BRAK-Mitteilungen 5/2023

rungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie zu ihrer Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des BGH erforderlich ist (Senat, Beschl. v. 12.3. 2015 – AnwZ (Brfg) 82/13 Rn. 24 m.w.N.). [5] Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. [6] a) Der Kl. führt zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung an, dass sein Vortrag, durch seine ausschließliche Tätigkeit als Strafverteidiger sei eine Gefährdung der Rechtsuchenden i.S.v. § 14 II Nr. 7 BRAO ausgeschlossen, nicht ausreichend und rechtlich nicht zutreffend gewürdigt worden sei. [7] Da er seit 24 ½ Jahren ausschließlich als Strafverteidiger tätig sei und seine Arbeitsweise sowie die seines Büros auf die Bearbeitung zivilrechtlicher Mandate überhaupt nicht eingerichtet seien, handele es sich bei seiner rein strafrechtlichen Berufsausübung nicht nur um eine selbst auferlegte, sondern um eine faktische Beschränkung. Die fiktive Annahme eines lukrativen zivilrechtlichen Mandats (zur Lösung eigener finanzieller Probleme) sei bei einer derartigen Spezialisierung völlig aus der Luft gegriffen, zumal die zivilrechtlichen Gebühren nicht erheblich über den Pflichtverteidigergebühren in Umfangstrafsachen lägen. Damit greife auch der Schutzzweck des § 14 II Nr. 7 BRAO, der Gefährdung von Mandantengeldern durch Gläubigerpfändungen der Anwaltskonten zu begegnen, nicht. Die Verwendung von Fremdgeldern zur Lösung eigener finanzieller Probleme wäre zudem schlicht kriminell, was ihm nicht einfach unterstellt werden könne. Außerdem arbeite er seit Jahren in einer inhaltlich eng verbundenen Strafverteidigerbürogemeinschaft, bei der aufgrund der wechselseitigen Kontrolle die plötzliche Annahme fachfremder Mandate ausgeschlossen sei. [8] Letztlich sei der Widerruf seiner Zulassung auch nicht verhältnismäßig, weil das anwaltliche Berufsrecht auch eine teilweise Untersagung des Tätigwerdens (§§ 43a IV, 45, 46c II BRAO) kenne und er bereit sei, dem Kammervorstand über seine ausschließlich strafrechtliche Tätigkeit Rechenschaft abzulegen. [9] b) Grundsätzlicher Klärungsbedarf ist damit nicht dargetan. Der Kl. wendet sich vielmehr gegen die Rechtsanwendung durch den AGH in seinem konkreten Einzelfall, ohne aufzuzeigen, dass damit allgemein klärungsbedürftige Rechtsfragen verbunden wären. Das ist auch nicht der Fall. Die vom Kl. angesprochenen Fragen sind höchstrichterlich bereits grundsätzlich geklärt. Weiterer Klärungsbedarf ist auch nach dem Vorbringen des Kl. nicht gegeben. [10] aa) Die Grundsätze für die Beurteilung, ob eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts gem. § 14 II Nr. 7 Hs. 1 BRAO verneint werden kann, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt. [11] Danach ist – wie der AGH zutreffend ausgeführt hat – nach der in § 14 II Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (vgl. etwa Senat, Beschl. v. 12.12.2018 – AnwZ (Brfg) 65/18 Rn. 7; v. 5.4. 2019 – AnwZ (Brfg) 3/19, ZInsO 2019, 1368 Rn. 6; v. 3.11.2021 – AnwZ (Brfg) 29/21, ZInsO 2022, 86 Rn. 11; v. 30.12.2021 – AnwZ (Brfg) 27/21 Rn. 15; v. 10.10. 2022 – AnwZ (Brfg) 19/22 Rn. 7 und v. 14.10.2022 – AnwZ (Brfg) 17/22, ZInsO 2022, 2682 Rn. 12; jeweils m.w.N.). Von einem solchen Ausnahmefall kann nur ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt des Widerrufs eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, nicht realisieren werden. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt Voraussetzungen für Sondersituation nach der ständigen Rechtsprechung des Senats mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlichen abgesicherten Maßnahme verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.12.2018 – AnwZ (Brfg) 65/18 Rn. 7; v. 5.4. 2019 – AnwZ (Brfg) 3/19, ZInsO 2019, 1368 Rn. 7; v. 3.11.2021 – AnwZ (Brfg) 29/21, ZInsO 2022, 86 Rn. 11; v. 30.12.2021 – AnwZ (Brfg) 27/21 Rn. 15; v. 10.10.2022 – AnwZ (Brfg) 19/22 Rn. 7 und v. 14.10.2022 – AnwZ (Brfg) 17/22, ZInsO 2022, 2682 Rn. 12; jeweils m.w.N.). [12] Anhand dieser Grundsätze lässt sich auch beurteilen, ob unter den vom Kl. genannten Umständen im Einzelfall eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausgeschlossen werden kann. Einer weiteren Grundsatzentscheidung bedarf es danach nicht. [13] bb) Keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits ergibt sich auch aus den Einwänden des Kl. gegen die Verhältnismäßigkeit des umfassenden Widerrufs seiner Zulassung. [14] Soweit der Kl. mit seinem Hinweis auf die in der Beschränkte Zulassung nicht möglich BRAO geregelten Tätigkeits- und Vertretungsverbote (§§ 43a IV, 45, 46c II BRAO) sowie auf die Möglichkeit einer aufsichtsrechtlichen Kontrolle seiner ausschließlich strafrechtlichen Tätigkeit geltend machen will, dass in seinem Fall BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 329

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