BRAK-Mitteilungen 6/2022

Mandanten. So weit geht der Deckungsschutz über die Berufshaftpflichtversicherung. Wird die Versicherungsnehmerin selbst (auch) in eigenem Interesse tätig, wird es heikel. Ob aber Rechtsmittel gegen das seinerzeitige Urteil des LG Köln16 16 LG Köln, Urt. v. 9.9.2015 – 20 O 502/14, BeckRS 2015, 131388. tatsächlich als von vornherein als komplett aussichtslos zu bewerten waren, kann man diskutieren. (bc) DECKUNGSSCHUTZ ÜBER DIE BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG BEI PFLICHTVERLETZUNGEN ALS TREUHANDKOMMANDITIST (II) Die Abgrenzung einer versicherten reinen Aufsichtstreuhand von einer nichtversicherten geschäftsführenden Treuhand erfolgt regelmäßig danach, ob dem Treuhänder ausschließlich die kontrollierende Wahrnehmung fremder Interessen ohne Entscheidungs- oder Handlungsspielräume obliegt oder ihm Mitbestimmungsrechte bzw. Ermessen zustehen. (eigener Ls.) OLG Köln, Urt. v. 5.7.2022 – I-9 U 93/21 Auch in diesem Fall ging es um die Frage des Deckungsschutzes einer Steuerberaterin für die Tätigkeit als Treuhandkommanditistin für eine Fondsgesellschaft und als Mittelverwendungskontrolleurin. Nachdem die Steuerberaterin in Insolvenz gefallen war, ging die Anlegerin gem. § 157 VVG a.F. mit dem Verlangen abgesonderter Befriedigung gegen die Berufshaftpflichtversicherung der Steuerberaterin vor. Die Versicherungsbedingungen waren in den hier entscheidenden Punkten im Wesentlichen gleich denjenigen gestaltet, die dem zuvor besprochenen Fall des OLG Karlsruhe bzw. im dortigen Vorprozess den Kölner Gerichten zugrunde lagen. Der Senat erläutert, dass grundsätzlich von beruflicher Tätigkeit auszugehen sei, wenn Treuhandtätigkeiten übernommen werden. Da dem Steuerberater allerdings gewerbliche Tätigkeit nach § 57 IV StBerG untersagt sei, stellten die Versicherungsbedingungen dementsprechend klar, dass sich der Versicherungsschutz nur auf die „Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder“ erstreckt. Welcher Art die Treuhandtätigkeit sei, müsse danach beurteilt werden, wie die Treuhandtätigkeit tatsächlich ausgeübt werde. Bei ausschließlich kontrollierender Wahrnehmung fremder Interessen ohne Entscheidungsspielräume könne Versicherungsschutz bestehen, ein Mitbestimmungsrecht und eingeräumtes Ermessen würden hingegen eine geschäftsführende – und damit nicht unter den Versicherungsschutz fallende – geschäftsführende Treuhand charakterisieren. Das sei vor allem dann der Fall, wenn eigene Anteile an der Gesellschaft gehalten werden und somit zumindest auch Eigennützigkeit vorliege, was auch dann gegeben sei, wenn der Treuhänder zwar im Zeitpunkt des Verstoßes noch keine Anteile hält, aber der spätere Erwerb von Anteilen vertraglich vorgesehen sei.17 17 Insoweit gegen OLG Celle v. 2.9.2021 – 8 U 63/21 – BeckRS 2021, 57466. Es genüge, wenn der Pflichtenverstoß „im Bereich des unternehmerischen Risikos“ angesiedelt sei, auch wenn der unternehmerische Einschlag lediglich aufgrund konkret getroffener Vereinbarungen in der Zukunft sicher zu erwarten sei. Für Handeln „im Bereich des unternehmerischen Risikos“ spreche im Übrigen, dass die Höhe der Vergütung abhängig vom eingeworbenen Kapital war, die Steuerberaterin also ein eigenes Interesse an möglichst vielen Beitritten von Kommanditisten hatte. Ob sich die Haftung letztlich aus der gesellschaftlichen Stellung des Treuhandkommanditisten oder seiner vertraglichen Stellung als Treuhänder ergebe, spiele wegen des untrennbaren sachlichen Zusammenhangs keine Rolle.18 18 Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats v. 29.12.2016 – 9 U 120/16, VersR 2017, 1005. Auch hier bestand also im Ergebnis kein Versicherungsschutz, die Revision wurde aber zugelassen. (bc) DECKUNGSSCHUTZ ÜBER DIE BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG EINES RECHTSANWALTS BEI EINRICHTUNG EINES KONTOS FÜR DEN MANDANTEN Treuhändertätigkeiten durch Rechtsanwälte sind allenfalls dann Gegenstand des Versicherungsschutzes in der Berufshaftpflichtversicherung, wenn der Treugeber auch in Rechtsfragen zu beraten ist. (eigener Ls.) OLG Köln, Urt. v. 24.5.2022 – 9 U 173/20, VersR 2022, 1434 Der Mandant des betroffenen Anwalts unterhielt einen Gewerbebetrieb; wegen zahlreicher Pfändungen hatten ihm seine Banken gekündigt, so dass er auf seinen Namen kein Konto mehr zur Betriebsfortführung einrichten konnte. Daher richtete ihm sein Rechtsanwalt ein Anderkonto ein, über das fortan mehr als 200.000 Euro an Umsätzen abgewickelt wurden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nahm der nun eingesetzte Insolvenzverwalter den Anwalt auf Rückzahlung unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung gem. § 133 I InsO erfolgreich in Anspruch. Im anschließenden Deckungsprozess gegen den Versicherer sah das LG aus mehreren Gründen keinen Versicherungsschutz aus der Berufshaftpflichtversicherung. Zum ersten handele es sich bei den Ansprüchen des Insolvenzverwalters nicht um Schadenersatzansprüche im Sinne der Versicherungsbedingungen, sondern um die Abwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen in Folge einer Anfechtung. Weiter sei der Verstoß nicht bei Ausübung der versicherten beruflichen Tätigkeit unterlaufen und schlussendlich auch noch wissentlich begangen worden. Der Senat lässt offen, ob man hier von versicherten Haftpflichtansprüchen ausgehen muss oder nicht, sondern setzt sich intensiv mit der Frage der versicherten beruflichen Tätigkeit auseinander. Vorliegend handele JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AUFSÄTZE 316

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