BRAK-Mitteilungen 6/2023

Durch den Gesellschaftsvertrag der ... ist in § 6 V gewährleistet, dass der Geschäftsführer bzw. der Leiter der ... Stelle fachlich weisungsunabhängig ist. Der BGH hat die umstrittene Frage, ob eine organschaftliche Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesellschaft i.S.d. § 46 II BRAO als Tätigkeit im Rahmen eines „Arbeitsverhältnisses“ angesehen werden kann zwar in seiner jüngsten Entscheidung (Urt. v. 24.10.2022 – AnwZ (Brfg) 33/21; vgl. auch: Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20) offengelassen. Die Frage dürfte aber grundsätzlich zu bejahen sein, da „Arbeitsverhältnis” auchbei Geschäftsführern der Gesetzgeber mit der Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis nur eine Klarstellung der uneingeschränkten Anwendbarkeit zivil- und arbeitsrechtlicher Haftungsregeln bezweckt hat und es für den Schutzzweck des § 46 BRAO (Wahrung der fachlichen Unabhängigkeit) nicht relevant ist, wie das der Tätigkeit zugrunde liegende Beschäftigungsverhältnis nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben zu qualifizieren ist (vgl. Grunewald, NJW2021, 3696). Entsprechend der vom BGH im Urt. v. 24.10. 2022 zuletzt gewählten Formulierung dürfte es dem Wortlaut her auch nicht ausgeschlossen sein, ein Geschäftsführerdienstverhältnis – ggf. auch abweichend von seiner zivilrechtlichen Einordnung – als „ein Arbeitsverhältnis i.S.d. § 46 II BRAO zu qualifizieren. Das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen erfüllt auch die in § 46 III Nr. 1–4 BRAO aufgeführten Merkmale. Die Beigeladene hat in ihrer Tätigkeitsbeschreibung aufgeführt, dass sie alle von den antragstellenden ... aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit ihrem Antrag unabhängig analysiert und juristisch prüft. Sie hat dargestellt, dass sie eigenständig Rechtsrat i.S.d. § 46 III Nr. 2 BRAO erteilt und hier in zahlreichen Rechtsgebieten (Sozialrecht, Baurecht, Vergaberecht u.Ä.) tätig ist. Soweit die Kl. darauf verweist, dass ein Geschäftsführer sich nicht selbst Rechtsrat erteilen könne, überzeugt die Argumentation schon deshalb nicht, weil sich die beratende Funktion der Beigeladenen nicht auf die ... GmbH beschränkt, sondern sich der Rechtsrat im Wesentlichen darauf bezieht, ob ein Unternehmen so qualifiziert wird, dass es bei der ... der rechtlichen Überprüfung standhält. Für die Erteilung von Rechtsrat genügt im Zusammenhang mit § 46 III BRAO auch eine rechtliche Beratungstätigkeit, die in Angelegenheiten des Arbeitgebers gegenüber anderen für den Arbeitgeber tätigen Personen entfaltet wird. Die Beigeladene hat in ihrer Tätigkeitsbeschreibung auch dargelegt, dass sie die Voraussetzung des § 46 III Nr. 3 BRAO erfüllt, nämlich Rechtsverhältnisse gestaltet, selbstständige Verhandlungen führt und auf die Verwirklichung von Rechten hinwirkt. Hierzu ist sie hauptsächlich auf den Rechtsgebieten des ... sowie der ... tätig. Diese Tätigkeit wird ebenfalls in § 11 des Arbeitsvertrages festgeschrieben. Durch die Tätigkeitsbeschreibung und den Nachtrag im Schriftsatz v. 15.2.2021 hat die Beigeladene auch dargelegt, dass sie die Befugnis hat, nach außen verantwortlich aufzutreten und über fachliche Entscheidungsfreiheit verfügt, insb. keine Dritten, hier die antragstellenden ... berät und deren Mitarbeiter schult. Damit erfüllt die Beigeladene auch die Voraussetzung des § 46 II BRAO. Demgemäß ist davon auszugehen, dass das Arbeitsfeld der Beigeladenen durch die in der Tätigkeitsbeschreibung genannten Tätigkeiten und Merkmale beherrscht wird, also ganz eindeutig Schwerpunkt der im Rahmen des Anstellungsverhältnisses ausgeübten Tätigkeit im anwaltlichen Bereich liegt. Die Beigeladene hat in ihrer Anhörung in der mündeindeutiger Schwerpunkt im anwaltlichen Bereich lichen Verhandlung v. 6.2. 2023 dazu vorgetragen, das ihre administrative Tätigkeit als Geschäftsführerin lediglich 20 % ihrer Arbeitszeit ausmache und die tatsächliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Präqualifizierung etwa 80 % ihrer Arbeitszeit ausmacht. HINWEISE DER REDAKTION: Der BGH hat die umstrittene Frage, ob eine organschaftliche Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesellschaft i.S.d. § 46 II BRAO als Tätigkeit im Rahmen eines „Arbeitsverhältnisses“ angesehen werden kann, bislang stets offengelassen. Der Bayerische AGH (Urt. v. 9.5.2023 – BayAGH III-4-19/21, BRAKMitt. 2023, 260) hat diese Frage jüngst verneint. Neben dem Wortlaut spreche auch die Entstehungsgeschichte der Norm dagegen, das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis i.S.d. § 46 II BRAO anzusehen. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses in dieser Vorschrift könne nicht im Sinne eines Oberbegriffes verstanden werden, der auch das Dienstverhältnis umfasst. Nun hat der BGH die Möglichkeit, diese Frage höchstrichterlich zu klären. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 411

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