BRAK-Mitteilungen 6/2023

und Vertreter der BAG als Kammermitglied. Bei den ersten Kammerversammlungen nach neuem Recht haben die BAGen jedoch von ihren Rechten kaum Gebrauch gemacht. Eine BAG ist nicht passiv wahlberechtigt, kann als solche also nicht etwa in den Vorstand der Rechtsanwaltskammer gewählt werden; zwar sind alle Kammermitglieder nach § 65 S. 1 Nr. 1 BRAO passiv wahlberechtigt, jedoch nach § 65 S. 1 Nr. 2 BRAO nur dann, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ohne Unterbrechung den Beruf des Rechtsanwalts ausüben. Dies trifft nicht auf eine BAG zu, diese wird als solche nicht „zur Rechtsanwaltschaft“ zugelassen (vgl. den Wortlaut § 4 BRAO und § 59f BRAO) und übt naturgemäß nicht den Beruf des Rechtsanwalts aus – dies tun lediglich z.B. ihre Gesellschafter oder Angestellten. Dementsprechend kann eine BAG auch nicht Mitglied des Präsidiums des Vorstandes werden, denn dieses besteht nur aus Mitgliedern des Vorstandes (§ 78 I BRAO). 2. GESELLSCHAFTER, DIE NICHT ZUM GESCHÄFTSFÜHRUNGS- UND AUFSICHTSORGAN DER BAG GEHÖREN Einen besonderen Blick verdienen die nichtanwaltlichen Personen i.S.d. § 59c I 1 BRAO in der BAG. Eines der Kernanliegen der großen BRAO-Reform war, dass die Möglichkeiten der beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit anderen Berufen liberalisiert werden sollte. § 59c BRAO erlaubt nunmehr einen Zusammenschluss zur „gemeinschaftlichen Berufsausübung“ in einer BAG grundsätzlich mit allen freien Berufen; der Kreis der möglichen Partnerinnen und Partnern in einer Bürogemeinschaft ist noch weiter, § 59q II BRAO. a) PFLICHTEN DER NICHTANWALTLICHEN GESELLSCHAFTER Alle nichtanwaltlichen Gesellschafter in einer BAG (der etwas umständliche Verweis in § 59d I und II auf die „Angehörigen eines in § 59c I 1 BRAO genannten Berufs“ verweist auf alle nichtanwaltlichen Personen, die nunmehr nach § 59c I 1 BRAO sozietätsfähig sind) unterliegen selbst der Pflicht zur Verschwiegenheit und sind an das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen ihrer anwaltlichen Mitgesellschafterinnen und Mitgesellschafter gebunden; § 59d II, III BRAO. Sie müssen auch die Berufspflichten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der BAG achten, dürfen diese also nicht „behindern“, § 59d I BRAO. Ausweislich der Begründung ist damit gemeint, dass den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die Einhaltung ihrer Pflichten „nicht erschwert oder unmöglich [gemacht werden] dürfen“.16 16 BT-Drs. 19/27670, 181. Wenn es nichtanwaltliche Gesellschafter in der BAG gibt, gilt gem. § 59e II 2 BRAO, dass „durch geeignete gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen“ sichergestellt werden muss, dass die BAG für die Erfüllung der Berufspflichten sorgen kann. Niedergelassene europäische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und niedergelassene ausländische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach § 207 BRAO dürften hierbei als „Rechtsanwälte“ i.S.d. § 59b zu qualifizieren sein und dürften somit nicht als nichtanwaltliche Gesellschafter zählen; denn § 59c I Nr. 2 BRAO bezieht sich nur auf die Angehörigen, die sich als europäische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder als ausländische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte niederlassen könnten, es aber nicht getan haben. Die BRAO geht offenbar davon aus, dass Verstöße dieser nichtanwaltlichen Gesellschafter (die kein Kammermitglied sind) gegen das anwaltliche Berufsrecht von der jeweiligen Aufsicht über diese Personen geahndet werden, also etwa bei einer Steuerberaterin durch die Steuerberaterkammer. Zudem muss – wie beschrieben – die BAG selbst ein Sanktionspotential aufbauen, das die Durchsetzung des Berufsrechts gewährleistet. b) KEINE KAMMERMITGLIEDSCHAFT DER NICHTANWALTLICHEN GESELLSCHAFTER Die nichtanwaltlichen Gesellschafter werden nicht Kammermitglied und haben deshalb keine Rechte in der Kammerversammlung. Aber natürlich können die nichtanwaltlichen Gesellschafter Kammermitglied sein, nämlich dann, wenn sie Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans sind, dazu sogleich. c) MITGLIEDER EINES GESCHÄFTSFÜHRUNGS- ODER AUFSICHTSORGANS In einer BAG können Angehörige anderer freier Berufe als dem der Rechtsanwältin und des Rechtsanwalts nicht nur Gesellschafter werden, sie können auch Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans werden, § 59j I BRAO. Dabei können gem. § 59j I 1 BRAO nur Mitglieder der sozietätsfähigen Berufe Mitglied in einem Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan sein. Dies betrifft also z.B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, die sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung mit Rechtsanwälten und/oder Rechtsanwältinnen verbunden haben (§ 59c I BRAO). Die Zuordnung zum Geschäftsführungsorgan bei Kapitalgesellschaften ist einfach, denn dort besteht eine organschaftliche Vertretung wie z.B. durch den Geschäftsführer einer GmbH. Doch auch die geschäftsführungsbefugten Gesellschafterinnen und Gesellschafter einer Personengesellschaft wie etwa der Partnerschaftsgesellschaft hat der Gesetzgeber als „Mitglied des Geschäftsführungsorgans“ qualifiziert, was zeigt, dass das Wort „Organ“ weit auszulegen ist. Der Gesetzgeber erläutert hierzu in der Begründung:17 17 BT-Drs. 19/27670, 181. „Nach dem Entwurf ist keine allgemeine Kammermitgliedschaft nicht-anwaltlicher Gesellschafterinnen und BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 364

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