BRAK-Mitteilungen 5/2021

und Rechtsschutzversicherer. Ausnahmsweise geht es nicht um vom Rechtsschutzversicherer gegen den An- walt erhobene Haftpflichtansprüche, sondern um die Herausgabe vom Gericht an den Anwalt zurückerstatte- ter Gerichtsgebühren. In allen Konstellationen muss man sich zunächst klar- machen, dass im Regelfall zwischen Anwalt und Rechts- schutzversicherer per se kein Rechtsverhältnis besteht. Es gibt einerseits den Mandatsvertrag zwischen Anwalt und Mandant, andererseits den Versicherungsvertrag zwischen Mandant und Versicherer. Alle Ansprüche, die ein Versicherer gegen den Anwalt geltend machen kann, beruhen auf einem Forderungsübergang nach § 86 VVG, betreffen also Ersatzansprüche des Versiche- rungsnehmers gegen den Anwalt als Dritten. Diese ge- hen auf den Versicherer über, soweit dieser den Scha- den ersetzt. Hier waren nach einem gerichtlichen Vergleich mit Kos- tenaufhebung die unverbrauchten Gerichtskosten vom Gericht an den Klägervertreter erstattet worden. Gläu- biger war der Mandant als Kostenschuldner des Rechts- streits, der Rechtsanwalt fungierte insoweit nur als Zahlstelle. Da der Rechtsschutzversicherer die Kosten verauslagt hatte, war die Forderung auf ihn übergegan- gen. Er hatte somit grundsätzlich einen Herausgabean- spruch nach §§ 675, 667 BGB, der ohne weiteres nach § 86 VVG auf ihn überging. Etwas schwieriger wird es, wenn dem Rechtsanwalt wei- tere Ansprüche gegen den Mandanten zustehen, mit denen er bilateral aufrechnen könnte. Im hier entschie- denen Fall waren noch außergerichtliche Gebühren (für die der Rechtsschutzversicherer keine Deckungszusage erteilt hatte) offen. Es ist die Frage, ob die Aufrechnung mit dieser Forderung auch gegenüber dem Rechts- schutzversicherer erklärt werden kann. Die Aufrechnung würde den Mandanten von einem wei- teren (Kosten-)Schaden befreien, der im Zusammen- hang mit dem Rechtsstreit steht. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Geldrückfluss dem Versicherungs- nehmer oder dem Versicherer zugutekommt. Leistet der Verursacher des versicherten Schadens Ersatz, so hat der Versicherungsnehmer ein sog. Quotenvorrecht, nach dem zunächst sein verbliebener Schaden kompen- siert wird, bevor der Versicherer etwas erhält. In Bezug auf überzahlte Gerichtskosten war diese Frage bislang streitig. Der Senat sieht hier kein Quotenvorrecht, da sich lediglich nachträglich der Umfang der vom Rechts- schutzversicherer vertragsgemäß zu übernehmenden Leistungen reduziert. Damit standen die erstatteten Kosten dem Rechtsschutzversicherer zu. Das verhindert jedoch auch nach Ansicht des Senats grundsätzlich gem. § 406 BGB nicht die Aufrechnung des Anwalts mit eigenen Gebührenansprüchen gegen den Versicherungsnehmer nach einem Forderungsüber- gang gem. § 86 I 1 VVG. Sie scheiterte jedoch letztlich daran, dass die beklagten Anwälte die Aufrechnung nicht mit den Ansprüchen gegen den Mandanten, son- dern allein eine Aufrechnung mit gegen den Rechts- schutzversicherer gerichteten Ansprüchen der Versiche- rungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag erklärt hatten. Eine solche Aufrechnung sei unwirksam, da auf- grund der von § 387 BGB geforderten Gegenseitigkeit der Schuldner nur mit eigenen Forderungen, nicht mit der Forderung eines Dritten aufrechnen könne. Hohe Geometrie! (ju) PRÜFUNG DER INSOLVENZANTRAGSPFLICHT UND VERTRAG MIT SCHUTZWIRKUNG ZUGUNSTEN DES GESCHÄFTSFÜHRERS Voraussetzung für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags ist, dass bereits bei Übernahme des Mandats erkennbar ist, dass auch der Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist. Das gilt für das Haftungsrisiko von GmbH-Geschäftsführern gem. § 64 GmbHG a.F. nur, wenn das Mandat sich explizit auf eine insolvenz- rechtliche Beratung bezieht, nicht aber, wenn im Rahmen eines anderen Mandates Anhaltspunkte für eine Insolvenzgefahr auftreten und deshalb die Ne- benpflicht besteht, die Mandantin hierauf hinzuwei- sen. OLG Köln, Urt. v. 26.10.2020 – 18 U 197/20 Kläger in diesem Verfahren war der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Reiseveranstalterin. Diese war in Schwierigkeiten geraten, weil eine Vertragspart- nerin die versprochenen Dienstleistungen in den Zielan- kunftsländern der Reisenden versagen wollte, sofern nicht umgehend Verbindlichkeiten i.H.v. 118.000 Euro beglichen werden, während eine weitere Vertragspart- nerin den Zugang zu einem Internetportal sperrte, das den hauptsächlichen Vertriebsweg der Reiseveranstal- terin darstellte. Die beklagten Anwälte wurden von der Gesellschaft beauftragt, Schadenersatzforderungen ge- gen die Vertragspartner geltend zu machen. Die offe- nen Forderungen von 118.000 Euro wurden beglichen, wenn auch geringfügig verspätet. Außerdem wollte sich die Gesellschaft gegen Gerüchte zur Wehr setzen, die Gesellschaft sei insolvent oder zumindest drohe ihr die Insolvenz. Auch mit der Geltendmachung eines entspre- chenden Unterlassungsanspruchs wurden die Beklag- ten deshalb beauftragt. Kurz darauf stellte die Gesellschaft den Betrieb ein, die Liquidation sollte durchgeführt werden. Dieses Vorha- ben scheiterte, schließlich wurde Insolvenzantrag ge- stellt. Der Insolvenzverwalter machte daraufhin gegen die Geschäftsführer/Liquidatoren Ansprüche gem. § 64 BGB a.F. i.H.v. ca. 1,3 Mio. Euro geltend. Offenbar wa- ren diese der Meinung, für den Fall, dass diese Ansprü- che begründet seien, ihrerseits Ansprüche gegen die be- ratenden Anwälte zu haben, die sie nunmehr an den In- solvenzverwalter abtraten, so dass der Insolvenzverwal- ter aus abgetretenem Recht gegen die beklagten An- wälte vorging. Ein Schadenersatzanspruch der Zeden- ten gegen die Beklagten wurde aus zwei Gründen ver- neint. Zum einen sah der Senat keine Pflichtverletzung BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 AUFSÄTZE 296

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