BRAK-Mitteilungen 6/2022

entgegen, wenn der Rest der Amtszeit des von ihm niedergelegten Mandats noch nicht abgelaufen ist. 3. § 68 IV BRAO ist auf den Fall der gleichzeitigen Durchführung einer Nach- mit einer turnusmäßigen Neuwahl entsprechend anwendbar. BGH, Urt. v. 12.9.2022 – AnwZ (Brfg) 41/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Eine Vorstandswahl ist lediglich bei einem Wahlfehler für ungültig zu erklären, der auf das Wahlergebnis von Einfluss ist oder konkret und nicht nur theoretisch von Einfluss sein kann. Dies kann auch bei einem Verstoß gegen § 68 II 1 BRAO (Teilneuwahlen des Vorstands) der Fall sein. Das Gericht darf trotz eines solchen Fehlers davon absehen, die angefochtene Wahl für ungültig zu erklären, wenn es dem wahlprüfungsrechtlichen Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs entspricht oder wenn das Interesse am Bestandsschutz des im Vertrauen auf die Gesetzmäßigkeit der Wahl gewählten Vorstands den festzustellenden Wahlfehler überwiegt (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2010, 169). ELEKTRONISCHE WAHL ZUR SATZUNGSVERSAMMLUNG BRAO § 191 II 2; GG Art. 38 * 1. Die Vorschrift des § 191b II 2 BRAO, nach der die Wahlen der Satzungsversammlung auch als elektronische Wahlen durchgeführt werden können, verstößt weder gegen das Demokratiegebot noch gegen die allgemeinen Wahlgrundsätze des Art. 38 GG, * 2. Aus dem Grundsatz der freien Wahl ergibt sich kein Anspruch darauf, auf dem Stimmzettel eine Nein-Stimme abgeben oder sich dort der Stimme ausdrücklich enthalten zu können. Eine solche Gestaltung wäre zweckwidrig, wenn es wie bei der Wahl zur Satzungsversammlung darum geht, die zu Wählenden positiv zu bestimmen. * 3. Es ist unschädlich, wenn die Wahlordnung einer Rechtsanwaltskammer keine „Härtefallregelung“ für Wahlberechtigte vorsieht, die keinen Computer besitzen oder aufgrund ihres Alters geringere oder gar keine Computerkenntnisse haben. Rechtsanwälte müssen bereits aufgrund der Regelung in § 31a VI BRAO ein beA unterhalten, so dass davon ausgegangen werden darf, dass sie mit der erforderlichen EDV ausgestattet und hinreichend vertraut sind. BGH, Beschl. v. 30.5.2022 – AnwZ (Brfg) 47/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Rechtsanwaltskammern können gem. § 64 I 3 BRAO auch für Vorstandswahlen vorsehen, dass diese als elektronische Wahl durchgeführt werden. SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHT VON ANWALTLICHEN GESELLSCHAFTERGESCHÄFTSFÜHRERN BRAO §§ 1, 59f IV a.F.; SGB III § 25 I 1; SGB IV §§ 7 I, 7a; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; GmbHG § 37 I * 1. Rechtsanwälte, die als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft tätig sind, sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. * 2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese über einen Anteil von mind. 50 % am Stammkapital der GmbH verfügen. * 3. An der Einordnung der Geschäftsführertätigkeit zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung ändert die freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt nichts. Diese Tätigkeit kann von vornherein nicht ohne den rechtlichen und organisatorischen Rahmen beurteilt werden, der sich für die Rechtsanwälte aus der Stellung als GmbH-Geschäftsführer ergeben. BSG, Urt. v. 28.6.2022 – B 12 R 4/20 R AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens streitig, ob die Kl. in ihrer jeweiligen Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der beigeladenen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen. [2] Die fünf Kl. gründeten am 28.12.2011 notariell beurkundet die beigeladene Rechtsanwalts-GmbH. Gegenstand der GmbH ist die Übernahme und die Ausführung von Anwaltsaufträgen, insb. die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, die durch in Diensten der Gesellschaft stehende, zugelassene Rechtsanwälte unabhängig, weisungsfrei und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts ausgeführt werden. Am Stammkapital der Gesellschaft sind die Kl. zu je einem Fünftel beteiligt. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn Gesetz oder Satzung nicht eine höhere Mehrheit vorschreiben. Jeder Geschäftsanteil gewährt eine Stimme. Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die Auflösung der Gesellschaft, Zustimmung zur Verfügung über einen Geschäftsanteil und eine Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung bedürfen einer Mehrheit von 100 v.H. [3] Am 30.12.2011 schloss die Beigeladene mit den zu Geschäftsführern bestellten Kl. jeweils mit Wirkung ab SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 356

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