BRAK-Mitteilungen 4/2020

Der Senat kann offen lassen, ob danach den Kammern allein die Befugnis zusteht gegen die Verletzung von Be- rufspflichten durch ihre Mitglieder vorzugehen (so Wey- land/ Weyland , § 73 BRAO Rn. 16). Denn auch hier han- delt es sich um eine vorbeugende Feststellungsklage, für die kein besonderes schützenswertes Interesse des Kl. besteht. Die Bekl. hat sich zu keinem Zeitpunkt be- rühmt, zur Erhebung von Unterlassungsansprüchen, wie sie in den Anträgen des Kl. angesprochen werden, berechtigt zu sein oder deren Erhebung zu beabsichti- gen. Auf das vom Kl. in Bezug genommene Schriftstück – nämlich Anlage 2 S. 7 f (Bl. 84 f. GA) – kann er sich auch in diesem Zusammenhang nicht berufen, weil es sich hierbei um einen Schriftsatz der Bekl. an den Senat v. 1.7.2015 in dem damaligen Verfahren 1 AGH 16/15 handelt. Zu jenem Zeitpunkt war der Kl. noch Mitglied der beklagten Kammer; hier ist eine wesentliche Verän- derung dadurch eingetreten, dass die Mitgliedschaft des Kl. bei der Bekl. am 2.5.2017 endete. Ein Abwarten, ob die Bekl. Unterlassungsansprüche geltend machen wird, kann dem Kl. ohne weiteres zugemutet werden. FACHANWALTSCHAFTEN BESONDERE PRAKTISCHE ERFAHRUNGEN IM TRANSPORT- UND SPEDITIONSRECHT FAO §§ 5 I lit. n, 14g * 1. Aus § 5 I lit. n i.V.m. § 14g FAO und dem Rege- lungszusammenhang dieser Satzungsnormen ist – unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit des Personenbeförderungsrechts zum Transportrecht – hinreichend ableitbar, dass die Fachanwaltsbe- zeichnung für Transport- und Speditionsrecht jeden- falls nicht mit einer überwiegenden Anzahl von Fäl- len erworben werden kann, in denen lediglich An- sprüche aus der Fluggastrechte-Verordnung und aus der Beförderung von Gepäckstücken von Flug- gästen bearbeitet wurden. * 2. Weder dem allgemeinen Sprachgebrauch noch dem Wortlaut der §§ 5 I lit. n, 14g FAO lässt sich mit der notwendigen Sicherheit ein Ausschluss des Per- sonenbeförderungsrechts entnehmen. * 3. Die Entstehungsgeschichte der Norm bietet aber Anhaltspunkte dafür, dass von den Bereichen des § 14g Nr. 2 FAO das Recht der Personenbeför- derung nicht umfasst wird. Ebenfalls auffällig ist, dass das Personenbeförderungsrecht in den Sat- zungsdokumenten an keiner Stelle auch nur andeu- tungsweise Erwähnung gefunden hat. * 4. Für das Recht des Straßentransports (§ 14g Nr. 1 FAO) und das Recht des Schienentransports (§ 14g Nr. 2 FAO) ergibt sich aus den Gesetzesmate- rialien, dass in diese Bereiche nur der Güterverkehr einbezogen werden sollte. * 5. Ein Mandant, der einen Fachanwalt für Trans- port- und Speditionsrecht aufsucht, darf berechtig- ter Weise erwarten, dass dieser sich, soweit das Transportrecht betroffen ist, in erster Linie im Be- reich des Gütertransportrechts auskennt. BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 48/19 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de ZEITRAUM FÜR FACHANWALTS-ANTRAG BEI HÄRTEFALL FAO § 5 III * 1. Der dreijährige Zeitraum, in dem ein Fachan- waltsanwärter vor seiner Antragstellung besondere praktische Erfahrungen erworben haben muss, kann sich in begründeten Ausnahmefällen um maxi- mal 36 Monate verlängern. * 2. Längerfristige schwere Erkrankungen sind nach Vorstellung der Satzungsversammlung ein typischer Fall einer besonderen Härte. BGH, Beschl. v. 28.5.2020 – AnwZ (Brfg) 10/20 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Neben Fällen einer besonderen Härte kann sich die Bearbeitungsfrist auch verlängern um Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den Mutterschutzvor- schriften sowie um Zeiten der Inanspruchnahme von Elternzeit. KEIN WIDERRUF DES FACHANWALTS- TITELS TROTZ FEHLENDER FORTBILDUNG BRAO § 43c IV; FAO §§ 15, 25 II * Ein Widerruf der Erlaubnis zum Führen einer Fach- anwaltsbezeichnung ist lediglich innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Vorstandes der Rechtsan- waltskammer von den ihn rechtfertigenden Tatsa- chen zulässig. AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 5.6.2020 – 1 AGH 43/19 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 217

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