BRAK-Mitteilungen 6/2023

die erforderlichen Instrumente, um Verstöße gegen das Berufsrecht zu ahnden. Allerdings muss sich die Praktikabilität der Verfahren noch beweisen – bisher fehlt es für eine Beurteilung an einer hinreichenden Zahl von Verfahren. IV. AUSWIRKUNGEN AUF „DRITTE“ Die BRAO-Reform und die Änderungen hinsichtlich der BAGen sind natürlich unter den betreffenden Berufsträgern und den Rechtsanwaltskammern bekannt. Die „neuen“ BAGen haben jedoch auch Auswirkungen auf „Dritte“, namentlich z.B. Mandanten, Versicherungen und Behörden sowie Gerichte. 1. MANDANTEN Mandanten haben nunmehr BAGen als Mandatsträger mit den Rechten und Pflichten eines Rechtsanwalts. Für die Einhaltung der berufsrechtlichen Pflichten innerhalb des einzelnen Mandats haften erstmals gesetzlich die BAGen unabhängig ihrer Rechtsform,26 26 Kilian, NJW 2021, 2385. der handelnde Rechtsanwalt sowie die Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane der Gesellschaft. Für den Mandanten erweitert sich damit der Kreis der Verantwortlichen für das Mandat. Berufsrechtliche Sanktionen sind fortan auch gegen die Gesellschaft selbst sowie deren Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane möglich.27 27 Hierzu näher eingehend unter III.1.a). Sie werden zum Subjekt berufsrechtlicher Ahndung.28 28 So ausdrücklich BT-Drs. 19/27670, 184. Der Vorteil der Erweiterung der für das Mandat verantwortlichen Personen kann aus Sicht des Mandanten gleichsam als Nachteil empfunden werden. Die Berufsausübungsgesellschaft als Mandatsträger bedeutet indes auch, dass der Mandant sich ggf. damit abfinden muss, dass die BAG im Innenverhältnis (und damit nicht der Mandant) entscheidet, welchen ihrer Berufsträger sie mit dem Mandat betraut und der Mandant ggf. auch wechselnde anwaltliche Ansprechpartner innerhalb desselben Mandats hat. Diese Problematik ist nicht neu und war auch vor der BRAO-Reform bereits hinsichtlich etwa an eine RA-GmbH oder eine PartmbB erteilte Mandate Gegenstand entsprechender Anfragen oder Eingaben bei den Rechtsanwaltskammern von Mandanten. Die BAG kann (vorbehaltlich einer ausdrücklichen Vereinbarung) entscheiden, welcher ihrer anwaltlichen Berufsträger das Mandat bearbeitet. Dem Mandanten sollte also bewusst sein, dass er im Falle der Mandatserteilung an eine BAG die freie Anwaltswahl dadurch ausübt, dass er ggf. eine Vielzahl von Berufsträgern beauftragt, sein Mandat zu führen, ggf. Sachbearbeiterwechsel durchlaufen wird und vielleicht ein ganz anderer Rechtsanwalt zum Gerichtstermin erscheint, als der, mit dem der Mandant das Erstberatungsgespräch durchgeführt hat. Obgleich eine BAG mandatsorientiert versuchen wird, zum Einen etwaigen Wünschen des Mandanten nach einem bestimmten Berufsträger entgegenzukommen und auch im Interesse des Mandatserfolges auf einen ständigen Sachbearbeiterwechsel verzichten wird, dürften die Vorteile der Erweiterung des Kreises der verantwortlichen Personen in einer BAG überwiegen. Die BAG wird sich nicht (so leicht) für Verzögerungen im Mandat exkulpieren können, wie der einzeln beauftragte Rechtsanwalt im Krankheitsfall oder hinsichtlich von Verlegungsanträgen aufgrund von etwaigen Terminkollisionen. Entscheidender Vorteil für den Mandanten wird nach der Intention des Gesetzgebers sein, dass mehr als nur der handelnde Rechtsanwalt für etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Regelungen haftet, vielmehr noch geht nach dem Gesetz für die BAG und die Geschäftsführungs- und Leitungsorgane auch eine Pflicht zur berufsrechtlichen Compliance einher;29 29 Schwerdtfeger, NZG 2022, 681; Schwerdtfeger/Solka, NZG 2023, 302. die Gesellschaft hat durch ihre Geschäftsführungsorgane mittels geeigneter Maßnahmen sicherzustellen, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt und abgestellt werden, § 59e II 1 BRAO. 2. VERSICHERER Als Partner des Mandatsvertrages sind die BAGen nunmehr auch Adressat der Versicherungspflicht. Sie sind gem. § 59n BRAO verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung mit der in § 59o BRAO festgelegten Mindestversicherungssumme zu unterhalten.30 30 Einzelheiten bei Zimmermann/Hartung, NJW 2022,1792; Zimmermann/Dörne, AnwBl Online 2022, 319. Während bisher nur bestimmte Gesellschaftsformen zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet waren, erstreckt sich die Versicherungspflicht nunmehr auf alle BAGen unabhängig von ihrer Rechtsform und unabhängig davon, ob es sich um eine zulassungspflichtige BAG handelt, oder einer solchen, die keiner Zulassung bedarf.31 31 Zur Neuregelung der Versicherungspflichten bereits Kilian, AnwBl 2021, 228; Dahns, NJW-Spezial 2021, 254; Wiedemann, AnwBl 2022, 354; Riechert, AnwBl 2022, 204; Diller, AnwBl 2021, 474; Kilian, AnwBl 2023, 38. Die Versicherungspflicht für BAGen tritt neben die Versicherungspflicht, insb. für Rechtsanwälte, Patentanwälte und Steuerberater als natürliche Personen. Die Ausgestaltung der Versicherungspflicht in Bezug auf Versicherungssumme und Jahreshöchstleistung ist jetzt abhängig von der Gesellschaftsform, in der die Kanzlei organisiert ist. a) GESELLSCHAFTEN MIT HAFTUNGSBESCHRÄNKUNG Gesellschaften mit rechtsformbedingter Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (z.B. GmbH, AG, PartGmbB) waren bereits vor der BRAO-ReAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 367

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