BRAK-Mitteilungen 6/2022

beziehen sich ausschließlich auf die zwischen den Parteien des Schlichtungsverfahrens bestehende Streitigkeit und damit auf deren Rechtsangelegenheit. [28] dd) Vor diesem Hintergrund ist entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen auch nicht entscheidend, dass sie die Schlichtung für ihren Arbeitgeber erbringt. Zwar ist die Beigeladene aufgrund ihres Arbeitsvertrags gegenüber dem s. verpflichtet, im Bereich Flug als Schlichterin tätig zu werden, so dass sie in Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung und insoweit für diesen tätig wird. Dieser für jede Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses geltende Umstand besagt indes nichts darüber, ob die Tätigkeit auch eine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers betrifft. Allein dies ist indes entscheidend und für den Bereich der Schlichtung abzulehnen. [29] ee) Für eine Zuordnung zum Bereich der Rechtsangelegenheiten der Schlichtungsstelle spricht entgegen der Auffassung des AGH auch nicht, dass die Schlichtungsstelle nicht einen der Verfahrensbeteiligten zu deren Rechtsangelegenheit berät oder vertritt, sondern eine unverbindliche Schlichtungsempfehlung ausspricht. Entscheidend für die Zuordnung einer Rechtsangelegenheit ist nicht die Art der ausgeübten rechtlichen Tätigkeit, sondern deren inhaltlicher Bezug, der hier – wie ausgeführt – ausschließlich zu den Beteiligten, nicht jedoch zu der Schlichtungsstelle herzustellen ist. Die Unverbindlichkeit der Schlichtungsempfehlung ändert nichts daran, dass diese sich auf die Rechtsangelegenheiten der Verfahrensbeteiligten bezieht. Im Gegenteil bestätigt der Umstand, dass die abschließende und verbindliche Regelung der verfahrensgegenständlichen Rechtsangelegenheit letztlich allein in der Entscheidungskompetenz der Verfahrensbeteiligten steht, das Vorliegen von Rechtsangelegenheiten der Verfahrensbeteiligten. [30] ff) Es kommt für die Zuordnung der Tätigkeit zu inhaltlicher Bezug entscheidend den Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers auch nicht darauf an, ob – wie der AGH meint – das Fremdkapitalverbot gewahrt ist und eine Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch ein mögliches Einwirken fremder wirtschaftlicher Interessen im Rahmen der Tätigkeit der Beigeladenen als Schlichterin schon gesetzlich nicht in Betracht kommt, weil der Schlichter nach § 7 I VSBG sowie § 4 III 2 LuftSchlichtV unabhängig ist und Gewähr für eine unparteiische Streitbeilegung bieten muss und weil die Schlichtungsempfehlung nicht verbindlich ist. Abgesehen davon, dass gesetzliche Regelungen, die die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit vorschreiben, deren tatsächliche Gefährdung nicht ausschließen und der Zusammenhang zwischen der Unverbindlichkeit der Schlichtungsempfehlung und einer fehlenden Gefährdung des Fremdkapialverbots nicht nachvollziehbar ist, verlangt die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht nur irgendeine rechtlich unabhängige und eigenverantwortliche anwaltliche Tätigkeit, sondern eine Tätigkeit gerade in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Die Zulassung erfolgt bezogen auf ein konkretes Arbeitsverhältnis und nur dann, wenn der Antragsteller im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses für seinen Arbeitgeber in prägendem Umfang anwaltlich tätig ist. Die anwaltliche Unabhängigkeit einer Tätigkeit des Antragstellers und die Wahrung des Fremdkapitalverbots führt indes nicht dazu, dass diese Tätigkeit ohne Berücksichtigung ihres Inhalts Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers zuzuordnen ist. Vielmehr ist nur in den vom Gesetzgeber in § 46 V 2 Nr. 1 bis 3 BRAO vorgesehenen Fällen der Drittberatung von einer Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers auszugehen. Diese Ausnahmen sind abschließend und einer Analogie nicht zugänglich (vgl. Senatsurt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 23/ 19, BGHZ 226, 170 Rn. 30). [31] gg) Der Verweis der Bekl. auf § 18 BORA führt ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung. Hiernach unterliegt ein Rechtsanwalt, der als Vermittler, Schlichter oder Mediator tätig ist, den Regeln des Berufsrechts. Dies kann allenfalls von Bedeutung sein für die Einordnung der Schlichtung als anwaltliche Tätigkeit. Die hier allein umstrittene Frage, in wessen Rechtsangelegenheiten der Schlichter tätig ist, betrifft § 18 BORA dagegen nicht. [32] c) Die Zuordnung der Schlichtungstätigkeit der Bei- § 46 V 2 Nr. 2 BRAO nicht einschlägig geladenen zu Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers folgt auch nicht aus § 46 V 2 Nr. 2 BRAO. Hiernach umfassen Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers u.a. auch erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt. Nach § 7 I 1 Nr. 1 RDG sind etwa Rechtsdienstleistungen erlaubt, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen oder deren Zusammenschlüsse im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der Schlichtungstätigkeit nicht vor. Ob – wovon der AGH in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beteiligten ausgeht – der s. eine zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigung i.S.d. Vorschrift ist, kann dahingestellt bleiben. Abgesehen davon, dass die Anwendbarkeit von § 46 V 2 Nr. 2 BRAO, § 7 I 1 RDG schon deshalb fraglich ist, weil die Tätigkeit von Schlichtungsstellen nach § 2 III Nr. 2 RDG keine Rechtsdienstleistung i.S.d. RDG darstellt, wird die Beigeladene als Schlichterin nicht nur – wie dies § 46 V 2 Nr. 2 BRAO und § 7 I 1 RDG vorsehen – gegenüber Mitgliedern des Arbeitgebers tätig, sondern auch gegenüber den jeweils beteiligten Verbrauchern. Überdies setzt eine Erlaubnis nach § 7 I 1 RDG voraus, dass die betreffende Tätigkeit gegenüber BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 330

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