BRAK-Mitteilungen 5/2023

ein teilweiser Widerruf seiner Zulassung (etwa für den Bereich des Zivilrechts) bzw. eine Beschränkung seiner Zulassung (auf den Bereich des Strafrechts) ausreichend gewesen wäre, um dem Schutzzweck des § 14 II Nr. 7 BRAO zu genügen, hat der Senat bereits entschieden, dass ein solcher Teilwiderruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom Gesetz nicht vorgesehen ist und der gesetzlich verankerten Stellung des Rechtsanwalts widerspricht (BGH, Beschl. v. 8.12.2014 – AnwZ (Brfg) 45/14 Rn. 20 ff.; s.a. Schmidt-Räntsch, in Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 14 BRAO Rn. 16a). Mit dieser gesetzlich bestimmten Stellung des Rechtsanwalts ist eine hoheitliche Beschränkung seiner Tätigkeit im Sinne einer Teilzulassung zur Rechtsanwaltschaft oder eines Teilwiderrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar. Vielmehr ist es die eigene Entscheidung des Rechtsanwalts, ob und inwieweit er von seiner grundsätzlich uneingeschränkten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und der daraus folgenden umfassenden Befugnis zur Rechtsberatung Gebrauch machen oder sich beruflichen Selbstbeschränkungen unterwerfen will (BGH, Beschl. v. 8.12. 2014 – AnwZ (Brfg) 45/14 Rn. 23 f.). Das Vorbringen des Kl. gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. [15] Ob die beruflichen Selbstbeschränkungen des Rechtsanwalts im Einzelfall ausreichen, um eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch seinen Vermögensverfall hinreichend auszuschließen, und vor diesem Hintergrund der umfassende Widerruf seiner Zulassung nicht geboten ist, ist nicht allgemein klärungsfähig, sondern auf der Grundlage der oben dargelegten Grundsätze der Senatsrechtsprechung nach den konkreten Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen. [16] 2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 VwGO). [17] Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschl. v. 2.10. 2019 – AnwZ (Brfg) 44/19 Rn. 3 m.w.N.). Daran fehlt es. Das Urteil des AGH steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. [18] Der AGH hat die oben dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung des Senats zu § 14 II Nr. 7 BRAO seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt und ausgehend davon in einer einzelfallbezogenen Gesamtwürdigung der Umstände keine Ausnahme von der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall angenommen. [19] Diese Gesamtwürdigung des AGH und deren Ergebnis stellt das Vorbringen des Kl. in seinem Zulassungsantrag nicht ernstlich in Frage: Der AGH hat die ausschließliche Tätigkeit des Kl. als Strafverteidiger und seine Einbindung in eine anwaltliche Bürogemeinschaft ebenso berücksichtigt wie seine langjährige beanstandungsfreie Tätigkeit und seine wiederholte Erklärung, die Annahme von Mandantengeldern sei für ihn ausgeschlossen. Der AGH hat jedoch maßgeblich darauf abgestellt, dass der Kl. in der Bürogemeinschaft (weiterhin) eigenverantwortlich tätig sei nach eigenen Angaben über ein eigenes Konto verfüge, auf das nur er Zugriff habe, und – abgesehen von der Vereinbarung, dass seine Kollegen (nur) in Fällen, in denen er in Untervollmacht für sie auftrete, zum Einbehalt seiner Kostenbeteiligung vor Auszahlung der Gebühren an ihn berechtigt seien – keine weiteren bestehenden und eingehaltenen Vorkehrungen durch (arbeits-) vertragliche Beschränkungen der Befugnisse des Kl. als angestellter Anwalt vorgetragen oder sonst ersichtlich seien. Dass der AGH vor diesem Hintergrund die persönliche Erklärung des Kl., die Annahme von Mandantengeldern sei für ihn ausgeschlossen, als subjektive Selbsteinschätzung gewertet hat, die nach den obigen Grundsätzen der Senatsrechtsprechung keine tragfähige Grundlage für einen hinreichenden Ausschluss der Gefährdung von Mandanteninteressen darstelle, ist nicht zu beanstanden. [20] Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand keine effektive Überwachung des Kl., die Übernahme von zivilrechtlichen Mandaten sei durch seine jahrelang gewachsene ausschließlich strafrechtliche Berufsausübung und durch die wechselseitige Kontrolle in seiner Bürogemeinschaft bereits faktisch ausgeschlossen. Auch danach besteht weder eine den Anforderungen der Senatsrechtsprechung genügende rechtliche Absicherung dagegen, dass der Kl. mit Mandantengeldern in Berührung kommt, noch eine effektive Überwachung seiner Tätigkeit durch die anderen Berufsträger, durch die eine – möglicherweise auch nur ausnahmsweise – Hereinnahme von Zahlungen durch den Kl. sicher ausgeschlossen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 17.10.2005 – AnwZ (B) 73/04, NJW-RR 2006, 859, 860 und v. 17.9.2007 – AnwZ (B) 75/06, AnwBl. 2008, 66, 67). Die vom Kl. angebotene Rechenschaftslegung gegenüber dem Vorstand der Bekl. über seine ausschließlich strafrechtliche Tätigkeit reicht dafür ersichtlich nicht aus. [21] 3. Schließlich ist auch ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler des AGH (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 5 VwGO) weder dargetan noch ersichtlich. [22] Sollte der Einwand des Kl., sein Vortrag zum Ausschluss einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch seine ausschließliche Tätigkeit als Strafverteidiger sei nicht ausreichend gewürdigt worden, als Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 I GG zu verstehen sein, wäre diese jedenfalls nicht begründet. Wie oben dargelegt hat der AGH bei seiner Entscheidung, ob aufgrund der konkreten Umstände eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausnahmsweise zu verneinen ist, kein entscheidungserhebliches Vorbringen des Kl. übergangen oder in seinem Kern verkannt. [23] 4. Andere Zulassungsgründe i.S.v. § 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 bis 5 VwGO werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 330

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