BRAK-Mitteilungen 4/2020

AUS DEM TATBESTAND: Der Kl. begehrt die Aufhebung des Bescheides der Bekl. v. 14.11.2019, mit dem diese ihm gegenüber die Erlaub- nis zum Führen der Bezeichnung „Fachanwalt für Ar- beitsrecht“ gem. § 43c IV BRAO widerrufen hat. 1. Dem seit dem 24.9.1992 zur Rechtsanwaltschaft zu- gelassenen Kl. wurde mit Urkunde der Bekl. vom 15.12.1999 die Befugnis verliehen, die Bezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zu führen. Seit 2012 for- derte die Bekl. den Kl. wiederholt auf, nicht oder nicht vollständig erbrachte Nachweise der gem. § 15 FAO zu absolvierenden Fortbildungspflicht vorzulegen. In den Jahren zwischen 2012 bis 2018 gestattete die Bekl. dem Kl., die Fortbildung für das Vorjahr auch im nach- folgenden Jahr nachzuholen. Auf diese Weise wurde das „Fortbildungskonto“ des Kl. geführt und Fortbil- dungsstunden des laufenden Jahres teilweise auf das Vorjahr „verbucht“. Zuletzt mit Schreiben v. 3.6.2019 wurde der Kl. unter Hinweis auf nicht nachgewiesene Fortbildungsstunden für die Jahre 2016 (2,5 Stunden), 2017 (9,5 Stunden) und 2018 (5 Stunden) zu dem von der Bekl. beabsichtigten Verfahren zum Widerruf Fach- anwaltsbezeichnung angehört und zu einer Stellung- nahme bis zum 28.6.2019 aufgefordert. Diesem Schrei- ben war die „Übersicht Fortbildungskonto RA S“ beige- fügt, die die seit 2008 absolvierten Fortbildungsstun- den bzw. Defizite dokumentiert. Daraus ergaben sich Fehlzeiten in den Jahren 2008 (9,5 Stunden), 2011 (3,5 Stunden), 2013 (7 Stunden), 2016 (3,5 Stunden), 2017 (10,5 Stunden) und 2018 (5 Stunden). 2. Mit Schreiben der Bekl. v. 5.6.2019 aufgrund eines Telefonats am gleichen Tag wurde der Kl. aufgefordert, bis zum 14.6.2019 eine Aufstellung der Seminare vor- zulegen, die er zu besuchen beabsichtige. Diese Aufstel- lung müsse nicht nur die „in den vergangenen Jahren verpassten Fortbildungsveranstaltungen“ umfassen, sondern auch den Fortbildungsnachweis für 2019 er- möglichen, insgesamt seien also 33 Zeitstunden im Jahr 2019 nachzuweisen. Mit E-Mail-Schreiben v. 13.6.2019 teilte der Kl. der Bekl. mit, dass er drei Veran- staltungen mit insgesamt 15 Zeitstunden besuchen werde und forderte die Bekl. auf, die Forderung, auch die Nachweise für 2019 zu führen, zu überdenken. 3. Mit Bescheid v. 14.11.2019 widerrief die Bekl. gegen- über dem Kl. die Erlaubnis zum Führen der Fachan- waltsbezeichnung. Begründet wird dies mit dem Fortbil- dungsdefizit für die Jahre 2011, 2013, 2016, 2017 und 2018 mit insgesamt 29,5 Stunden. Gegen diesen, dem Kl. am 16.11.2019 zugegangenen Bescheid richtet sich die am 13.12.2019 erhobene Klage. Zur Begründung seiner Klage trägt der Kl. im Wesentlichen folgendes vor: Defizite bei der Fortbildung rührten aus der Betreuung der demenzkranken Mutter des Kl. und der nachfolgen- den Nachlassabwicklung. Der Kl. habe sich nach der ersten Anhörung der Bekl. v. 13.6.2018 mit deren Hauptgeschäftsführer in Verbindung gesetzt und mit ihm über die Deckung des Nachweisdefizits gespro- chen. Für 2018 sei ein Defizit von zwölf Zeitstunden nachzuholen (vgl. Schreiben der Bekl. v. 3.7.2018). Mit E-Mail-Schreiben v. 4.7.2018 teilte der Kl. der Bekl. mit, er werde in 2018 noch drei Fortbildungsveranstaltun- gen besuchen. Im weiteren Verlauf werden vom Kl. aus- weislich der BA für 2018 Teilnahmebescheinigungen für folgende Veranstaltungen eingereicht: – DAI „Straftaten am Arbeitsplatz“, 30.8.2018 (5 Zeit- stunden) – Deutscher Arbeitsgerichtsverband, 14.11.2018 (3 Zeit- stunden) – DAI „Aktuelles Arbeitsrecht“, 11.10.2018 (5 Zeitstun- den) Mit E-Mail-Schreiben v. 18.12.2018 teilte die Bekl. dem Kl. mit, dass vier Zeitstunden auf das Jahr 2017 und eine auf das Jahr 2018 „verbucht“ worden seien. Für 2018 seien demnach noch 14 Zeitstunden zu erbringen. Der Kl. habe mit der Bekl. in Korrespondenz (13.- 14.6.2019) über die Ableistung weiterer Fortbildungs- stunden gestanden und sei davon ausgegangen, dass dies akzeptiert werde. Er gehe davon aus, dass für 2018 ein Defizit von zwölf Stunden bestehe und ver- weist insoweit auf ein Schreiben der Bekl. v. 3.7.2019 (tatsächlich handelt es sich um das o.g. v. 3.7.2018) und für 2019 von 15 Stunden, insgesamt also 27 Zeit- stunden. Den Nachweis für diese Fortbildungen habe er mit Formblatt erbracht. Auf diesem Formblatt werden sechs Veranstaltungen mit insgesamt 27 Stunden auf- geführt, Teilnahmebescheinigungen waren nicht beige- fügt. Der Kl. habe sofort Kontakt zum Bekl. aufgenommen und ihn nach Erlass des Widerrufsbescheids in Hinblick auf die nachgewiesenen Fortbildungsstunden um des- sen Aufhebung gebeten, was aber mit Schreiben v. 20.1.2020 (Bl. 44) abgelehnt wurde. In diesem Schrei- ben werde abweichend von der bisherigen Praxis auf die Jahre 2011 bis 2018 abgestellt, aus der insgesamt ein Defizit von 29,5 Zeitstunden resultiere. Zwar seien im Jahre 2019 27 Stunden nachgewiesen worden, ziehe man die 15 Pflicht-Zeitstunden für 2019 ab verblieben 12 Stunden, die das Defizit i.H.v. 29,5 Zeitstunden nicht ausglichen. Er sei seiner Fortbildungspflicht nachge- kommen, dies sei bei der Entscheidung über den Wider- rufsbescheid zu berücksichtigen, der sich im Übrigen er- messensfehlerhaft erweise. Die Entschuldigungsgründe des Kl. seien ebenso zu berücksichtigen wie die „Gering- fügigkeit“ angesichts von 20 Jahren berechtigten Füh- rens der Fachanwaltsbezeichnung. Außerdem sei der Nachweis der von der Bekl. erbrachten 27 Fortbildungs- stunden für 2018 und 2019 – zwar nach Erlass des Wi- derrufsbescheides – aber in der mündlichen Verhand- lung – zu berücksichtigen. Die Kl. beantragt, den Widerrufsbescheid des Bekl. v. 14.11.2019 aufzuheben. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Die Bekl. trägt vor, eine Verrechnung von Fortbildungs- stunden habe nicht stattgefunden und übereicht zum BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 218

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