BRAK-Mitteilungen 4/2021

endlich verjährt. Diese verlangte der Mandant sodann im Regresswege. Die Anwältin wehrte sich gegen die Forderung, da sie bezüglich der eigenen Zugewinnausgleichsansprüche des Mandanten nicht mandatiert gewesen sei. Das sieht das OLG anders: Auch wenn Anlass der Beratung ein Auskunftsersuchen seiner geschiedenen Ehefrau zur Bezifferung etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche ge- wesen sei, spreche vieles dafür, dass der Kläger die Be- klagte insgesamt in der Angelegenheit „Zugewinnaus- gleich“ mandatiert habe. Die Fragen, ob Zugewinnaus- gleichsansprüche der Ehefrau einerseits oder des Ehe- mannes andererseits bestehen, ließen sich naturgemäß nicht voneinander trennen. Der Zugewinnausgleichsanspruch des Mandanten re- sultierte letztendlich aus dessen höherem Anfangsver- mögen aufgrund einer elterlichen Zuwendung. Diese war offenbar auch Gesprächsthema gewesen. Nach Ansicht des Senats war es letztlich die anwaltliche Auf- gabe, das laienhaft formulierte Ziel des Klägers in die in rechtlicher Hinsicht korrekte Kategorie einzuordnen. Im konkreten Mandant ist das oft leichter gesagt als ge- tan, denn nicht selten treffen Mandanten gerade in Auseinandersetzungen, in denen die persönliche Bezie- hung zwischen den Beteiligten eine große Rolle spielt, auch einmal irrationale Entscheidungen. Da ist es aus haftungsrechtlicher Sicht besonders wichtig, Ratschlä- ge entgegen dem letztendlich umgesetzten Willen des Mandanten gut zu dokumentieren, um im Nachhinein eine ausreichende Belehrung nachweisen zu können. Der Senat hatte auch Verjährungsfragen zu beurteilen, die an dieser Stelle ebenfalls Erwähnung finden sollen: Zum einen weist er auf die Aufhebung des § 1378 IV BGB zum 1.1.2010 hin, wodurch die Frist sich im Einzel- fall wegen der Kenntnisabhängigkeit verlängern kann und nun auch eine Jahresendfrist ist. Für den Beginn der Regressverjährung ist ebenfalls die Kenntnis erforderlich. Auch hier ist auf die regelmäßige Verjährungsfrist abzustellen. Liegt die Pflichtverletzung im Verjährenlassen eines Anspruchs zum Jahresende, treten die objektiven Voraussetzungen, insbesondere die Entstehung des Schadens erst am 1.1. des Folgejah- res ein. Die Regressverjährung beginnt gem. § 199 I BGB frühestens mit Ablauf des 31.12. des betreffenden Jahres und endet mit Ablauf des 31.12. drei Jahre spä- ter. 2 2 So auch schon BGH, NJW 2012, 673 = BRAK-Mitt. 2012, 72 Ls. Faktisch tritt die Regressverjährung dann also erst frühestens vier Jahre nach Verjährung der ursprüng- lichen Forderung ein. (ju) FRISTEN beA: ZIP-DATEI KEIN ZULÄSSIGES DATEIFORMAT 1. § 2 I 1, 2 ERVV benennt die zulässigen Dateifor- mate abschließend, wobei insbesondere die kompri- mierte Übermittlung elektronischer Dokumente im ZIP-Dateiformat ausgeschlossen ist. Dies gilt erst recht bei nicht regelrechter Dateiendung. Die Über- mittlung in anderen Dateiformaten ist unzulässig und daher unwirksam. 2. Für die Rückwirkungsfiktion des § 130a VI 2 ZPO einer Nachreichung in einem zulässigen Dateifor- mat ist erforderlich, dass der Absender glaubhaft macht, dass das nachgereichte Dokument mit dem zuerst eingereichten inhaltlich übereinstimmt. Fehlt es an der Glaubhaftmachung, liegen die Vorausset- zungen der Rückwirkungsfiktion nicht vor. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.11.2020 – 6 UF 109/20, FamRZ 2021, 529 Auf einen Beschluss des Familiengerichts, mit dem der Antragsgegner zur Erteilung einer Auskunft verpflichtet wurde, ging dort am letzten Tag der Beschwerdefrist um 23:48 Uhr von dessen Anwalt eine Nachricht per beA ein. Diese enthielt als Anhang eine Datei mit der Be- zeichnung „Dokumente.zi_“. Ein Geschäftsstellenmitar- beiter informierte den Anwalt am nächsten Tag telefo- nisch, dass die Datei nicht zu öffnen sei. Daraufhin reichte der Anwalt am selben Tag per beA einen Be- schwerdeschriftsatz im Dateiformat PDF ein. Das OLG wies den Anwalt darauf hin, dass weder die Einlegung noch die Begründung der Beschwerde fristgerecht er- folgt sei. Hinsichtlich der Beschwerde berief der Anwalt sich auf Heilung nach § 130a VI ZPO durch unverzüg- liche Nachreichung in einer für das Gericht zur Bearbei- tung geeigneten Form. Das OLG verwarf die Beschwer- de als unzulässig. Das am letzten Tag der Frist eingereichte Dokument sei für die Bearbeitung durch das Gericht nicht geeignet gewesen. Die technischen Rahmenbedingungen seien gem. § 130a II 2 ZPO durch Rechtsverordnung geregelt worden und fänden sich in Kapitel 2 der ERVV. Nach § 2 I 1 ERVV seien die einzureichenden Dokumente in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form zu übermitteln. ERVV-konform sei- en Dokumente im Dateiformat PDF. Bildliche Darstel- lungen könnten auch im Dateiformat TIFF übermittelt werden, § 2 I 2 ERVV. Abgesehen davon, dass das ein- gereichte Dokument keine ZIP-Datei gewesen sei, sei die Übermittlung in komprimierter Form im ZIP-Format nicht zulässig und daher unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Rückwirkungsfiktion nach § 130a VI 2 ZPO seien nicht gegeben. Zwar habe der Anwalt auf den Hinweis des Gerichts unverzüglich eine Datei in einem lesbaren Dateiformat nachgereicht. Es fehle jedoch die vom Gesetz ausdrücklich geforderte Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO, dass das nachge- reichte Dokument mit dem zuerst eingereichten inhalt- lich übereinstimme. Dass sich eine Übereinstimmung vermuten lasse, genüge nicht. (hg) JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 AUFSÄTZE 244

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