BRAK-Mitteilungen 5/2022

erheblichem Umfang als zugelassene Rechtsanwältin tätig. Sie gibt selbst an, als selbstständige Rechtsanwältin kein relevantes Einkommen erzielt zu haben. Die Kl. ist vielmehr seit November 2006 überwiegend in der Wissenschaft tätig. Ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin stellt damit keinen vorübergehenden Ausnahmetatbestand, sondern seit ihrer Zulassung im November 2003 vielmehr die Regel ihrer Beschäftigung dar. Unter Berücksichtigung dieser Sachlage liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG vor. Dieser schreibt vor, dass gleichgelagerte Sachverhalte ohne sachliche Rechtfertigung gleich zu behandeln sind. Vorliegend fehlt es an einer Vergleichbarkeit der betroffenen Sachverhalte. Die Kl. ist seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin im November 2006 überwiegend in der Wissenschaft angestellt tätig und nur beiläufig als selbstständige Rechtsanwältin zugelassen. Demgegenüber wird von der Vorschrift des § 6 SGB VI der Fall eines Syndikusanwalts erfasst, der durch Verwaltungsakt von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit ist und zunächst als solcher gegen Entgelt tätig war. Eine Erstreckung der Befreiung kommt für ihn dann bei einer vorübergehend im Vorhinein befristeten anderweitigen Tätigkeit (z.B. in der Wissenschaft) in Betracht, solange er weiterhin als Syndikus von der Rentenversicherungspflicht befreit ist. So liegt der Sachverhalt hier indes nicht.“ Gegen das ihr am 17.6.2019 zugestellte Urteil hat die Kl. am 16.7.2019 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Befreiung kraft Gesetzes sich auch auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) erstrecke. Der Gesetzgeber habe in § 6 SGB VI den angestellten mit dem selbstständigen Angehörigen der freien Berufe gleichsetzen und ihn nicht gegenüber dem selbstständig Tätigen privilegieren wollen. Beide Gruppen könnten sich frei entscheiden, ob sie ihre Altersversorgung über das Versorgungswerk und/oder die Rentenversicherung gestalten wollten. Während das selbstständige Kammermitglied freiwillige Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen könne (Opt-in Lösung), könne sich das angestellte Kammermitglied von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen (Opt-out Lösung). Entscheidend sei, dass bei beiden eine berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führen solle. Eine Ungleichbehandlung bei der Befreiung für vorübergehende berufsfremde Tätigkeit führe daher zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Ferner sei zu beachten, dass ihr in der Vergangenheit in vergleichbaren Situationen eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden sei. Die Kl. beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Köln v. 15.5.2019 abzuändern und die Bekl. unter Aufhebung des Bescheides v. 26.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 18.5.2017 zu verpflichten, sie für die Dauer ihrer Tätigkeit v. 1.3.2016 bis zum 7.12.2016 an der Universität zu Köln von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege einer Erstreckung nach § 6 V i.V.m. § 6 I Nr. 1 SGB VI zu befreien. Die Bekl. beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verweist erneut auf das Urteil des BSG v. 31.10. 2012 – B 12 R 8/10 R und führt ergänzend aus, dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht vorliege. Es liege im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, an den Lebenssachverhalt einer selbstständig ausgeübten Tätigkeit gänzlich andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an den Lebenssachverhalt eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Es sei daher nicht geboten, eine verfassungskonforme Rechtsauslegung des § 6 V SGB VI der Gestalt vorzunehmen, dass von dieser Vorschrift auch Personen erfasst würden, die schon nicht der Versicherungspflicht unterlägen. Dementsprechend sei auch nicht von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers auszugehen. Der Umstand, dass in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen eine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen worden sei, führe nicht dazu, dass nunmehr nach dem Urteil des BSG diese Verfahrensweise weiterhin anzuwenden sei. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Durch Beschluss v. 28.8.2019 hat der Senat die Beiladung der RAK München aufgehoben. Die Beigeladene zu 2) hat mitgeteilt, dass die Kl. in der Zeit v. 1.3.2016 bis zum 7.12.2016 als Arbeitnehmerin in allen Zweigen sozialversicherungspflichtig gemeldet worden sei. Auf Anfrage des Senats hat die Kl. mitgeteilt, dass sie nicht als Syndikusrechtsanwältin zugelassen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der die Kl. betreffende Verwaltungsakte der Bekl. (Az: 63 150269 M 550) Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. AUS DEN GRÜNDEN: Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Bekl. v. 26.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 18.5.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 54 II 1 SGG). Denn sie hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) in der Zeit v. 1.3.2016 bis zum 7.12. 2016. Ein Anspruch des Kl. auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht weder nach § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI, noch nach § 6 V 2 SGB VI. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 295

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0