BRAK-Mitteilungen 4/2023

hilfsweise ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Kl. beantragt: Das Urteil des LG Leipzig v. 18.8. 2022 – 04 O 687/21, wird geändert. Die Bekl. wird verurteilt, an die Kl. 235.056,98 Euro zzgl. Zinsen (...) zu zahlen. Die Bekl. beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Es habe zwischen den Parteien weder einen mündlichen noch einen schriftlichen Vertrag für den hier streitigen Zeitraum ab dem 1.2.2020 gegeben. Es sei unrichtig, dass die Kl. ein pauschales Entgelt für die Nutzung der Infrastruktur verlange. Sie verlange vielmehr unterschiedliche Entgelte entsprechend den erfüllten Kriterien der Mandatsanfrage. Für rechtsschutzversicherte Mandatsanfragen nehme die Kl. ein anderes Entgelt als für nicht rechtsschutzversicherte Mandate. Es werde daher mit Nichtwissen bestritten, dass dieses angeblich pauschale Entgelt unabhängig davon beansprucht werde, ob und ggf. wozu die Rechtsanwaltskanzlei von einem Nutzer des Internetportals xxx.de beauftragt wird. Es entziehe sich auch nicht dem Einfluss und Aufgabenbereich der Kl., ob aus einem Interessenten ein Mandant der Partnerkanzlei werde oder nicht, denn erst wenn der Interessent die von der Kl. übersandte Vollmacht der Partnerkanzlei unterschreibe und die Unterlagen vollständig bei der Kl. einreiche, werde der „Lead“ nach Erteilung des Mandats an die Partnerkanzlei weitergegeben. Bei Nichtunterzeichnung der Vollmacht erfolge keine Weitergabe des „Leads“. Soweit die Kl. behaupte, keine konkreten Mandate zu vermitteln, weil sie ihre Dienstleistung unabhängig davon erbringe, ob eine Partnerkanzlei von einem Betroffenen beauftragt werde, auch nach Akteneinsicht weiter gegen den Bußgeldbescheid vorzugehen oder nicht, verkenne sie, dass es sich bereits bei der Akteneinsicht und der Prüfung der Akte um ein konkretes Mandat handele. Die Partnerkanzleien hätten auch vor der Entwicklung der von der Kl. zur Verfügung gestellten Software keine Fax-Räume mit mehreren Faxgeräten unterhalten müssen. Während der Zusammenarbeit mit der Bekl. habe die Kl. zu keinem Zeitpunkt Büroservices für die Bekl. vorgenommen. Vielmehr habe sie durch ihr Büro in Berlin die reinkommenden Leads weiter qualifiziert durch ergänzende Angaben und ggf. fälschlicherweise bei der Kl. eingereichte Unterlagen an die Partnerkanzleien weitergereicht. Hinzugekommen sei eine Tätigkeit im eigenen Interesse, so z.B. Rückfragen zum Umfang der angebotenen Prozessfinanzierung oder Behandlung von Beschwerden. Thema der beiderseitigen Verhandlungen sei stets nur eine Lizenzgebühr für die Nutzung der Software der Kl. gewesen. Die Bekl. habe auch nicht bis zum 30.12.2020 (Zahlungszeitpunkt der Novemberrechnung) die angeblichen vertraglichen Verpflichtungen anerkannt. Es habe seit Anfang 2020 stetige Verhandlungen gegeben und die Bekl. habe allein aus diesem Grund die Rechnungen zunächst bezahlt. Hilfsweise rechnet die Bekl. mit Forderungen aus abgetretenem Recht im Umfang von 109.648,26 Euro (Anl. B2) auf. Weiteren Sachvortrag hat die Bekl. in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen v. 16.3.2022 und 30.3.2023 gehalten. Die Kl. hat mit Schriftsatz v. 29.3.2023 die Wiedereröffnung der Verhandlung beantragt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des LG v. 1.2.2022 und 5.7.2022 sowie das landgerichtliche Urteil und die Sitzungsniederschrift des Senats v. 16.2.2023 Bezug genommen. B.I. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das LG hat die klägerischen Ansprüche im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kl. stehen gegen die Bekl. weder vertragliche Ansprüche aus § 675 i.V.m. § 631 I BGB oder § 652 I 1 BGB (Ziff. 1) noch aus Bereicherungsrecht (Ziff. 2), culpa in contrahendo (Ziff. 3), Geschäftsführung ohne Auftrag (Ziff. 4) noch deliktische Ansprüche (Ziff. 5) zu. 1. Die Kl. macht vertragliche Ansprüche aus § 675 Rechtsnatur der Verpflichtung i.V.m. § 631 I BGB oder § 652 I 1 BGB geltend, indem sie eine Vergütung für von ihr erfolgsabhängig erbrachte Leistungen fordert. Gegenstand der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien war die Vereinbarung zur entgeltlichen Verschaffung einer Kontaktmöglichkeit zu potentiellen Mandanten mit einem konkreten verkehrsrechtlichen Anliegen, die die Partnerkanzlei bereits zur Wahrnehmung ihrer Interessen bevollmächtigt hatten, nachdem die Kl. die entsprechende Vollmacht der Partnerkanzlei an den jeweiligen Interessenten versandt hatte. Die Kl. bezeichnet das geforderte Entgelt als Lizenzgebühr, wobei es auf die von ihr gewählte Bezeichnung nicht ankommt, sondern auf den von den Parteien gelebten Vertragsinhalt. Die Kl. behauptet einen Dienstleistungsvertrag. Da aber auch nach ihrem eigenen Vortrag ein sog. Lead nur dann an die Bekl. weitergeleitet wird, wenn der Interessent die Anwaltsvollmacht bei ihr eingereicht hat, ist nicht eine bloße Tätigkeit, sondern ein Erfolg geschuldet und damit von werkvertragsähnlichen Verpflichtungen auszugehen. Trotz dienstvertraglicher Elemente ist das Geschäftsmodell erfolgsorientiert. Der versprochene und geschuldete Erfolg liegt in der Gewinnung von Mandaten. Es kann dabei dahinstehen, ob die Vereinbarung der Abrechnung nach Eingang der Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers bzw. nach Endabrechnung des Mandats die Entstehung des klägerischen Anspruchs jeweils hinausschiebt oder ob es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede handelt. Die Kl. behauptet folgende Vereinbarung zu den Abrechnungsmodalitäten: Im Zeitraum vom 1.2.2020 bis 31.5.2020 seien bei Deckungszusage 108 Euro zu zahlen gewesen, bei Endabrechnung 72 Euro, ab 1.6.2020 bei Deckungszusage 114 Euro, bei Endabrechnung 76 Euro. Nach übereinstimmendem Vortrag beider Parteien haben Mitarbeiter der Bekl. die Information, ob eine Deckungszusage erteilt wurde oder nicht, in das System eingetragen. Basierend auf diesen Angaben legte die Kl. Rechnung. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 249

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