BRAK-Mitteilungen 6/2021

dienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Danach dürfen Rechtsdienstleistungen lediglich aufgrund gesetzlicher Erlaubnis erbracht werden; im Übrigen sind sie verboten. Bereits die Bewerbung oder das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung ist unzulässig, weil dadurch die Gefahr begründet wird, dass sich die Adressaten mit ihren Rechtsangelegenheiten an den Werbenden oder den Anbieter wenden werden (zu Art. 1 § 1 RBerG vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 – I ZR 214/99, GRUR 2002, 985, 986 [juris Rn. 35] = WRP 2002, 952 – WISO; Urt. v. 24.2.2005 – I ZR 128/02, GRUR 2005, 604, 606 [juris Rn. 21] = WRP 2005, 739 – Fördermittelberatung). Die Bestimmung des § 3 RDG ist eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG (BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 25 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; BGH, Urt. v. 14.1.2016 – I ZR 107/14, GRUR 2016, 820 Rn. 12 = WRP 2016, 861 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler; BGH, GRUR 2016, 1189 Rn. 18 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; GRUR 2021, 758 Rn. 28 – Rechtsberatung durch Architektin). [17] 3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bekl. verstoße durch das Angebot „smartlaw“ nicht gegen § 3 RDG, weil sie mit dem Rechtsdokumentengenerator keine Rechtsdienstleistung erbringe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. [18] a) Eine Rechtsdienstleistung ist nach § 2 I RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Abzustellen ist nicht auf die berufliche oder geschäftliche Gesamttätigkeit, sondern auf die im Rahmen der jeweiligen beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit erbrachte einzelne Dienstleistung (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655, 37; Deckenbrock/Henssler, in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 2 Rn. 16; Krenzler/Krenzler, RDG, 2. Aufl., § 2 Rn. 12). [19] b) Die Erstellung eines Vertragsdokuments mithilfe Keine Rechtsdienstleistung iSd § 2 RDG des digitalen Generators „smartlaw“ stellt keine Rechtsdienstleistung der Bekl. in diesem Sinne dar. Die Erzeugung eines Vertragsentwurfs anhand der Eingaben des Nutzers stellt zwar eine Tätigkeit der Bekl. dar (dazu B II 3 b bb). Die Bekl. erbringt diese Tätigkeit jedoch nicht in einer konkreten fremden Angelegenheit (dazu B II 3 b cc). [20] aa) Anders als das Berufungsgericht meint, gebietet die mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz erfolgte Neuausrichtung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen allerdings keine enge Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Rechtsdienstleistung. [21] (1) Der Gesetzgeber hat mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz das Ziel verfolgt, das Berufsrecht zu deregulieren und zu liberalisieren und das Rechtsdienstleistungsrecht für künftige Entwicklungen neuer Dienstleistungsberufe zu öffnen (vgl. BT-Drs. 16/3655, 38 und 42). Er wollte der systematischen Neuausrichtung des Rechtsdienstleistungsgesetzes allerdings nicht im Rahmen der Definition der Rechtsdienstleistung in § 2 I RDG, sondern im Rahmen des Erlaubnistatbestands des § 5 RDG Rechnung tragen (BT-Drs. 16/3655, 37). Der durch den Begriff der Rechtsdienstleistung eröffnete Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes sollte deshalb weit gefasst und erst innerhalb des für zulässige Nebenleistungen geschaffenen Erlaubnistatbestands des § 5 I RDG unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Rechtsdienstleistungsgesetzes entschieden werden, ob eine Tätigkeit als Nebenleistung zulässig ist (BT-Drs. 16/3655, 37 und 51 f.). Der danach mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgte Kontrollzweck gibt keinen Anlass zu einer restriktiven Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung (BGH, GRUR 2016, 820 Rn. 47 f. – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler). [22] (2) Nichts anderes ergibt sich aus der vom Berufungsgericht angeführten Entscheidung des BGH v. 27.11.2019 (VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89). Der VIII. Zivilsenat des BGH hat nicht den Begriff der Rechtsdienstleistung (§ 2 I RDG) eng ausgelegt, sondern – im Rahmen des mit dem RDG verfolgten Schutzzwecks (§ 1 I 2 RDG) – eine eher großzügige Auslegung des Begriffs der registrierungsfähigen Inkassodienstleistung (§§ 2 II 1, 10 I 1 Nr. 1 RDG) für geboten erachtet (BGHZ 224, 89 Rn. 141). [23] bb) Bei der softwarebasierten Erstellung eines Vertragsdokuments handelt es sich um eine Tätigkeit der Bekl. i.S.d. § 2 I RDG. [24] (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Tätigkeit setze eine menschliche oder zumindest mitdenkende Aktivität voraus. Aus der Gesetzesbegründung zur rechtlichen Prüfung ergebe sich, dass ein juristischer Subsumtionsvorgang auf Seiten des Dienstleistenden notwendig sei, der bei einem Computerprogramm, das vorgegebene Ja-/Nein-Entscheidungsstrukturen schematisch abarbeite, nicht vorliege. Als Tätigkeiten verblieben daher nur das Programmieren und Bereitstellen des Computerprogramms durch die Bekl. einerseits und die Anwendung des Programms durch den Nutzer andererseits. Dieser Einschätzung kann im Ergebnis nicht zugestimmt werden. [25] (2) Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Legaldefinition der Rechtsdienstleistung zwar die Tätigkeit einer natürlichen oder juristischen Person vor Augen gehabt. Er hat es jedoch als unerheblich angesehen, mit welchen technischen Mitteln eine Rechtsdienstleistung erbracht wird (BT-Drs. 16/3655, 47 f.). Auch für andere Fälle ist anerkannt, dass eine Person eine geschäftliche Handlung – etwa mithilfe eines von ihr entwickelten oder genutzten Computerprogramms – technisch gestützt oder automatisiert vornehmen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 17; Urt. v. 15.2.2018 – I ZR 138/16, GRUR 2018, 924 Rn. 30 = WRP 2018, 1074 – ORTLIEB I; BeckOK.UWG/Alexander, 13. Edition [Stand 1.8.2021], § 2 Rn. 43 f.). RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 398

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