BRAK-Mitteilungen 6/2023

a) NEUFASSUNG DER FAO In ihrer dritten Sitzung am 29./30.4.2022 hatte die 7. Satzungsversammlung bereits beschlossen, einen fachübergreifenden Ausschuss zur Modernisierung der Berufsordnung einzurichten, der u.a. prüfen sollte, ob und nach welchen Grundsätzen die Formulierungen der BORA und FAO zur Vermeidung sprachlicher Diskriminierung zu überabreiten sind. Der Ausschuss gelangte zu dem Schluss, dass nach Maßgabe von Art. 3 II und III GG, dem Bundesgleichstellungsgesetz und dem Handbuch der Rechtsförmlichkeit die Verpflichtung bestehe, eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Dabei sah sich der Ausschuss jedoch unter Berücksichtigung der Satzungskompetenz der Satzungsversammlung gehindert, andere als die in § 12 IV und § 46a IV Nr. 3 BRAO vorgegebenen Berufsbezeichnungen „Rechtsanwältin“ und „Rechtsanwalt“ zu verwenden. Auch war die Verwendung von Sonderzeichen wie Gendersternchen etc. ausgeschlossen. Im Ergebnis legte der Ausschuss einen Antrag zur Neufassung des FAO vor, der diese nunmehr als „Fachanwältin- und Fachanwaltsordnung“ bezeichnet. Im gesamten Normentext ist nunmehr stets der Begriff der „Fachanwältin“ dem Begriff „Fachanwalt“ hinzugesetzt, so dass sich stets das Begriffspaar „Fachanwältin oder Fachanwalt“ bildet. Auch alle übrigen personenbezogenen Bezeichnungen wurden einer Anpassung unterzogen, indem jeweils die weibliche Form einer Personenbezeichnung hinzugesetzt wurde oder eine neutrale Bezeichnung wie Vorsitz, Stellvertretung oder Schriftführung verwendet wird. Die geschlechtergerecht formulierte Neufassung der FAO ist zum 1.6.2023 in Kraft getreten.2 2 S. Nachr. aus Berlin 11/2023 v. 31.5.2023. b) ÄNDERUNG VON § 4a I FAO Nach § 4a I FAO muss sich die Antragstellerin oder der Antragsteller mindestens drei schriftlichen Leistungskontrollen (Aufsichtsarbeiten) zur Erlangung der besonderen theoretischen Voraussetzungen der Fachanwaltschaft unterziehen. Bereits bei Schaffung dieser Norm war der Satzungsgeber davon ausgegangen, dass diese Leistungskontrollen in Präsenzform zu erbringen waren, da andernfalls eine Aufsicht bei der Klausurfertigung ausgeschlossen sei. Im Zuge eines Rechtstreits mit der Rechtsanwaltskammer Freiburg hat das VG Freiburg diese Auffassung mit Urteil v. 15.2.20223 3 VG Freiburg, Urt. v. 15.2.2022 – 8 K 183/21, BRAK-Mitt. 2022, 156. bestätigt und ausgeführt, dass eine Aufsichtsarbeit „ihrem herkömmlichen Wortsinn nach von der physischen Anwesenheit einer Aufsichtsperson geprägt“ sei. Online-Klausuren unter Videoaufsicht lasse der Normtext nicht zu. Eine Rechtsanalogie sei ausgeschlossen. Das VG verwies allerdings darauf, dass die ursprüngliche Regelung des § 4a I FAO „regelungsarm“wäre. Die Satzungsversammlung sah sich zur Klarstellung der Vorschrift veranlasst, in den Normtext die Worte „in Präsenzform“ einzufügen. Zugleich bringt die Satzungsversammlung damit klar zum Ausdruck, dass eine Öffnung der Leistungskontrollen im Hinblick auf OnlineKlausuren nicht erfolgen soll, da die Aufsichtsarbeiten die einzig vorhandene Qualitätskontrolle der Qualifikationsvoraussetzungen zur Erlangung des Fachanwaltstitels darstellten und die Gefahr der Täuschung und des Missbrauchs bei nicht in Präsenz gefertigten Arbeiten unangemessen hoch sei. c) ÄNDERUNGEN VON § 18 LIT. f FAO § 18 FAO enthält Regelungen für gemeinsame Fachanwaltsausschüsse von Rechtsanwaltskammern. Auf Anregung des Ausschusses 1 beschloss die Satzungsversammlung eine redaktionelle Korrektur der bisherigen Vorschrift des § 18 lit. f FAO, wonach diese sachgerecht auf § 103 VI und nicht auf § 103 IV BRAO verweisen muss. Ferner wurde klargestellt, dass bei einer von § 103 VI BRAO abweichenden – also höheren oder niedrigeren – Entschädigung der Ausschussmitglieder, derartige Bestimmungen in der Vereinbarung für gemeinsame Ausschüsse mehrerer Rechtsanwaltskammern zu regeln sind. d) ÄNDERUNGEN VON § 20 Nr. 3 FAO In § 20 FAO sind Gründe geregelt, aus denen ein Mitglied vorzeitig aus dem Fachanwaltsausschuss einer Rechtsanwaltskammer ausscheiden muss. Auf Anregung des Ausschusses 1 passte die Satzungsversammlung die Vorschrift des § 20 Nr. 3 FAO wegen der am 1.8.2022 in Kraft getretenen Neufassung des § 66 BRAO aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe v. 7.7.2021 an. Ursprünglich verwies die Vorschrift auf § 66 I Nr. 2 und 3 BRAO. Nunmehr verweist sie nach der BRAO-Reform auf § 66 I Nr. 3–5 BRAO. Die Änderung ist im wesentlichen redaktioneller Natur. e) ÄNDERUNGEN VON § 4 II FAO Die Bestimmung des § 4 II FAO regelt die Fortbildungspflicht in Art und Umfang des § 15 FAO, wenn der Antrag auf Verleihung der Fachanwaltschaft nicht in dem Kalenderjahr gestellt wurde, in dem der Lehrgang begonnen hat. Wird die Fortbildung i.S.d. § 15 FAO bei Antragstellung nicht vollständig nachgewiesen, so war nach der ursprünglichen Satzungsregelung der Antrag auf Verleihung einer Fachanwaltschaft zwingend zurückzuweisen. In der Folge waren Lehrgangsteile oder der gesamte Lehrgang nicht mehr zu berücksichtigen. Die Fachanwaltsbewerberin oder die Fachanwaltsbewerber mussten einen neuen Fachanwaltslehrgang absolvieren, um den Anforderungen von § 4 II FAO entsprechen zu können. Eine Nachholungsmöglichkeit war nicht vorgesehen. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 375

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