BRAK-Mitteilungen 4/2023

son i.S.v. § 46g S. 2 ArbGG. Vielmehr ist es der Verband selbst, den diese Verpflichtung betrifft. [18] bb) Die Nutzungspflicht ergibt sich aber aus Pflicht nach § 46g S. 1 ArbGG § 46g S. 1 ArbGG. [19] (1) Schon der Wortlaut der Norm, der nicht zwischen Rechtsanwälten und (Verbands-)Syndikusrechtsanwälten differenziert, spricht für ein solches Verständnis (vgl. zu § 130d ZPO im Hinblick auf anwaltliche Insolvenzverwalter BGH, 24.11.2022 – IX ZB 11/22 Rn. 8). Dies deckt sich mit § 46c I BRAO, wonach für Syndikusrechtsanwälte grundsätzlich die Vorschriften über Rechtsanwälte gelten, sofern nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. [20] Aus dem Wortlaut von § 46g S. 1 ArbGG lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Pflicht, den ERV aktiv zu nutzen, nur unmittelbar auf Prozessbevollmächtigte bezieht. Während nämlich in § 46c I ArbGG von Schriftsätzen der Parteien die Rede ist und damit womöglich ein Vertretungsverhältnis beim Handeln eines Anwalts gegenüber dem Gericht vorausgesetzt wird, stellt § 46g ArbGG in seiner amtlichen Überschrift auf eine Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und in seinem Satz 1 auf Schriftsätze, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, ab. Eine Beschränkung auf den Fall der Vertretung einer Partei durch den Rechtsanwalt ergibt sich aus § 46g S. 1 ArbGG mithin nicht (vgl. zum anwaltlichen Insolvenzverwalter BGH, 24.11.2022 – IX ZB 11/22 Rn. 14). Dafür, dass es auf die bloße Rechtsstellung ankommt, spricht im Übrigen auch die Nennung von Rechtsanwälten in der Aufzählung mit Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die beide nicht tatsächlich handeln können, sondern vertreten werden müssen. [21] (2) Die Pflicht für Verbandssyndikusrechtsanwälte, Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelungen den ERV aktiv zu nutzen, wird auch aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen deutlich. [22] (a) § 46g S. 1 ArbGG sieht eine Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie gebildete Zusammenschlüsse vor. Allen Genannten ist gemein, dass ihnen ein besonderer sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht: Dem zugelassenen Rechtsanwalt ist ein solcher mit dem beA nach § 31a BRAO eröffnet (§ 46c IV 1 Nr. 2 ArbGG), Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts verfügen über das besondere Behördenpostfach (beBPo; § 46c IV 1 Nr. 3 ArbGG; vgl. §§ 6 bis 9 ERVV). Auch § 46g S. 2 ArbGG erstreckt in der bis zum 31.12.2025 geltenden Fassung die Nutzungspflicht auf die nach dem ArbGG vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c IV 1 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht. Dies spricht dafür, dass es darum geht, eine Übermittlung als elektronisches Dokument immer dann zu verlangen, wenn ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht, was bei einem zugelassenen Rechtsanwalt (vgl. § 31a BRAO) sowie einem zugelassenen Syndikusrechtsanwalt über das beA (§ 46c V i.V.m. §§ 31a I, 31 BRAO) – ungeachtet der jeweiligen prozessualen Rechtsstellung – jederzeit der Fall ist. [23] (b) Aus der Bezugnahme in § 46g S. 2 ArbGG auf die nach diesem Gesetz vertretungsberechtigten Personen und damit auf § 11 II 2 ArbGG ergibt sich – entgegen der Ansicht der Bekl. – nicht, dass für die Nutzungspflicht des (Syndikus-)Rechtsanwalts nach § 46g S. 1 ArbGG entscheidend ist, ob er prozessual als Bevollmächtigter agiert oder „nur“ – wie im Streitfall – als mit der Prozessvertretung beauftragter Vertreter. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei § 46g ArbGG um eine Anpassung der Regelungen für die Arbeitsgerichtsbarkeit an § 130d ZPO (vgl. BTDrs. 17/12634, 37 zu § 46f ArbGG-E; ebenso zu SGG, VwGO und FGO im Hinblick auf die nach diesen Prozessordnungen Vertretungsberechtigten BT-Drs. 17/ 12634, 37 f.). § 46g S. 2 ArbGG erweitert den Kreis der Nutzungspflichtigen um die vertretungsberechtigten Personen, die nach § 11 II 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG vertretungsbefugt sind. Aus der Erweiterung lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, dass das § 130d S. 1 ZPO zugrundeliegende und für § 46g S. 1 ArbGG maßgebliche Verständnis, wonach die Vorgabe umfassend für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO gelten soll (vgl. BT-Drs. 17/12634, 28) und es nicht auf ein Vertretungsverhältnis ankommt (sh. Rn. 20), einschränkend auszulegen ist. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass § 46g S. 2 ArbGG in der hier maßgeblichen, vom 1.1.2022 bis zum 31.12.2025 geltenden Fassung von „vertretungsberechtigten Personen“ und erst ab dem 1.1.2026 auch von „vertretungsberechtigten Bevollmächtigten“ spricht. Die Änderung beruht auf dem Umstand, dass die bevollmächtigten Verbände i.S.v. § 11 II 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG erst ab 1.1.2026 der aktiven Nutzungspflicht unterliegen (Art. 10 des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10.2021, BGBl. I S. 4607, 4613). Von der bis zum 31.12.2025 geltenden Fassung sind diese daher nicht erfasst. [24] (c) Auch der gesetzessystematische Zusammen- §46cArbGG hang von § 46g ArbGG mit § 46c ArbGG spricht dafür, dass es für die Pflicht, den ERV aktiv zu nutzen, darauf ankommt, ob es sich bei der das elektronische Dokument einreichenden/übermittelnden Person um eine Person handelt, die kraft ihrer Rechtsstellung über ein besonderes Postfach (beA, beBPo) und damit einen sicheren Übermittlungsweg verfügt. [25] (aa) Nach § 46c I ArbGG können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, GutBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 257

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