BRAK-Mitteilungen 5/2021

V. ERWEITERTE RECHTSDIENSTLEISTUNGS- BEFUGNISSE VON SYNDIKUSRECHTSANWÄLTEN Der Gesetzgeber hat kurz vor Verabschiedung der neu- en BRAO-Reform eine Anregung 102 102 Entsprechende Forderungen wurden Anfang März 2021 an das BMJV herange- tragen; obwohl der RegE v. 20.1.2021 dazu nichts vorsah, nahm das Thema auch in der Sachverständigen-Anhörung am 14.4.2021 einen breiten Raum ein; s. dazu die Stellungnahme von Henssler , S. 15 ff. aufgegriffen, um künftig die sog. Drittberatung durch Syndikusrechtsan- wälte in gewissem Umfang zu erlauben. Zuvor hatte der BGH 103 103 Zuletzt BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 11/20, BRAK-Mitt. 2021, 37; BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ (Brfg) 43/18, BeckRS 2020, 28421; demgegenüber BGH, BRAK-Mitt. 2021, 37 = NJW 2021, 1237 m. Anm. Özman , die in dem Fall eine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers angenommen hat. seine strenge Rechtsprechung fortge- setzt 104 104 S. zuvor Remmertz , BRAK-Mitt. 2020, 264, 269 f. sowie ferner Flegler , BRAK-Mitt. 2021, 227, 233. und sich auch die BRAK gegen eine Öffnung ausgesprochen. 105 105 BRAK-Stn.-Nr. 29/2021. Mitten in der laufenden Debatte nahm auch das BVerfG eine strenge Haltung in dieser Frage ein und sah keine Grundrechtsverletzung. 106 106 BVerfG, Beschl. v. 27.4.2021 – 1 BvR 2649/20, BRAK-Mitt. 2021, 272 m. Anm. Dahns ; die Beschwerde richtete sich gegen das Urt. BGH v. 5.10.2020 – AnwZ (Brfg) 43/18, BeckRS 2020, 28421. Künftig ist Syndikusrechtsanwälten nach § 46 VI BRAO n.F. eine drittberatende Tätigkeit erlaubt, wenn der Arbeitgeber seinerseits dazu nach dem RDG be- rechtigt ist. Er muss aber in solchen Fällen die Kunden seines Arbeitgebers darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine (unabhängige) anwaltliche Beratung i.S.d. § 3 BRAO handelt und ihm kein Zeugnisverweige- rungsrecht nach § 53 StPO zusteht. VI. BEFUGNISSE VON ARCHITEKTEN UND DATENSCHUTZBEAUFTRAGTEN Die Rechtsprechung hat die Befugnisse zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen für Architekten und Daten- schutzbeauftragte konkretisiert. Dies betrifft sowohl Er- laubnisnormen außerhalb des RDG i.S.v. §§ 1 III, 3 RDG als auch den Umfang zulässiger Nebenleistungen nach § 5 RDG. 1. ARCHITEKTEN Der BGH 107 107 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 174 – Rechtsberatung durch Architektin. hat im Bereich der gesonderten Erlaubnis- normen nach §§ 1 III, 3 RDG und im Fall von Nebenleis- tungen nach § 5 RDG ein Grundsatzurteil gefällt und im Revisionsverfahren die rechtliche Einschätzung der Vor- instanz 108 108 OLG Koblenz, BRAK-Mitt. 2020, 160. bestätigt, 109 109 Der BGH hat das Urteil wegen unzulässigem Unterlassungsantrag indes aufge- hoben und die Sache an das OLG Koblenz zurückverwiesen. dass die Vertretung eines Bau- herrn in einem Widerspruchsverfahren durch eine Archi- tektin gegen einen ablehnenden Bescheid einer Bauvor- anfrage keine zulässige Nebenleistung mehr darstellt. Zunächst hat der BGH zu den gesonderten Erlaubnisnor- men seine Rechtsprechung konkretisiert und ausgeführt, dass diese hinreichend konkret sein müssen, die Befugnis zu einer Rechtsdienstleistung somit schon nach dem Wortlaut