BRAK-Mitteilungen 1/2022

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG WERBUNG *LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ) UNZULÄSSIGE ANWALTLICHE WERBUNG DURCH GOOGLE-ADWORDS-ANZEIGE UWG §§ 3 I, 5 I, III 1. Der im Rahmen einer Google-AdWords-Anzeige angesprochene Verkehr nimmt nach den konkreten Umständen der Anzeige mangels entgegenstehender Angaben bei der Angabe „Schuldnerberatung Köln“ an, dass der Werbende einen Standort an der in der Werbeanzeige angegebenen Ort unterhält und dass die beworbene Beratung auch dort erfolgen kann. 2. Unterhält der so Werbende entgegen der Erwartung des angesprochenen Verkehrs in Köln weder einen Sitz noch eine Zweigstelle und findet die beworbene Schuldnerberatung nicht vor Ort in Köln statt, wird der Verkehr in die Irre geführt. Die Irreführung ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. 3. Beauftragt ein in der Schuldnerberatung tätiger Rechtsanwalt in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit für die vorprozessuale Abmahnung einen im Wettbewerbsrecht erfahrenen Rechtsanwalt, so indiziert dies, weil das Wettbewerbsrecht eine Reihe von Besonderheiten aufweist, die fachfremden Rechtsanwälten nicht zwingend geläufig sind bzw. sein müssen, nicht schon einen Rechtsmissbrauch. Gleiches gilt auch im Hinblick auf eine Verteidigung gegen eine wettbewerbsrechtliche Inanspruchnahme. OLG Hamburg, Beschl. v. 3.2.2021 – 3 U 168/19 AUS DEN GRÜNDEN: A. Der Ast. nimmt die Ag. aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch. Die Parteien sind im Bereich der Schuldnerberatung tätige Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwaltsgesellschaften. Der Ast. ist in Hamburg, die Ag. in Berlin ansässig. Die Ag. hat ihr Angebot im Internet mit einer Google-AdWords-Anzeige unter Verwendung der Angabe „Schuldnerberatung Köln“ beworben. Die Anzeige gemäß Anlage ASt 5 war wie folgt gestaltet: s. https://www.landesr echt-hamburg.de/bsha/document/KORE219862021 (Rn. 3). Die Ag. ist ausschließlich in Berlin ansässig. Von diesem Standort aus berät sie bundesweit Schuldner unter Einsatz von Telekommunikationsmitteln. Mit Schreiben v. 2.3.2019 ließ der Ast. die Ag. im Hinblick auf wettbewerbsrechtliche und markenrechtliche Ansprüche abmahnen (...). Mit Antwortschreiben v. 11.3.2019 gab die Ag. zwar eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich der abgemahnten markenrechtlichen Ansprüche ab, die geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche wies sie jedoch zurück (...). Nachfolgend erwirkte der Ast. die Beschlussverfügung des LG Hamburg v. 29.3.2019 – 315 O 82/19, mit welcher der Ag. bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr auf dem Gebiet der Schuldnerberatung ihre anwaltlichen Dienstleistungen im Internet mit dem Begriff „Schuldnerberatung“ i.V.m. dem Namen von Orten zu bewerben, in welchen die Ag. weder eine Kanzlei noch eine Zweigstelle unterhält, wie geschehen in der Google-AdWords-Werbung und nachfolgend eingeblendet s. https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/docu ment/KORE219862021 (Rn. 7). Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Ag. unter dem 4.4.2019 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angesprochene Verbraucher erwarte bei der streitgegenständlichen Google-AdWordsWerbeanzeige keine räumliche Präsenz der Schuldnerberatung der Ag. an dem jeweils angegebenen Ort. Aus der bloßen Nennung des Wortes „Schuldnerberatung“ i.V.m. einem Ortsnamen gehe für den verständigen Verbraucher nicht hervor, dass die Kanzlei ihren Sitz auch an diesem Ort habe und ihre Leistung unmittelbar dort erbringe. Für ihn werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Schuldnerberatung auch für Bewohner des in der Anzeige angegebenen Orts angeboten werde. Dies sei zutreffend, denn jeder Verbraucher könne sie telefonisch und elektronisch kontaktieren. Zudem sei die Rechtsverfolgung des Ast. rechtsmissbräuchlich. Dies ergebe sich aus dem Vorgehen des Ast. im Zusammenhang mit der Abmahnung sowie daraus, dass er sich seinerseits wettbewerbswidrig verhalten habe (...). Bei den vom Ast. selbst in der Abmahnung angegeben Zweigstellen in Berlin, Köln, München, Nürnberg und Stuttgart handele es sich schon nicht um eigene Kanzleiräumlichkeiten, sondern allenfalls um Briefkastenfirmen. Anrufe an diesen Standorten würden in die Hamburger Kanzlei des Ast. umgeleitet. Mithin würden die Verbraucher über den Standort des Ast. in Hamburg getäuscht. Zudem habe sich der Ast. mit der Abmahnung v. 2.3. 2019 (...) lediglich dafür rächen wollen, dass die Ag. WERBUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 40

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