BRAK-Mitteilungen 5/2023

KEIN ANSPRUCH FÜR RECHTSREFERENDAR AUF ZUWEISUNG AN BESTIMMTEN AUSBILDER BRAO § 59; SächsJAPO § 32 I; SächsVerf Art. 29 I 1. Dem Präsidenten des Oberlandesgerichts kommt bei seinen Entscheidungen nach § 32 I SächsJAPO ein weites Organisationsermessen zu. 2. Aus Art. 29 I SächsVerf folgt kein Anspruch auf Zuweisung an einen bestimmten Ausbilder im Rechtsreferendariat. OVG Bautzen, Beschl. v. 7.11.2022 – 2 B 286/22 AUS DEN GRÜNDEN: Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg. 1. Der Antragsteller zu 1 wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Zuweisungsentscheidung des Antragsgegners zu dem von diesem bestimmten Rechtsanwalt S. in C anstelle des von ihm gegenüber dem Antragsgegner benannten Rechtsanwalts, dem Antragsteller zu 2, und begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, ihn für die praktische Ausbildung in der Rechtsanwaltsstation vorläufig dem Antragsteller zu 2 zuzuweisen. Auch der Antragsteller zu 2 wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Zuweisungsentscheidung des Antragsgegners; auch er begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zuweisung des Antragstellers zu 1 an sich. Der Antragsteller zu 1 ist aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen v. 4.11.2021 – Vf. 96-IV-21 (e.A.), juris im einstweiligen Anordnungsverfahren und daraufhin am 5.11.2021 erfolgter vorläufiger Zulassung zum Juristischen Vorbereitungsdienst des Freistaates Sachsen (im Folgenden nur Zulassungsentscheidung) Rechtsreferendar im Freistaat Sachsen mit der Stammdienststelle LG C. Seine Rechtsanwaltsstation einschließlich praktischer Ausbildung bei einem Rechtsanwalt begann am 1.11.2022. Die bestandskräftige Zulassungsentscheidung des Antragsgegners enthielt „zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege“ Auflagen u.a. dahingehend, dass dem Antragsteller zu 1 untersagt sei, „im dienstlichen Rahmen verfassungsfeindliche Symbole zu tragen“, sowie den Hinweis, dass es mit seinem Status als Rechtsreferendar im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis unvereinbar angesehen werde, wenn er innerhalb der Partei „...“ politische Ämter übernehme, für diese Versammlungen anmelde oder als Redner auftrete. Die Zulassungsentscheidung beauflagte weiter, dass der Antragsteller zu 1 für die Ausbildung in der Rechtsanwalts- und in der Wahlstation einem vom Oberlandesgericht ausgewählten Ausbilder zugewiesen werde, „falls ein von ihm ausgewählter Ausbilder aus Sicht des Oberlandesgerichts weniger geeignet erscheint“. In den Gründen war dazu ausgeführt: „Auf die Überprüfung der Geeignetheit des gewählten Rechtsanwalts im Rahmen der Ihnen erteilten Auflagen weise ich hin. Der ausbildende Rechtsanwalt muss seit mindestens drei Jahren hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig sein. Die Zuweisung erfolgt grundsätzlich nur an im Freistaat Sachsen niedergelassene Rechtsanwälte, denen nicht bereits ein anderer Rechtsreferendar für den gleichen Zeitraum zugewiesen worden ist.“ In der angegriffenen Zuweisungsentscheidung verwies der Antragsgegner auf die Auflage zur Geeignetheit des Ausbilders und erklärte, dass er von dem dortigen Vorbehalt Gebrauch mache. Der beantragten Zuweisung an den Antragsteller zu 2 werde nicht entsprochen, weil der Antragsteller zu 2 allgemein bekannt „Akteur innerhalb der rechtsextremen Szene in C“ sei. Er sei für die Wählervereinigung „P C“ Mitglied des Stadtrates C und Gründungsvorsitzender der Partei „F S“. Öffentlich zugänglichen Quellen sei zu entnehmen, dass die „F S“ bundesweit vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet würden, nachdem zunächst der Sächsische Verfassungsschutz die Partei als rechtsextrem eingestuft habe. Im Hinblick auf die dem Antragsteller zu 1 bekannten Vorbehalte gegen dessen Verfassungstreue erscheine der Antragsteller zu 2 aufgrund der aufgezeigten Umstände insgesamt deutlich weniger geeignet, den Antragsteller zu 1 auszubilden. Gegenüber Rechtsanwalt S. bestünden entsprechende Bedenken nicht. Gegen die Zuweisungsentscheidung legten der Antragsteller zu 1 und der Antragsteller zu 2 jeweils Widerspruch ein. Mit für sofort vollziehbar erklärten Widerspruchsbescheiden v. 18.10.2022 wurden diese zurückgewiesen. Ihre Eilanträge, mit denen sie zum einen begehren, nach § 80 V VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, sowie den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller zu 1 vorläufig im Rahmen der Anwaltsstation der Ausbildungsstelle Antragsteller zu 2 zuzuweisen, lehnte das VG Chemnitz mit dem angegriffenen Beschluss ab. Mit ihren hiergegen erhobenen Beschwerden tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs nur teilweise erfasst und unrichtig angewandt. Der Vorbehalt in der Zulassungsentscheidung sei nicht hinreichend bestimmt. Die Auswahlentscheidung eines Rechtsreferendars hinsichtlich der Anwaltsstation könne nicht eingeschränkt werden, weil ihm hier ein Wahlrecht zustehe. Zudem sei dieser Vorbehalt zu unbestimmt. Das hohe Gut der Funktionsfähigkeit der Justiz habe keinen absoluten Vorrang vor der Ausbildungsfreiheit aus Art. 29 SächsVerf. Eine konkrete Gefahr liege nicht vor. In der Anwaltsstation sei keine Wahrnehmung von praktischen Aufgaben mit Außenwirkung vorgesehen; daher sei keine Beeinträchtigung der Rechtspflege zu besorgen. Für Rechtsanwälte und deren Tätigkeit seien ohnehin weit geringere Anforderungen an die Verfassungstreue zu stellen als dies bei Richtern, Staatsanwälten oder Beamten der Fall sei. Eine vom Wunsch des Referendars abweichende Zuweisungsentscheidung SONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 351

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