BRAK-Mitteilungen 6/2021

RDG die rechtlichen Tätigkeiten von externen Datenschutzbeauftragten rechtfertigen lassen. Nach § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen dann erlaubt, wenn sie als eine Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist dabei nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit zu beurteilen. Die erste Frage ist damit: Gibt es ein eigenes Berufsbild des Datenschutzbeauftragten? Das lässt sich bejahen. Der BFH hatte bereits in seiner Entscheidung zur Gewerbesteuerpflicht des externen Datenschutzbeauftragten aus dem Jahr 2003 ausgeführt, die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter stelle ein „eigenständiges Berufsbild“ dar.76 76 BFH, Urt. v. 14.11.2003 – IV R 34/01, NJW, 2003, 3386 ff.; Paal/Nabulsi, NJW 2019, 3673, 3675; Baumert, AnwBl. Online 2019, 749, 752. Das vom BFH angenommene eigenständige Berufsbild dürfte sich im Laufe der Zeit verfestigt haben. Datenschutzbeauftragte haben in Unternehmen eigene Stellen. Gerade in großen Konzernen haben Datenschutzbeauftragte sogar eigene Abteilungen mit IT-Kräften und Juristen. Das unterstreicht, es handelt sich hier um eine eigenständige Position mit eigenem Aufgabenbereich. Damit der Datenschutzbeauftragte Rechtsdienstleistungen erbringen darf, ist somit nach § 5 RDG entscheidend, ob die Rechtsdienstleistung nur eine Nebenleistung des Datenschutzbeauftragten ist. Auch hier gilt, wie bei den anderen Themen: Der Einzelfall ist ausschlaggebend. Die Tätigkeit des externen Datenschutzbeauftragten kann indes sicherlich hauptsächlich rechtsberatend sein. Instruktiv ist in diesem Zusammenhang die unlängst ergangene Entscheidung des BGH zur Zulassung der internen Datenschutzbeauftragten des WDR als Syndikusrechtsanwältin.77 77 BGH, Urt. v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 20/18, BRAK-Mitt. 2019, 48 = NJW 2018, 3701 ff. Wer indes für Kunden seines Arbeitgebers als externe Datenschutzbeauftragte fungiert, wird nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. Der Datenschutzbeauftragte werde dann gerade nicht in Angelegenheiten des Arbeitgebers tätig, wie es § 46 II BRAO verlange, so BGH, 2.7.2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, BRAK-Mitt. 2018, 264 = NJW 2018, 310 ff. Die Rechtsanwaltskammern lassen Syndikusanwälte nur unter den Voraussetzungen des § 46 II-V BRAO zu. Diese Normen verlangen im Wesentlichen, dass der potenzielle Syndikusanwalt für seinen Arbeitgeber „anwaltlich tätig“ ist. Im konkreten Fall nahm der Anwaltssenat des BGH an, dass die Datenschutzbeauftragte des WDR in ausreichendem Umfang anwaltlich tätig sei. Die Antragstellerin hatte selbst angegeben, ihre rechtsberatende Tätigkeit mache etwa 70–80 % aus.78 78 BGH, Urt. v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 20/18, BRAK-Mitt. 2019, 48 = NJW 2018, 3701, 3702. Nun kann man behaupten, die Begriffe der „anwaltlichen Tätigkeit“ oder „anwaltlichen Prägung“ i.S.d. § 46 II und III BRAO seien nicht identisch mit dem Begriff der „Rechtsdienstleistung“ in § 2 RDG. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die mit diesen Begriffen verknüpften Inhalte klar überschneiden. Einfach gesagt: Wer „anwaltlich tätig ist“, erbringt „Rechtsdienstleistungen“. Die Entscheidung des BGH ist damit ein großes Indiz dafür, dass es einige Fälle geben wird, in denen Rechtsdienstleistungen einen Hauptteil der Arbeit des Datenschutzbeauftragten ausmachen. Damit wären sie nicht mehr durch § 5 RDG erlaubt. Es mag Fälle geben, in denen der Umfang der Rechtsberatung deutlich niedriger ist als bei der Datenschutzbeauftragten des WDR. Gerade als Datenschutzbeauftragter in kleineren Unternehmen dürfte der rechtsberatende Teil der Tätigkeit wesentlich geringer sein. Wenn die betrieblichen Strukturen und die anstehenden datenschutzrechtlichen Fragen jedoch komplex sind, wird der externe Datenschutzbeauftragte bei entsprechender Beauftragung in der Hauptsache rechtlich beraten und damit nach geltendem Recht unerlaubte Rechtsdienstleistungen erbringen.79 79 So auch Paal/Nabulsi, NJW 2019, 3673, 3677; Baumert, AnwBl. Online 2019, 749, 754. Eine erste gerichtliche Entscheidung zum Thema Rechtsberatung durch Datenschutzbeauftragte liegt nunmehr vor.80 80 AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.3.2021 – 1 AGH 9/19, BRAK-Mitt. 2021, 264 mit Anm. Winkler. Baumert, EWiR 2021, 433. Der AGH Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass die Tätigkeit als nicht-anwaltlicher externer Datenschutzbeauftragter eine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 I RDG sei. Die von einem solchen Datenschutzbeauftragten erbrachten Rechtsdienstleistungen seien aber entweder schon nach § 1 III 3 Alt. 2 RDG erlaubt, da sich aus Art. 39 DSGVO für Datenschutzbeauftragte auch die Befugnis ergebe, die in den Vorschriften genannten rechtsberatenden Aufgaben wahrzunehmen. In jedem Fall aber liege bei der Beratung durch nichtanwaltliche Datenschutzbeauftragte eine erlaubte Nebenleistung nach § 5 I RDG vor. Je nachdem wie sich die Rechtsprechung weiter entwickelt, kann hier sicherlich eine Regelung durch den Gesetzgeber helfen. Für eine Regelung durch den Gesetzgeber gibt es freilich mehrere Möglichkeiten: Man könnte nicht-anwaltliche Datenschutzbeauftragte ähnlich wie Inkassodienstleister mit einer Erlaubnis ausstatten. Der externe Datenschutzbeauftragte dürfte dann bei nachgewiesener Sachkunde Rechtsdienstleistungen begrenzt auf das Datenschutzrecht erbringen. Ein großer Wurf wäre demgegenüber eine wirklich mutige Öffnung der Regelungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit anderen Berufsgruppen. Durch die große BRAO-Reform81 81 Zur BRAO-ReformNitschke, BRAK-Mitt 2021, 218 ff.; Kilian, NJW 2021, 2385 ff. ist ein erster Schritt getan. Der Gesetzgeber hat den Kreis der so genannten sozietätsfähigen Berufe in § 59c I Nr. 4 BRAO n.F. endlich erweitert. Rechtsanwälte dürfen sich nunmehr grundsätzlich mit sämtlichen anderen freien Berufen im Sinne des § 1 PartGG zusammenschließen. Eine Erweiterung des bisherigen Kreises der sozietätsfähigen Berufe (§ 59a I BRAO) war nach der ApothekerEntscheidung des BVerfG überfällig.82 82 BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016 – 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700 ff. SCHUMACHER, DATENSCHUTZRECHT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AUFSÄTZE 362

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