BRAK-Mitteilungen 1/2024

eines zur Vorbereitung einer solchen Tätigkeit geschlossenen Beratungs- und Coachingvertrags als gegeben ansah. Dem ist – auch im konkreten Fall – zuzustimmen, wenn und weil sich ein nicht mehr dem Privatbereich zuzurechnendes Risiko verwirklicht hat, das in einem adäquaten, zumindest mittelbaren Zusammenhang mit einer geplanten, sich bereits durch äußerlich erkennbare Maßnahmen hinreichend verfestigten künftigen selbstständigen Tätigkeit verwirklicht hat. II. INHALT DER VERSICHERUNG 1. AUSSCHLUSSKLAUSELN a) AUSSCHLUSSKLAUSEL BETREFFEND BERGBAUSCHÄDEN IM GRUNDSTÜCKS-RECHTSSCHUTZ Ein Versicherungsnehmer, der an seinem Wohnhaus in erheblichem Umfang Risse in den Wänden festgestellt hatte, begehrte Kostendeckung für ein selbstständiges Beweisverfahren gegen ein in der Nähe des Grundstücks Torf abbauendes Unternehmen mit dem Ziel, Ursache und Umfang der Schäden sowie den Schadenbeseitigungsaufwand feststellen zu lassen. Das OLG Oldenburg15 15 Vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 20.5.2021, VersR 2023, 634 f. bejahte ein Eingreifen des Ausschlusses. Es stellte im Rahmen der Prüfung, was ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer unter dem Begriff Bergbauschäden verstehe zunächst fest, dass dieser in der Rechtssprache keinen fest umrissenen Inhalt habe. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sei darunter, auch wenn historisch-etymologisch mit Bergbau insb. der Abbau von Kohle und Erzen verbunden werde, die industrielle Gewinnung nutzbarer Bodenschätze ohne Differenzierung nach Art des zu bergenden Bodenschatzes oder dem Abbauort (nicht etwa nur aus großer Tiefe) zu verstehen. Für diese Auslegung spreche auch der erkennbare wirtschaftliche Zweck des Risikoausschlusses, nämlich der gehäuften Gefahr des Eintritts gravierender Schäden an Gebäuden in einer begrenzten Region z.B. durch Beeinflussung des Grundwasserspiegels, mit der Gefahr von Rechtsstreiten mit hohen Gegenstandswerten und erheblichen Sachverständigenkosten aus der Deckung zu nehmen. b) AUSSCHLUSSKLAUSEL „BAURISIKO“ Ein Beschluss des LG Nürnberg-Fürth16 16 Vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 24.10.2023 – 8 S 2106/23. verdeutlicht plastisch, dass der sich sowohl in den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) verschiedener Fassungen17 17 Vgl. hierzu etwa Lensing, in Höra/Schubach, Münchener AnwHdb VersR, 5. Aufl. 2022, § 27 Rn. 411 ff. („unendliche Geschichte“); Obarowski, in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR-Hdb, 3. Aufl. 2015, § 37 Rn. 288 oder Harbauer/Maier, §3 ARB 2010 Rn 35 f. jew. m.Hinw. zur inhaltlich-historischen Entwicklung der GDVMuster-ARB. als auch in Gesellschafts-AGB regelmäßig und in unterschiedlicher Formulierung findende Ausschluss von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Planung, Errichtung, Erwerb oder Veräußerung von selbst oder nicht selbst bewohnten Immobilien häufig völlig zu Unrecht verkürzt mit dem Begriff „Baurisikoausschluss“ charakterisiert wird – und jeweils genauer Prüfung des konkret Vereinbarten (ggf. auch mit Blick auf einen ergänzenden, ebenfalls sich in stetigem Wandel befindenden Ausschluss des Kapitalanlagerisikos) zu unterziehen ist. Schließen die AVB wie im Fall des LG Nürnberg-Fürth – und insoweit gleichlautend auch etwa in § 3 lit. d aa ARB 2010 – etwa Rechtsschutz im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung einer von einem Versicherten nicht selbst zu Wohnzwecken genutzten Immobilie aus, ist insoweit ein wie auch immer gearteter Zusammenhang mit einem „Baurisiko“ klar erkennbar gerade nicht erforderlich und sind deshalb Streitigkeiten mit einem Makler über behauptete Maklervergütung für eine tatsächlich erfolgte Veräußerung nicht gedeckt. 2. KOSTENSCHULDNERSCHAFT FÜR UND ANFORDERUNGEN AN EINEN STICHENTSCHEID Wiederum war Gegenstand mehrerer Entscheidungen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherer die Kosten für einen vom Anwalt seines Versicherten erstellten Stichentscheid zu übernehmen hat. Entspricht der Stichentscheid formal oder inhaltlich nicht den Anforderungen an einen solchen, soll keine Kostenübernahmepflicht bestehen.18 18 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 8.3.2023 – I-20 U 110/22, beck-online Rn. 51; Urt. v. 5.5. 2023 – I-20 U 144/22, beck-online Rn. 62; Urt. v. 20.09.2023 – 20 U 240/22, beck-online Rn. 67 ff.; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.2023 – 8 U 3296/22, beckonline Rn. 30 f. Zu a.A. in der Rechtsprechung vgl. Völker, BRAK-Mitt. 2023, 18 (22) m.w.N. Ob der formal und inhaltlich den Anforderungen an einen solchen entsprechende Stichentscheid dagegen verbindlich oder wegen offenbarer Abweichung von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage unverbindlich ist, hat auf die Kostentragungspflicht des Versicherers keinen Einfluss.19 19 Vgl. LG Berlin, Urt. v. 10.2.2022 – 4 O 155/21, beck-online Rn. 31; Urt. v. 3.7.2023 – 23 O 61/23, beck-online Rn. 26; Urt. v. 21.7.2023 – 4 O 47/23, beck-online Rn. 11 und LG Landshut, Urt. v. 5.1.2022 – 75 O 2191/21, beck-online Rn. 24. A.A. LG Düsseldorf, Urt. v. 24.2.2023 – 9a O 122/22, beck-online Rn. 36. Zu den Anforderungen an einen solchen in Diesel-Fällen äußerten sich im Berichtszeitraum wiederum zahlreiche Gerichte.20 20 Vgl. jeweils die vom Versicherer stets bestrittenen Voraussetzungen bejahend LG Chemnitz, Urt. v. 27.1.2023 – 5 O 785/22, beck-online Rn. 19 ff.; LG Heilbronn, Urt. v. 13.4.2023 – II 4 O 282/22, beck-online Rn. 19 f.; LG Mannheim, Urt. v. 19.9. 2023 – 11 O 223/22, beck-online Rn. 47 ff.; AG Berlin-Lichtenberg, Urt. v. 25.7. 2023 – 6 C 59/23, beck-online Rn. 21.; AG Limburg, Urt. v. 11.9.2023 – 4 C 283/ 23, beck-online Rn. 23 ff. Lässt der Versicherungsnehmer, nachdem ihn der Versicherer nach Deckungsablehnung wegen nicht hinreichender Erfolgsaussicht auf die in den Bedingungen vereinbarte Möglichkeit eines Schiedsgutachterverfahrens verwiesen hat, kein Schiedsgutachten, sondern einen Stichentscheid anfertigen, besteht – unabhängig von der danach erklärten Deckungszusage in der Hauptsache, keine Pflicht zur Übernahme der Kosten des Stichentscheids.21 21 So zu Recht LG Hamburg, Urt. v. 27.10.2023 – 337 O 195/23, beck-online Rn. 22. BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 AUFSÄTZE 30

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