BRAK-Mitteilungen 6/2021

am 4.5.2018 mit 1.037 Stimmen in den Kammervorstand der Bekl. gewählt (vgl. K4); er legte dieses Amt allerdings zum 30.6.2019 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit anderen Vorstandsmitgliedern über die vom Kl. geforderte Wiedereröffnung des „Seehauses“ (vgl. K15), eines bislang von Mitgliedern der Bekl. genutzten Anwesens am Ufer des Starnberger Sees, nieder. In der Folgezeit entschloss sich der Kl., sich bei der zwischen dem 24.4.2020 und dem 10.5.2020 elektronisch durchgeführten Kammervorstandswahl (vgl. K10) erneut um ein Vorstandsamt zu bewerben. Bei der Wahl sollten gleichzeitig die gem. §§ 64, 68 II BRAO, § 1 Wahlordnung der Bekl. turnusgemäß zu wählenden achtzehn Vorstandsmitglieder mit Amtsperioden von vier Jahren gewählt werden sowie im Wege der Nachwahlen der vom Kl. aufgegebene Vorstandssitz im Wahlbezirk Landgerichtsbezirk München I und ein weiterer Vorstandssitz für den Landgerichtsbezirk Kempten jeweils mit einer verbleibenden Amtsperiode von zwei Jahren besetzt werden (vgl. § 19 Wahlordnung der Bekl.). Für den Landgerichtsbezirk München I waren turnusgemäß elf Sitze zu besetzen (vgl. § 2 Wahlordnung der Bekl.). Der Kl. wurde als Kandidat für die Kammervorstandswahlen vorgeschlagen und mit Schreiben v. 23.3.2020 (K 8) vom Wahlausschuss der Bekl. als Kandidat zugelassen; die Kandidatur wurde veröffentlicht. Mit Schreiben v. 21.4.2020 (K20) nahm der Wahlausschuss diese Zulassung nach vorheriger Ankündigung und Anhörung des Kl. mit Schreiben v. 16.4.2020 (K18) allerdings wieder zurück. Der Kl. wurde von der Kandidatenliste entfernt. Der Kl. stellte deshalb am 22.4.2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Bayerischen AGH mit dem Ziel, die Bekl. zu verpflichten, ihn über ihr Internetportal wieder auf die Liste der wählbaren Kandidaten zu setzen. Dieser Antrag wurde mit Beschluss v. 23.4.2020 (Az. BayAGH III – 4 – 5/20) als unzulässig zurückgewiesen. Die Bekl. teilte in der Sonderausgabe 04/2020 ihrer Mitteilungen mit der „4. Wahlbekanntmachung zur Vorstandswahl 2020“ (B2; K21) mit, dass sie die Zulassung des Kl. aus von ihr näher dargelegten „rechtlichen Gründen“ zurückgenommen habe. Für den Landgerichtsbezirk München I waren 21 Kandidatinnen und Kandidaten zugelassen. Die Wahl wurde durchgeführt, ohne dass der Kl. als Kandidat zur Wahl gestanden hätte. Es fand ein einheitlicher Wahlgang statt, wobei gemäß der „3. Wahlbekanntmachung zur Vorstandswahl 2020“ (K12) diejenigen elf Kandidaten aus dem Landgerichtsbezirk München I, die die meisten Stimmen auf sich vereinigten, für die turnusmäßig zu besetzenden Sitze des Wahlbezirks Landgerichtsbezirk München I gewählt sein sollten, der Kandidat mit dem zwölftbesten Ergebnis für den im Wege der Nachwahl zu besetzenden Sitz. Das Wahlergebnis wurde mit der 5. Wahlbekanntmachung (B6) veröffentlicht. Im Einklang mit den vorstehend dargestellten Vorgaben wurde festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1. bis 8. und zu 10. bis 12. mit zwischen 1.074 und 564 Stimmen im Wege der Neuwahl gewählt seien, der Beigeladene zu 9. mit 553 Stimmen im Wege der Nachwahl. Die Stimmverteilung im Einzelnen war wie folgt: Dr. B. 1.074 Stimmen, Prof. Dr. W. 991 Stimmen, J. 951 Stimmen, T. 938 Stimmen, Dr. F. 786 Stimmen, v. M. 744 Stimmen, Dr. E. 696 Stimmen, K. 695 Stimmen, Dr. S. 643 Stimmen, Dr. R. 617 Stimmen, G. 564 Stimmen (B6). Für die Beigeladenen zu 1., 2., 4., 6., 7., 8., 10. und 11., die turnusgemäß aus dem Vorstand ausgeschieden waren, stellte sich die Neuwahl als Wiederwahl dar. Die drei anderen im Wahlbezirk Landgerichtsbezirk München I turnusgemäß ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder waren im Jahr 2020 nicht wieder zur Wahl angetreten (vgl. K9, K13). Drei der vier neu in den Vorstand gewählten Personen, die Beigeladenen zu 5., 9. und 12., waren – ebenso wie zunächst der Kl. – als Mitglieder der „Seehaus-Initiative“ angetreten (vgl. K17). Die Bekl. hat im Hinblick auf das hiesige Verfahren § 19 ihrer Wahlordnung mit Wirkung ab dem 1.1.2021 dahingehend abgeändert, dass im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens eines Vorstandsmitglieds grundsätzlich die Nachwahl mit der nächsten Neuwahl verbunden werden solle, wobei bei der Nachwahl diejenige Person gewählt sei, die im Rahmen der turnusmäßigen Wahl für den betroffenen Wahlbezirk mit den meisten Stimmen nicht gewählt wurde. Der Kl. vertritt die Auffassung, dass kein Grund vorgelegen habe, weshalb er nicht Kandidat für die Vorstandswahl hätte sein können. Insbesondere sei der Umstand, dass er im Jahr 2019 sein damaliges Amt als Vorstandsmitglied niedergelegt habe, nicht geeignet, seiner Wählbarkeit in der turnusgemäßen Vorstandswahl oder in der mit dieser verbundenen Nachwahl entgegenzustehen. Denn er beanspruche insb. nicht, rückwirkend durch einseitige Willenserklärung das niedergelegte Mandat zurückzuerhalten. Der Kl. macht einen Verstoß gegen §§ 64 ff. BRAO geltend und hält sein passives Wahlrecht wie auch das aktive Wahlrecht aller Wahlberechtigten für verletzt. Es läge nicht in der Kompetenz des Wahlausschusses, durch rechtstheoretische Erwägungen einen zusätzlichen Ausschlussgrund zu kreieren. Die Ausschlussgründe des § 66 BRAO seien abschließend, § 69 BRAO stelle eine Verwaltungsvorschrift dar und regele nicht den Ausschluss der passiven Wählbarkeit. Die Zusammenfassung der Neu- und Nachwahl in einem Wahlgang habe gegen die verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsätze der Unmittelbarkeit und Gleichheit der Wahl und gegen §§ 68 I 1 und II 1, 69 III 3 Alt. 2 BRAO, § 19 der Wahlordnung der Bekl. verstoßen; aufgrund dieser Verstöße sei eine Wahlbeeinflussung zu Lasten des Wahlergebnisses gegeben. Denn dadurch hätten die Wahlstimmen kein gleichwertiges Stimmengewicht gehabt und eine klare Zuordnung der Stimmen für die Kandidatinnen und Kandidaten für BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 383

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