BRAK-Mitteilungen 6/2022

VERSICHERUNGSRECHT DECKUNGSSCHUTZ ÜBER DIE BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG BEI PFLICHTVERLETZUNGEN ALS TREUHANDKOMMANDITIST (I) Haftet eine Steuerberatungsgesellschaft, die als Treuhänderin und Gründungskommanditistin tätig wird, besteht kein Versicherungsschutz über die Berufshaftpflichtversicherung dieser Gesellschaft, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Haftung aus einem Treuhandvertrag wegen Aufklärungspflichtverletzungen gegenüber Anlegern als Treugeber ergibt. Rechtsmittel gegen ein die Deckungsklage abweisendes Urteil sind als von vornherein aussichtslos zu bewerten. (eigener Ls.) OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.9.2022 – 17 U 22/21, NJOZ 2022, 1333 Dieses Urteil ist bereits oben im Haftungsteil angeführt. Dort geht es in erster Linie um die Frage, inwieweit ein Rechtsanwalt Aufklärungspflichten gegenüber einem rechtsschutzversicherten Mandanten hat, in zweiter Linie um die Beweislast für einen kausal darauf beruhenden Schaden und die Anwendung des Anscheinsbeweises für beratungsgerechtes Verhalten. Der BGH hatte in seiner Grundsatzentscheidung vom 16.9.202115 15 BGH, NJW 2021, 3324. den Instanzgerichten recht deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass diese Frage, ob eine Klage oder ein Rechtsmittel tatsächlich von vornherein aussichtslos war, genau zu untersuchen sei. Der Vorprozess, um den es hier nun konkret ging, betraf interessanterweise einen Deckungsprozess gegen die Berufshaftpflichtversicherung einer als GmbH geführten Steuerberatungsgesellschaft. Damit Grund genug, auf diesen Aspekt der Entscheidung hier noch einmal gesondert einzugehen. Ein Anleger hatte den Versicherer im Wege einer vorweggenommenen Deckungsklage in Anspruch genommen. Im Haftungsprozess wurde die Steuerberater gesellschaft unter anderem in ihrer Funktion als Gründungsgesellschafterin einer Fondsgesellschaft für Prospektfehler im Rahmen der Emission von Kommanditanteilen an diesem Fonds verurteilt. Die Fondsgesellschaft ermöglichte die finanzielle Ausstattung eines Prozessfinanzierers. Der Vorwurf der Anleger ging dahin, dass diese nicht informiert wurden über erhebliche Vorstrafen des Vorstandsvorsitzenden der J...-AG (einer weiteren Gründungskommanditistin), der wiederum gleichzeitig als Geschäftsführer der J... VerwaltungsGmbH (der Komplementärin der Fondsgesellschaft) fungierte. Diese Vorstrafen waren geeignet, das Vertrauen der Anleger in die Zuverlässigkeit der betreffenden Person und damit in das Konstrukt insgesamt zu erschüttern. Die Bedingungen des Berufshaftpflichtversicherers sahen Versicherungsschutz für die berufliche Tätigkeit als Steuerberatungsgesellschaft gem. § 33 StBerG, für die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, außerdem die Tätigkeit als nicht geschäftsführender Treuhänder vor. Ausgeschlossen waren Haftpflichtansprüche aus dem Bereich des unternehmerischen Risikos, z.B. als geschäftsführender Treuhänder; außerdem bestand der übliche Ausschluss bei wissentlichen Pflichtverletzungen. Nach Ansicht des Senats wäre der Deckungsanspruch jedenfalls per se nicht an diesem letzten Punkt gescheitert. Das notwendige Wissen müsse nämlich bei der Versicherungsnehmerin selbst vorhanden sein. Um den Ausschluss zu begründen, genüge jedenfalls keine Wissenszurechnung weiterer beteiligter Akteure (hier der Komplementärin der Fondsgesellschaft). Allerdings seien die Rechtsmittel aussichtslos gewesen, weil der Deckungsanspruch am Ende immer an den Anforderungen der versicherten beruflichen Tätigkeiten scheitern musste. Die Funktion als Gründungsgesellschafterin oder auch der Beitritt zur Fondsgesellschaft in der Phase vor Anwerbung der Anleger stehe ersichtlich in keinem Zusammenhang mit den beruflichen Tätigkeiten laut Risikobeschreibung. Die Versicherungsnehmerin sei ersichtlich nicht im Interesse eines Auftraggebers, sondern primär in eigenem Interesse und damit unternehmerisch tätig gewesen. Was noch blieb, war der denkbare Deckungsanspruch wegen einer davon zu unterscheidenden Haftung der Steuerberatungsgesellschaft als Treuhänderin aus einem Treuhandvertrag mit dem jeweiligen Anleger. Zum Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsmittel hätten aber auch diesbezüglich keine Erfolgsaussichten für die Durchsetzung der Deckungsansprüche bestanden. Die der Versicherungsnehmerin obliegenden Aufklärungspflichten ließen sich nämlich nicht aufspalten in einerseits solche, die unmittelbar aus der Gesellschafterstellung erwachsen und andererseits solche, die dem Treuhandverhältnis entspringen würden. Es handele sich um ein einheitliches Geschehen, das insgesamt maßgeblich von der Stellung als Gründungskommanditistin geprägt gewesen sei. Auch wenn der eigene Anteil nominal sehr klein gewesen sei, habe sich die Gesellschaft doch auch laufende Einkünfte für die Treuhandtätigkeit gesichert und zumindest aus der Sicht der Anleger auch Einfluss auf die Vertragsgestaltungen genommen. Auf diese Umstände habe das OLG Köln im Vorprozess in seinem Hinweisbeschluss hingewiesen und dabei auch auf eine frühere Entscheidung desselben Senats verwiesen, so dass letztlich auch aus der Sicht ex ante jegliche Erfolgsaussichten gefehlt hätten. Was das Ergebnis angeht, dass kein Versicherungsschutz für eine Steuerberatungsgesellschaft für die hier beschriebenen Tätigkeiten und Pflichtverletzungen über die Berufshaftpflichtversicherung besteht, ist das Urteil gut nachvollziehbar. Auch Steuerberatung ist in erster Linie Tätigkeit für den und im Interesse des jeweiligen JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 315

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0