BRAK-Mitteilungen 3/2023

ZULASSUNG WIDERRUF WEGEN VERMÖGENSVERFALLS BRAO § 14 II Nr. 7 * 1. Für die Beurteilung, ob ein Vermögensverfall vorliegt, ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids abzustellen. Etwaige nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind nicht zu berücksichtigen. Sie können lediglich in einem etwaigen Wiederzulassungsverfahren von Bedeutung sein. * 2. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind z.B. die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt, insbesondere die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO. Wesentliches Anzeichen für einen Vermögensverfall ist die Aufnahme des Rechtsanwalts ins Schuldnerverzeichnis gem. § 882b ZPO. In diesem Fall gilt grundsätzlich eine gesetzliche Vermutung, dass der Anwalt in Vermögensverfall geraten ist. * 3. Die gesetzliche Vermutung eines Vermögensverfalls aufgrund einer Eintragung im Schuldnerverhältnis gilt ausnahmsweise nicht, wenn die der Eintragung zugrundeliegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufverfahrens bereits getilgt war. Der Nachweis für das Erlöschen der Forderung obliegt dem Rechtsanwalt. * 4. Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Diese Gefährdung kann nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei der Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft. Ein solcher Ausnahmefall kommt nur bei einem Bündel voneinander ergänzenden Sicherungsmaßnahmen, verbunden mit einer positiven Gesamtwürdigung des Anwalts, in Betracht. Dabei hat der Umstand Bedeutung, ob der Rechtsanwalt selbst zielgerichtet, ernsthaft und planvoll die erforderlichen Schritte zu einer Stabilisierung seiner Vermögensverhältnisse unternommen hat. * 5. Für einen Ausnahmefall muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass der Rechtsanwalt nicht unkontrolliert mit Mandantengeldern in Berührung kommt. Dies setzt zumindest voraus, dass der Anwalt seine selbstständige Tätigkeit vollständig aufgegeben hat und in einer Sozietät angestellt ist, die durch arbeitsvertragliche Regelungen den Schutz der Interessen der Rechtsuchenden vertraglich und organisatorisch effektiv sicherstellt. Hamburgischer AGH, Urt. v. 17.11.2022 – AGH I ZU 06/2021 (I-36) Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, muss zur Widerlegung der Vermutung ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum und konkret – ggf. unter Vorlage eines nachvollziehbaren bzw. realistischen Tilgungsplans – dartun, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2020, 102). ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR ZU LANGER DATEINAME EINES PER beA ÜBERMITTELTEN SCHRIFTSATZES ZPO § 130a; ERVV a.F. §§ 2, 5; GG Art. 103 I * Wenn ein im elektronischen Rechtsverkehr eingereichter Schriftsatz trotz Erfüllung der technischen Voraussetzungen dennoch vom zuständigen Gericht nicht verarbeitet werden kann, steht dies einer ordnungsgemäßen Einreichung nicht entgegen, wenn sich der Inhalt des Dokuments nachträglich einwandfrei feststellen lässt. BVerfG, Beschl. v. 16.2.2023 – 1 BvR 1881/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Vor Eintritt der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs hatten Rechtsanwälte ihre Stellungnahme über ihr beA an das Gericht übermittelt. Neben dem Schriftsatz enthielt die übermittelte Nachricht auch einen Handelsregisterauszug als Anlage, der vom Registerportal ein mehr als 90 Zeichen langen Dateinamen erhalten hatte. Aufgrund der Länge dieses Dateinamens war es der Justiz-IT nicht möglich, diese Nachricht weiterzuverarbeiten. Die Nachricht gelangte auch nicht in die Gerichtsakte. Ein solcher Fall kann sich nicht mehr wiederholen. Die Web-Anwendung des beA ist inzwischen so angepasst worden, dass vom Berufsträger hochgeladene Anlagen immer darauf überprüft werden, ob sie den Anforderungen von ERVV und ERVP entsprechen. Sollte dies nicht der Fall sein, erhält der Berufsträger einen Warnhinweis. Die Nachricht kann vor einer entsprechenden Änderung nicht versandt werden. Vgl. hierzu auch Jungk/Chab/Grams, BRAK-Mitt. 2023, 158, 163 – in diesem Heft. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 201

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