BRAK-Mitteilungen 6/2022

hin komme der Art der Vergütung im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung eine ausschlaggebende Bedeutung zu (Rn. 57). Das Gericht weist zutreffend darauf hin, dass die Rechtsanwältin einen Anspruch auf Vergütung nur bei Erzielung von Honorarumsätzen hatte. Aufschlussreich ist außerdem die Feststellung des Gerichts, dass die Gestaltung des Kanzleibriefkopfes, in welchem die Namensnennung sämtlicher Anwälte ohne Einschränkung erfolgt sei, sowie des Kanzleischildes keinen Rückschluss auf die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis gegeben ist, zulasse. Hier unterscheidet das Gericht zutreffend zwischen dem Außenverhältnis, in welchem das Mandatsverhältnis nach Rechtsscheingrundsätzen mit allen Sozien und Scheinsozien zustande kommt, und dem Innenverhältnis. In letzterem wäre die Bearbeitung eines von der Rechtsanwältin übernommenen Mandats durch den Kläger ohne Erteilung einer Vollmacht nicht möglich gewesen (Rn. 58). Das Urteil ist indes auch in sozialrechtlicher Hinsicht relevant. Im vorliegenden Fall hatte die freie Mitarbeiterin gem. § 7a SGB IV die Clearingstelle der DRV als Entscheidungsstelle für die Frage, ob sie als abhängig Beschäftigte oder als Selbstständige einzustufen ist, angerufen. Bei der Clearingstelle handelt es sich um eine zentrale Prüfstelle der DRV zur Klärung von Fragen und Unklarheiten hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie trifft auf Antrag der Betroffenen (z.B. Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) eine Entscheidung über die Arbeitnehmereigenschaft oder die Selbstständigkeit einer Person. Damit entscheidet sie per Verwaltungsakt, der per Rechtsbehelf sowie im sozialgerichtlichen Verfahren überprüfbar ist, über die Versicherungspflicht der Beschäftigten. In ihrer Entscheidung hatte die Clearingstelle vorliegend eine abhängige Beschäftigung bejaht, was Nachzahlungen von Sozialversicherungsabgaben für mehrere Jahre durch die Kanzlei nach sich gezogen hätte. Es ist zu begrüßen, dass das LSG in diesem Fall die freiberufliche sowie selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwältin, bei welcher diese die organisatorischen Ressourcen einer Kanzlei mitbenutzt, nicht als abhängige Beschäftigung und damit als sozialversicherungspflichtig klassifiziert hat und damit die Annahme eines „abhängigen Beschäftigungsverhältnisses“ nicht unnötig überspannt hat. Rechtsanwalt Sven Krautschneider, BRAK, Berlin beA-NUTZUNGSPFLICHT IN INTERPROFESSIONELLER SOZIETÄT BRAO §§ 31, 31a, 31b; FGO § 52d Reicht ein Berufsträger, der (zumindest auch) als Rechtsanwalt zugelassen ist, ab dem 1.1.2022 einen bestimmenden Schriftsatz bei einem Finanzgericht ein, ist dieser formunwirksam, wenn er nicht über das besondere elektronische Anwaltspostfach eingereicht wird und Hinderungsgründe nicht glaubhaft gemacht sind. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.7.2022 – 4 V 1340/22 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Ein Rechtsanwalt ist auch dann verpflichtet, einen Antrag auf finanzgerichtliche Aussetzung der Vollziehung als elektronisches Dokument zu übermitteln, wenn er zusätzlich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen ist. Soweit teilweise vertreten wird, dass bei einer Mehrfachzulassung ein Bevollmächtigter als Rechtsanwalt zwar unter die Nutzungspflicht nach § 52d S. 1 FGO falle, er aber „in Eigenschaft als Steuerberater“ erst ab dem Jahr 2023 unter die aktive Nutzungspflicht falle, folgt dem jedenfalls das FG Berlin-Brandenburg (BRAK-Mitt. 2022, 165 mit Anm. von Seltmann) nicht. STEUERN BEITRÄGE ZUR BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG ALS ARBEITSENTGELT BRAO § 51; StGB IV §§ 14, 17 * Wendet ein Arbeitgeber für den bei ihm angestellten Rechtsanwalt Beiträge für dessen Berufshaftpflichtversicherung auf, stellen diese einen geldwerten Vorteil und mithin ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar. BSG, Urt. v. 28.6.2022 – B 12 R 1/20 R AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Zwischen den Beteiligten ist die Festsetzung von Sozialversicherungs- und Umlagebeiträgen nebst Säumniszuschlägen für die Zeit v. 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 streitig. [2] Der Kl. ist Rechtsanwalt und seit April 2009 alleiniger Inhaber seiner Kanzlei. Er schloss für sich und die von ihm angestellten, zu 11. bis 16. beigeladenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (im Folgenden: die Beigeladenen) eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte ab. Bei einer Deckungssumme von 2 Mio. STEUERN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 352

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