der häufigen Antragswiederholung deuten bezüglich der Frage, was ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist, eher auf eine Überlastung der Ressourcen des Verantwortlichen hin. Ob hierunter ein Ausnutzen des Anspruches aus Art. 15 DSGVO zu Zwecken der pre-trial discovery fallen kann, muss bezweifelt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die obige Entscheidung des VG Schwerin beachtenswert: Die beklagte Behörde war der Auffassung, dass der Anspruchssteller sein Auskunftsrecht zur Ausforschung zwecks Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nutzen wollte, was rechtsmissbräuchlich gewesen sei.32 32 VG Schwerin, Urt. v. 29.4.2021 – 1 A 1343/19 SN Rn. 6. Dem entgegnete das VG Schwerin, dass ein neben der datenschutzrechtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle bestehender Zweck (hier die Vorbereitung eines Rechtsstreits zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen) noch nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründet. Die Beweggründe eines Auskunftsersuchens sind nicht offenzulegen und somit nicht in eine Abwägung einzubeziehen, eine Nutzung der betreffenden Daten zur Vorbereitung eines Rechtstreits oder zur Verbesserung seiner Position sei damit unschädlich.33 33 VG Schwerin, Urt. v. 29.4.2021 – 1 A 1343/19 SN Rn. 80. Die gleiche Auffassung vertreten das LG Dresden, Urt. v. 29.5.2020 – 6 O 76/20 Rn. 10 und das AG Bonn, Urt. v. 30.7.2020 – 118 C 315/19 Rn. 18. Hierbei zitiert das VG Schwerin auch das LG Köln, das aus den gleichen Gründen einen Streit über den Einzug des pre-trial discovery in die EU-Rechtsordnung über den Umweg über das Datenschutzrecht gar für „müßig“ hält.34 34 LG Köln, Urt. v. 11.11.2020 – 23 O 172/19, ZD 2021, 213 Rn. 20. Über die Frage eines Vorliegens eines Rechtsmissbrauchs an sich hinaus folgt jedenfalls aus Art. 12 V 3 DSGVO, dass den Verantwortlichen die Beweislast hinsichtlich der missbräuchlichen Inanspruchnahme durch offensichtlich unbegründete oder exzessiv gestellte Anträge seitens des Betroffenen trifft.35 35 Greve, in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018, Rn. 29. Eine GeltendmaAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 351

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