BRAK-Mitteilungen 4/2020

DIE BRAK IN BRÜSSEL RECHTSANWÄLTINNEN FRANZISKA LÄSSLE, MAˆı TRISE EN DROIT, UND ASTRID GAMISCH, LL.M., UND RAFAEL WEISKE, BRAK, BRÜSSEL Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf europäischer Ebene im Mai und Juni 2020. GELDWÄSCHEBEKÄMPFUNG AUF EU-EBENE Die Europäische Kommission hat am 7.5.2020 einen Aktionsplan zur Geldwäschebekämpfung, begleitet von einer Konsultation sowie einem Vorschlag für einen delegierten Rechtsakt über Hochrisiko-Drittstaa- ten und ein Dokument über die hierfür gewählte Me- thodologie veröffentlicht. Der Aktionsplan enthält Maßnahmen auf sechs Stufen, neben der effektiven Umsetzung der bestehenden Regeln, der Stärkung der FIUs, der strafrechtlichen Geldwäschebekämpfung und der globalen Rolle der EU auf diesem Gebiet, soll es ein einheitliches EU-Regelwerk und eine Aufsichtsbe- hörde auf EU-Ebene geben. Aufgezeichnet werden je- weils unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten, die in der begleitenden Konsultation durch Interessen- träger bis zum 29.7.2020 bewertet werden sollen. Eini- ge der vorgeschlagenen Optionen stellen potenziell schwerwiegende Eingriffe in die Selbstverwaltung und ferner in die anwaltliche Vertraulichkeit dar. So schlägt der Aktionsplan hinsichtlich der geplanten EU-Auf- sichtsbehörde vor, dass diese die unmittelbare Aufsicht – alleine oder gemeinsam mit den nationalen Stellen – jedenfalls über einige verpflichtete Einheiten oder be- stimmte Arten von Tätigkeiten innehaben soll. Die BRAK wird sich an der Konsultation beteiligen und be- reitet eine Stellungnahme vor. Im Mai 2020 wurde eine Studie des Europäischen Par- laments über die Geldwäschebekämpfung veröffent- licht. In einer Analyse der AML-Gesetzgebung der Mit- gliedstaaten identifiziert sie Spannungen zwischen den AML-Regelungen zu Meldepflichten und Grundrechten wie dem Recht auf ein faires Verfahren: Dadurch könn- te das Recht auf anwaltlichen Beistand, verankert in der EMRK und der EU-Grundrechtecharta, untergraben und ein Ungleichgewicht zwischen den Interessen der Straf- verfolgung und den Verteidigungsrechten zu Lasten letzterer geschaffen werden. VERBANDSKLAGEN – EINIGUNG IM TRILOG Der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats billigte am 30.6.2020 eine mit dem Europäischen Parlament erzielte vorläufige Einigung hinsichtlich des Richtlinien- vorschlags über EU-weite Vorschriften zum Schutz von Kollektivinteressen von Verbrauchern (Kompromisstext). Am 7.7.2020 wurde der Kompromisstext im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Eu- ropäischen Parlaments diskutiert und einstimmig ange- nommen. Das Europäische Parlament muss nun noch über den Kompromisstext im Plenum abstimmen, bevor er veröffentlicht werden kann und in Kraft tritt. Anders als von der Europäischen Kommission und dem Rat bisher befürwortet, sieht der Kompromisstext in Art. 2 I vor, dass die künftige Richtlinie sowohl auf inner- staatliche („domestic representative actions“) als auch auf grenzüberschreitende Verbandsklagen („cross-bor- der representative actions“) anwendbar ist. Aus Art. 2 I i.V.m. Annex 1 des Richtlinienentwurfs ergibt sich ferner, dass der Anwendungsbereich neben dem allgemeinen Verbraucherrecht auch Verstöße gegen den Daten- schutz, Finanzdienstleistungen, Reisen, Tourismus, Ener- gie, Telekommunikation, Umwelt und Gesundheit sowie Rechte von Flug- und Bahnreisenden umfasst. Verbrau- cher können künftig im Rahmen einer Verbandsklage von sogenannten „qualifizierten Einrichtungen“ vertre- ten werden. Rat und Parlament haben sich nun dahin- gehend geeinigt, dass die Mitgliedstaaten die Voraus- setzungen festlegen, welche eine Verbraucherorganisa- tion erfüllen muss, um als „qualifizierte Einrichtung“ für inländische Verbandsklagen anerkannt zu werden (Er- wägungsgrund 11a und Art. 4 II). NEUE VERBRAUCHERAGENDA DER KOMMISSION Die Europäische Kommission veröffentlichte im Juni Konsultationen zu ihrem Fahrplan (bis 11.8.2020) sowie zu einer neuen Verbraucheragenda. Interessenträger können sich bis zum 6.10.2020 an der Verbraucher- agenda beteiligen. Hintergrund für die Konsultationen ist, dass die laufen- de Verbraucheragenda aus dem Jahr 2012 Ende des Jahres ausläuft und nun erneuert werden soll. Durch die Konsultationen sollen die wichtigsten verbraucher- politischen Schwerpunkte der nächsten Jahre ermittelt werden. Konkret sollen Verbrauchertrends sowie Aus- wirkungen der Corona-Pandemie auf den Verbraucher- schutz analysiert werden. Die Kommission beabsichtigt, auf Basis der Ergebnisse der Konsultationen vier ver- braucherpolitische Initiativen auf den Weg zu bringen: (1) Eine Mitteilung der Kommission über eine neue Eu- ropäische Verbraucheragenda, (2) einen Legislativvor- schlag zur Stärkung der Position der Verbraucher im Zu- ge des ökologischen Wandels, (3) die Überarbeitung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (RL 2008/38/EG) und (4) die Überarbeitung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit (RL 2001/95/ EG). Im Rahmen der öffentlichen Konsultation haben In- teressenträger die Gelegenheit, zu den vier Bereichen Stellung zu nehmen. Der Schwerpunkt des Fahrplans liegt neben der Stärkung der Verbraucherrechte auf der effektiven Durchsetzung dieser sowie auf der internatio- nalen Kooperation. AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 205

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