BRAK-Mitteilungen 1/2022

eine Mitarbeiterin des Ast. abgeworben habe. Für die Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens des Ast. spreche darüber hinaus, die Vorlage einer nicht unterschriebenen Vollmacht (...), der Ansatz eines völlig überhöhten Streitwerts von 57.812,50 Euro, die verzögerte Annahme der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Ag. v. 11.3.2019 mit Schreiben v. 2.4.2019 (...) und die Aufforderung zur Abgabe eine Abschlusserklärung v. 17.4.2019, die in Kenntnis des Umstandes, dass die Ag. bereits Widerspruch eingelegt hatte, erfolgt sei (...). Bei dem Prozessbevollmächtigten des Ast. handele es sich um einen alten Studienfreund des Ast., der für ihn anwaltlich nach außen auftrete, um im besten Fall erstattungsfähige Gebühren entstehen zu lassen. Beide seien sich einig, dass der Ast. nicht die Anwaltsvergütung nach dem RVG schulde, sondern der Prozessbevollmächtigte nur im Erfolgsfall – und sodann vom Gegner – eine Vergütung für seine Tätigkeit erhalte. Die Ag. hat beantragt, die einstweilige Verfügung des LG Hamburg v. 29.3.2019 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen. Der Ast. hat beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen. Der Ast. hat die Ansicht vertreten, dass beim angesprochenen Verkehr der unzutreffende Eindruck entstehe, die Ag. unterhalte in der genannten Stadt eine physische Präsenz, welche vom Verbraucher aufgesucht werden könne und wo er Unterlagen abgeben und ein persönliches Beratungsgespräch führen könne. Für die maßgeblichen Verkehrskreise bedeute die Werbung mit der Angabe „Schuldnerberatung Köln“ nicht, dass sich auch ein Schuldner aus Köln bei der Ag. beraten lassen könne, sondern, dass die beworbene Schuldnerberatung in Köln erbracht werde. Der Ast. hat ausgeführt, dass sein Vorgehen nicht rechtsmissbräuchlich sei. Er ist dem Vorbringen der Ag. unter Vorlage der anwaltlichen Versicherung v. 24.5. 2019 entgegen getreten (...). Sein Vorgehen im Rahmen der Abmahnung sei nicht zu beanstanden. Soweit ein wettbewerbswidriges Verhalten seinerseits in Frage stehe, habe er dieses unverzüglich nach Kenntniserlangung unterbunden (...). Mit Urteil v. 17.9.2019 – 406 HKO 124/19 hat das LG Hamburg die einstweilige Verfügung bestätigt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Werbeanzeige der Ag. irreführend sei, da sie dem Internetnutzer eine räumliche Präsenz in dem in der Anzeige genannten Ort vortäusche, über die die Ag. tatsächlich nicht verfüge. Zudem habe die Ag. nicht substantiiert dargelegt, dass die Rechtsverfolgung des Ast. rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 8 IV UWG sei. Gegen dieses Urteil wendet sich die Ag. mit ihrer Berufung v. 1.10.2019, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Ag. ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass das LG das Verständnis des angesprochenen Verkehrs falsch bestimmt habe. Die Schlussfolgerungen des Gerichts seien weder tatsächlich noch empirisch belegt und beruhten auf einer reinen Behauptung ins Blaue hinein. Darüber hinaus sei das LG zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass das Verhalten des Ast. nicht rechtsmissbräuchlich sei. Die Ag. beantragt, unter Aufhebung des am 27.9.2019 zugestellten erstinstanzlichen Urteils des LG Hamburg v. 17.9.2019 (Az. 406 HKO 124/19) die einstweilige Verfügung des LG Hamburg v. 29.3.2019 (Az. 315 O 82/19) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung v. 22.3.2019 zurückzuweisen. Der Ast. beantragt, die Berufung zurückzuweisen. (...) B. Die Berufung der Ag. ist zulässig, hat aber offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. I. Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist zulässig und begründet. 1. Das Vorliegen des Verfügungsgrundes nach § 12 II UWG hat die Ag. zu Recht nicht in Zweifel gezogen. 2. Auch der Verfügungsanspruch ist gegeben. Der Ast. kann gem. §§ 8 I 1, III Nr. 1, 3 I, 5 I 2 Nr. 1, Nr. 3 UWG von der Ag. verlangen, dass diese es unterlässt mit der angegriffenen Aussage zu werben. Bei der streitgegenständlichen Werbung handelt es sich um eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 I Nr. 1 UWG. Der Ast. und die Ag. sind zudem Mitbewerber i.S.v. §§ 8 I 1, III Nr. 1, 2 I Nr. 3 UWG, da sie als Anbieter von Schuldnerberatungsdienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. a) Auf den Unterlassungsantrag des Ast. ist der Ag. bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten worden, im geschäftlichen Verkehr auf dem Gebiet der Schuldnerberatung ihre anwaltlichen Dienstleistungen im Internet mit dem Begriff „Schuldnerberatung“ in Verbindung mit dem Namen von Orten zu bewerben, in welchen die Ag. weder eine Kanzlei noch eine Zweigstelle unterhält, wie geschehen in der Google-AdWords-Werbung und nachfolgend eingeblendet s. https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/docu ment/KORE219862021 (Rn. 33). Streitgegenstand des Unterlassungsanspruchs ist die Google-AdWords-Werbeanzeige der Ag., in deren Rahmen sie für ihre Schuldnerberatung in Verbindung mit einer konkreten Ortsangabe („Schuldnerberatung Köln“) geworben hat (...). Der Antrag ist jedoch nicht auf die Ortsangabe Köln beschränkt, sondern erfasst auch eine solche Bewerbung der Schuldnerberatung in Verbindung mit der Angabe anderer Orte, an denen sie weder einen Sitz noch eine Zweigstelle unterhält. b) Die streitgegenständliche Angabe ist irreführend i.S.v. § 5 UWG. aa) Eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 I UWG ist irirreführende Angabe reführend, wenn das Verständnis, das sie bei den BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 41

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