der Norm für einen bestimmten Bereich oder spezielle Tätigkeiten eingeräumt wird. 110 110 BGH, a.a.O., Rn. 38. Das Gericht verneint in der Folge hinreichend konkrete Befugnisse für Architekten aus § 1 V Architektengesetz Rheinland-Pfalz, der HOAI und aus §§ 631 I, 650p BGB und widmet sich dann vertiefend der Vorschrift des § 5 RDG. Hierzu bestätigt der I. Zivilsenat des BGH zunächst, dass § 5 I RDG nur anwendbar sein kann, wenn die fragliche Rechtsdienstleistung nicht selbst wesentlicher Teil der Haupttätigkeit ist. 111 111 Noch zu § 5 RDG a.F.; zur neuen Rechtslage s. Ziff. II.3.a). Der Schwerpunkt der Tätigkeit müs- se – soweit es sich nicht um Dienstleistungen von Ange- hörigen steuerberatender Berufe oder nach § 10 RDG re- gistrierter Personen handelt – stets auf nicht-rechtlichem Gebiet liegen. 112 112 BGH, a.a.O., Rn. 47 m. Verw. auf BGH, GRUR 2012, 405, Rn. 23; BT-Drs. 16/ 3655, 52. Der BGH lässt auch offen, ob die Haupttätigkeit abstrakt nach dem jeweiligen Berufs- und Tätigkeitsbild (hier: das einer Architektin) zu bestimmen oder auf die jeweiligen konkreten Tätigkeiten abzustellen ist, 113 113 BGH, a.a.O., Rn. 50. da die beanstandete Tätigkeit nicht als Nebenleis- tung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Architekten gehört. 114 114 BGH, a.a.O., Rn. 52 ff. Es gebe zwar in vielfacher Hinsicht Berührun- gen zu Rechtsdienstleistungen. Eine Vertretung des Bau- herrn im Rahmen gerichtlicher Vorverfahren gehe aber über die typischerweise mit der beratenden Rolle des Ar- chitekten verbundenen Aufgaben hinaus. 115 115 BGH, a.a.O., Rn. 53. 2. DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE Der AGH Nordrhein-Westfalen 116 116 AGH NRW, BRAK-Mitt. 2021, 264 m. Anm. Winkler . hat die Befugnisse von Datenschutzbeauftragten zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach dem RDG bestätigt und ausgeführt, dass diese nach Art. 39 DSGVO gerechtfer- tigt sein können. Die Vorschrift erlaube auch konkrete Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Daten- schutzrechts und stelle eine Erlaubnisnorm i.S.v. § 3 RDG dar. In dem Fall wandte sich eine Rechtsanwältin gegen einen Widerrufsbescheid. Dieser erging nach § 14 II Nr. 8 BRAO mit der Begründung, sie sei für eine Arbeitgeberin tätig, die gegen das RDG verstoße. Die Arbeitgeberin war u.a. als externe Datenschutzbeauf- tragte für ihre Kunden tätig. Das Gericht hob den Be- scheid auf und verneinte einen RDG-Verstoß. Dem Urteil ist zuzustimmen. Die Vorschriften der Art. 38, 39 DSGVO stellen Erlaubnisnormen nach §§ 1 III, 3 RDG dar, da die rechtlichen Befugnisse erheblich und Teil der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten sind. 117 117 Dazu bereits Remmertz , BRAK-Mitt. 2020, 264, 270; ebenso nunmehr auch De- ckenbrock , in Deckenbrock/Henssler, § 1 RDG Rn. 30a. Die darin enthaltenen Rechtsdienstleistungsbe- fugnisse sind auch hinreichend konkret i.S.d. BGH- Rechtsprechung. 118 118 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 174 – Rechtsberatung durch Architektin – Rn. 38. REMMERTZ, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM RDG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 AUFSÄTZE 294

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