BRAK-Mitteilungen 4/2021

beA: PFLICHT ZUR KONTROLLE DER EINGANGSBESTÄ- TIGUNG 1. Zum Eingang eines über das besondere elektroni- sche Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektroni- schen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a V 1 ZPO; im Anschluss an BGH, Urt. v. 14.5.2020 – X ZR 119/18, WM 2021, 463 Rn. 8 ff.; Beschl. v. 25.8.2020 – VI ZB 79/19, NJW-RR 2020, 1519 Rn. 7). 2. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusam- menhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechts- verkehrs per beA entsprechen denen bei Übersen- dung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermitt- lung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestäti- gung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a V 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sen- devorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (im Anschluss an BAG, Beschl. v. 7.8.2019 – 5 AZB 16/19, BAGE 167, 221 Rn. 20 m.w.N. [zu der mit § 130a V 2 ZPO gleichlautenden Vorschrift des § 46c V 2 ArbGG]). 3. Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze über das beA an das Gericht, hat er in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahinge- hend anzuweisen, dass stets der Erhalt der automa- tisierten Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zu- mindest stichprobenweise Überprüfungen durchzu- führen (im Anschluss an BAG, Beschl. v. 7.8.2019 – 5 AZB 16/19, BAGE 167, 221 Rn. 23 m.w.N.) BGH, Beschl. v. 11.5.2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 = MDR 2021, 896 = BB 2021, 1681 Auf Hinweis des Berufungsgerichts, dass zu der von ihr eingelegten Berufung innerhalb der Frist keine Beru- fungsbegründung eingegangen sei, begründete die An- wältin die Berufung und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ihre Rechtsanwaltsfachangestell- te habe die Berufungsbegründung fristgerecht per beA an das Berufungsgericht gesandt. Da ein Eingang beim OLG nicht festgestellt werden konnte, forderte der Se- nat bei der Anwältin die automatisierte Bestätigung ge- mäß § 130a V 2 ZPO über den Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründung an. Darin hieß es unter „Zu- sammenfassung Prüfprotokoll“, Unterpunkt „Meldungs- text“: „Die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden.“ und unter „Über- mittlungsstatus“: „Fehlerhaft“. Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Die Fristver- säumung beruhe auf einem Anwaltsverschulden, da die Eingangsbestätigung nicht kontrolliert worden und die diesbezügliche Arbeitsanweisung an die Mitarbeiter nicht ausreichend gewesen sei. Der BGH verwarf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde als unzulässig. Es sei bereits durch das BAG höchstrichterlich geklärt, dass die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammen- hang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schrift- sätzen per beA denen bei Übersendung von Schriftsät- zen per Telefax entsprächen. 3 3 BAG, Beschl. v. 7.8.2019 – 5 AZB 16/19, NJW 2019, 2793; Anm. Jungk , BRAK- Mitt. 2019, 293. Auch hier sei es unerläss- lich, den Versandvorgang zu überprüfen. Dies erfordere die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs bei Ge- richt nach § 130a V 2 ZPO erteilt wurde. Entsprechend müsse ein Anwalt sein Kanzleipersonal anweisen, den Erhalt dieser Eingangsbestätigung zu kontrollieren; auch müsse der Anwalt zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchführen. Die Fristversäumung beruhe auf einem Organisations- verschulden der Anwältin bei der Ausgangskontrolle. Da- zu gehöre hier die Anweisung an das Kanzleipersonal, die Eingangsbestätigung nach § 130a V 1 ZPO darauf hin zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei. Bei erfolgreichen Sendungen per beA erhält der Absender die Hinweise „request executed“ und bei Übermittlungsstatus „erfolg- reich“ (vgl. BRAK, beA-Newsletter 31/2019). (hg) beA: KEINE PFLICHT ZUR SPONTANEN ERSATZ- NUTZUNG DES BEA STATT FAX Vor Inkrafttreten der allgemeinen Pflicht zur aktiven Nutzung des beA ab 01.01.2022 ist eine spontane Nutzung des beA als kurzfristiger Ersatz für eine aus technischen Gründen fehlgeschlagene Fax-Übertra- gung einem Anwalt, der mit der Nutzung des beA noch nicht vertraut ist, nicht zumutbar. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 17.12.2020 – III ZB 31/20, BRAK-Mitt. 2021, 12 = NJW 2021, 390, Beschl. v. 25.2.2021 – III ZB 34/20 Was der BGH zunächst nur in einem obiter dictum ge- äußert hatte, 4 4 BGH, MDR 2020, 875; Anm. Jungk , BRAK-Mitt. 2020, 199. ist inzwischen „amtlich“: Solange die all- gemeine Pflicht zur aktiven Nutzung des beA noch nicht gilt (erst ab dem 1.1.2022), ist es für einen Anwalt, der deswegen zulässigerweise mit der Nutzung des beA noch nicht vertraut ist, nicht zumutbar, bei Fehlschla- gen einer Fax-Sendung aus nicht zu vertretenden techni- schen Gründen zur Fristwahrung kurzfristig auf das beA auszuweichen. Aber: Der 1.1.2022 kommt schnell. Allen Kolleginnen und Kollegen, die sich bisher noch nicht näher mit dem beA befasst haben, kann nur dringendst geraten wer- den, dies schleunigst zu ändern! (hg) beA: FEHLERHAFTER HINWEIS IM TRANSFERVERMERK Geht eine Berufungsschrift fristgerecht per beA beim Berufungsgericht ein, ist ein unzutreffender AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 245

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