BRAK-Mitteilungen 6/2021

widersprechen, ist das Geheimhaltungsinteresse mit dem Auskunftsinteresse abzuwägen. Zwar besteht mit Art. 12 V 2 DSGVO ein Rechtsgrund, dem Auskunftsantrag bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten nicht nachzukommen. Jedoch sollte der Verantwortliche angesichts der drohenden Konsequenzen bei einer Fehlbewertung des Rechtsmissbrauchs von dieser Möglichkeit nicht ohne eigene hinreichende Überzeugung Gebrauch machen. Von einer Ablehnung des Ersuchens wegen wirtschaftlicher Unmöglichkeit dürfte nach dem Urteil des OLG Köln abzuraten sein. 2. SEITE DES ANSPRUCHSSTELLERS Auf Seiten des Stellers des Auskunftsersuchens gilt es entsprechend das Bestimmtheitserfordernis bei Geltendmachung des Anspruchs zu beachten. Der Anspruchsteller hat, insbesondere, wenn eine Vielzahl an bestehenden Datensätzen zu seiner Person zu erwarten sind, seine Anfrage auf bestimmte Informationen oder Verarbeitungsvorgänge zu präzisieren. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ein höchstpersönliches Recht ist. Eine Übertragbarkeit des Auskunftsanspruchs beispielsweise auf einen Insolvenzverwalter scheidet daher nach dem BVerwG aus.41 41 BVerwG, Urt. v. 16.9.2020 – 6 C 10/19; Schmidt-Wudy, in BeckOK DatenschutzR, 37. Ed. 1.8.2021, Art. 15 DSGVO Rn. 35. Dies sollte aber einer Geltendmachung des Anspruchs durch einen Rechtsanwalt nicht im Wege stehen, es empfiehlt sich – wie stets – eine sorgfältige Dokumentation der Bevollmächtigung vorzuhalten. Entsprechend sollte die Bevollmächtigung auch gegenüber der anderen Partei vorsorglich durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden, um einer Herauszögerung der Auskunft vorzubeugen. VII. FAZIT Nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Anspruchsumfang des Art. 15 DSGVO weit auszulegen. Mittels des Auskunftsantrags lassen sich eine Vielzahl von personenbezogenen Informationen mit erheblichem Wert für die Vorbereitung eines Verfahrens erheben. Offen bleibt die Frage, ob diese Informationen im gerichtlichen Verfahren selbst als Beweis verwendet werden können. Ob zukünftig deutsche Gerichte ein Beweisverwertungsverbot wegen Rechtsmissbrauchs des Auskunftsanspruches annehmen werden, gilt abzuwarten. Für die Vorbereitung des Prozesses bietet Art. 15 DSGVO aber nach heutigem Stand ein Instrument, welches Aufschluss über die Beweisführung der gegnerischen Partei geben kann – gewissermaßen als „pre-trial discovery light“. Weiterhin wird es abzuwarten sein, wie der EuGH – sofern ein Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen für notwendig erachtet – zu der Thematik Stellung beziehen wird. Dabei darf aufgrund der bisherigen extensiven Auslegung des Datenschutzrechts durch den Gerichtshof bezweifelt werden, ob sich dieser der Ansicht einer Einschränkung des Auskunftsanspruches anschließen wird. DATENSCHUTZRECHT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT SPANNUNGSVERHÄLTNIS, ZUSAMMENSPIEL UND AKTUELLE BRENNPUNKTE RECHTSANWALT DR. VOLKER SCHUMACHER * Der Autor ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht und für gewerblichen Rechtschutz in Düsseldorf. – Der Beitrag ist zuerst in SpechtRiemenschneider/Buchner/Heinze/Thomsen, Festschrift für Jürgen Taeger, 2020, unter dem Titel „Datenschutzrecht und anwaltliches Berufsrecht: Spannungsverhältnis, Zusammenspiel und aktuelle Brennpunkte“ erschienen und wurde für die Veröffentlichung aktualisiert und leicht überarbeitet. Durch die DSGVO hat sich auch für Rechtsanwält:innen einiges verändert. Es liegt daher nah, einen Blick auf das Verhältnis datenschutzrechtlicher Regelungen zum anwaltlichen Berufsrecht zu werfen. Es stellen sich seit dem Inkrafttreten der DSGVO einige Fragen in Zusammenhang mit der Ausübung des Anwaltsberufs. Bislang sind diese Fragen kaum systematisch untersucht, obwohl sie sehr praxisrelevant sind. Der nachfolgende Beitrag gibt in seinem ersten Teil einen kurzen Überblick über das Zusammenspiel beider Rechtsgebiete. Im Anschluss daran stellt der Autor die aktuellen Diskussionen zum Datenschutz in der anwaltlichen Berufspraxis dar. I. DAS VERHÄLTNIS VON BERUFSRECHT UND DATENSCHUTZRECHT Das Verhältnis beider Rechtsbereiche ist auf Spannung angelegt. Die grundsätzlichen Ziele und Regelungen SCHUMACHER, DATENSCHUTZRECHT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 353

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