BRAK-Mitteilungen 5/2021

Die Einschätzung des Gerichts, dass man die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten aber „jedenfalls“ als Ne- benleistung nach § 5 RDG ansehen müsse, 119 119 AGH NRW, BRAK-Mitt. 2021, 264, 269; ebenso Deckenbrock , in Deckenbrock/ Henssler, § 5 RDG Rn. 55. ist hinge- gen nicht überzeugend. Das Gericht übersieht hier, dass der rechtsberatende Teil nach den Art. 38, 39 DSGVO bereits wesentlicher Teil der Hauptleistung ist. Dann kann es sich nicht mehr um eine Nebenleistung nach § 5 RDG handeln. Haupt- und Nebenleistung schließen einander aus. 120 120 Zuletzt BGH, BRAK-Mitt. 2021, 174 Rn. 47 – Rechtsberatung durch Architektin. Dennoch bestehen auch für Datenschutzbeauftragte klare Grenzen in der Rechtsbe- ratung nach den Art. 38, 39 DSGVO, die weniger in der Breite (hier gilt die gesamte DSGVO), sondern eher in der Tiefe der Rechtsberatung liegen. Der Datenschutz- beauftragte darf keine rechtlichen Tätigkeiten entfalten, die die Kompetenz eines Rechtsanwalts erfordern, also z.B. Vertragsgestaltungen, vertiefte rechtliche Prüfun- gen wie z.B. die Frage, ob Auftragsverarbeitung oder gemeinsame Verantwortung vorliegt etc. 121 121 Ebenso Winkler , Anm. zu AGH NRW, BRAK-Mitt. 2021, 270, 271. VII. AUSBLICK Mit dem kürzlich in Kraft getretenen „Legal Tech-Ge- setz“ haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Rechtsdienstleistungen zum Nachteil der Anwalt- schaft verschoben. Generell stellt sich die Frage, ob der Weg über die „deformierte“ Inkassoerlaubnis weiterver- folgt oder nicht vielmehr ein eigener Erlaubnistatbe- stand in einem insgesamt kohärenten System geschaf- fen werden soll, 122 122 Kilian , AnwBl. Online 2021, 213, 220; wie auch vom Autor bereits befürwortet, s. Remmertz , in Remmertz, Legal Tech-Strategien für Rechtsanwälte, 2020, § 3 Rn. 22 m.w.N. zumal ein Reparaturgesetz ohnehin notwendig erscheint. Somit gilt auch hier: Nach der Re- form ist vor der Reform. Es bleiben nicht nur viele Fra- gen offen. Vielmehr sieht der Gesetzgeber selbst Repa- raturbedarf. Dies belegen die Entschließungsanträge, mit denen er der neuen Bundesregierung Hausaufga- ben zur Nachbesserung aufgegeben hat. Dazu gehört vor allem das nur sehr unzureichend gelöste Problem der Kohärenz. Der BGH 123 123 BGH, Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 113/20. hat am 9.9.2021 ein weiteres Grundsatzur- teil im Bereich Legal Tech gefällt und die Vorentschei- dung des OLG Köln 124 124 OLG Köln, NJW 2020, 2734; zur Problematik s. Remmertz , BRAK-Mitt. 2020, 264, 266. zur Zulässigkeit eines Vertragsge- nerators nach dem RDG im Ergebnis bestätigt. Aus der Pressemitteilung des BGH 125 125 BGH, PM Nr. 171/2021 v. 9.9.2021; zum Redaktionsschluss lagen die Entschei- dungsgründe noch nicht vor. geht hervor, dass die An- bieterin nicht in konkreten Angelegenheiten der Nutzer i.S.v. § 2 I RDG tätig werde. Sie habe die Software auf der Grundlage typischer Sachverhaltskonstellationen programmiert und dazu im Vorgriff auf die Antworten der Nutzer standardisierte Vertragsklauseln entwickelt. Individuelle Bedürfnisse der Nutzer würden dabei – ähn- lich wie bei einem Formularhandbuch – nicht berück- sichtigt. Die Folgen dieser Entscheidung, die in den nächsten Monaten sicherlich noch intensiv diskutiert werden, sind noch nicht absehbar und können erst nach sorgfältiger Analyse der Entscheidungsgründe beurteilt werden. Man kann aber jetzt schon sagen, dass dieses Urteil neben der Erweiterung im Inkassobereich ein wei- teres Zurückdrängen der anwaltlichen Vorbehaltsaufga- ben auf dem Gebiet der Vertragsgestaltung bedeutet. PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT RECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK, RECHTSANWÄLTE BERTIN CHAB UND HOLGER GRAMS* * Die Autorin Jungk ist Leitende Justiziarin, der Autor Chab Leitender Justiziar bei der Allianz Deutschland AG, München; der Autor Grams ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in München. In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentieren die Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungen zum anwaltlichen Haftungsrecht. HAFTUNG VERHÄLTNIS ZUM RECHTSSCHUTZVERSICHERER 1. Hat der Rechtsschutzversicherer Gerichtskosten gezahlt und erstattet die Gerichtskasse unverbrauch- te Gerichtskosten an den Rechtsanwalt, geht der An- spruch des rechtsschutzversicherten Mandanten ge- gen seinen Rechtsanwalt, alles herauszugeben, was er aus der anwaltlichen Geschäftsbesorgung erlangt, insoweit auf den Rechtsschutzversicherer über. 2. Für Erstattungsansprüche aufgrund überzahlter Ge- richtskosten besteht in der Rechtsschutzversicherung kein Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers. BGH, Urt. v. 10.6.2021 – IX ZR 76/20, WM 2021, 1350-1354; MDR 2021, 1067-1068; VersR 2021, 1024-1028; NJW 2021, 258 Diese Entscheidung betrifft wieder einmal das schwieri- ge Dreiecksverhältnis zwischen Rechtsanwalt, Mandant AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 295

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0