BRAK-Mitteilungen 2/2022

SONSTIGES BESCHLÜSSE DER KAMMERVERSAMMLUNG ÜBER VERMÖGEN DER KAMMER BRAO §§ 89 II Nr. 3, 112a I, 112f II 2 * 1. Klagen von Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern gegen einen Beschluss der Kammerversammlung lässt § 112f II 2 BRAO nur zu, wenn der Kläger geltend macht, durch den Beschluss in seinen Rechten verletzt zu sein. Rechtsschutz wird dem Mitglied mithin nur insoweit gewährt, als es die Verletzung subjektiver Rechte und nicht nur rein objektiven Rechts geltend machen kann. * 2. Nicht jede sprachlich unter den Begriff der „Fürsorge“ zu fassende Einrichtung einer Rechtsanwaltskammer ist auch eine „Fürsorgeeinrichtung“ i.S.v. § 89 II Nr. 3 BRAO. Vielmehr fallen darunter nur solche Einrichtungen, die es einer Rechtsanwaltskammer aufgrund ihrer gesetzlich eingeräumten Regelungsautonomie erlauben, einzelnen Mitgliedern Leistungen zu gewähren, die angesichts einer besonderen Notsituation typischerweise der solidarischen Unterstützung durch die Gesamtheit der Mitglieder bedürfen. * 3. Die bloße Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer gewährt keinen Individualanspruch auf Nutzung der Gegenstände des Kammervermögens. * 4. § 112a I BRAO eröffnet in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen den Rechtsweg zum AGH, gibt einem Kammermitglied aber keine weitergehenden Rechtsschutzbefugnisse, insbesondere keine Befugnisse, Beschlüsse einer Rechtsanwaltskammer anfechten zu können, ohne eine Verletzung eigener Rechte geltend machen zu können. Bayerischer AGH, Urt. v. 5.11.2021 – III 4–6/19 AUS DEN GRÜNDEN: I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit mehrerer auf einer Kammerversammlung der Bekl. gefasster Beschlüsse über Anträge von Kammermitgliedern, welche die Nutzung des sog. „Seehauses“ betrafen. Bei diesem handelt es sich um ein in der Gemeinde Seeshaupt am Südufer des Starnberger Sees gelegenes Anwesen, das im Eigentum der Bekl. steht und von dieser durch Erbgang erlangt wurde. 1. Mit Schriftsatz v. 3.6.2019 haben die Kl. Klage zum Bayerischen AGH erhoben und haben unter Vorlage – der „Sonderausgabe der Mitteilungen 03/2019“ der Bekl. mit Einladung zur Kammerversammlung am 3.5. 2019 – eines Screenshots v. 30.3.2019 von der Homepage der Bekl. mit der Ankündigung der Kammerversammlung zunächst die Feststellung beantragt, (1) dass die Beschlüsse der Kammerversammlung der Bekl. v. 3.5.2019 bezüglich der Ablehnung des 4. Antrags zur Nutzung des Seehauses in Seeshaupt von Rechtsanwalt X u.a. nichtig sind, hilfsweise dass diese unwirksam sind, sowie (2) dass die Bekl. verpflichtet ist, unverzüglich eine außerordentliche Kammerversammlung einzuberufen, in der erneut über den 4. Antrag „zur Nutzung des Seehauses in Seeshaupt“ von Rechtsanwalt X u.a. abgestimmt wird. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass am 3.5. 2019 die ordentliche Kammerversammlung der Bekl. für das Jahr 2019 stattgefunden habe. Ein Gegenstand sei ein Antrag des Rechtsanwalts X und 66 weiterer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, unter ihnen der Kl. zu 2), gewesen. Dieser sei in der Einladung als „4. Antrag zur Nutzung des Seehauses in Seeshaupt“ bezeichnet worden. Dieser habe vier einzelne, konkret bezeichnete Forderungen an den Vorstand der Bekl. beinhaltet: (1) Der Vorstand wird aufgefordert, unverzüglich, spätestens zum 15.5.2019, durch Sondernewsletter die Mitglieder über die aktuelle Beschlusslage zum Seehaus sowie über alle zukünftigen Beschlüsse und/oder Maßnahmen zum Seehaus zu informieren. (2) Der Vorstand wird aufgefordert, den Betrieb des Seehauses in der bisherigen Art und Weise zum Zwecke und zum Wohle der Mitglieder und i.S.d. Testaments der Erblasserin zu Fortbildungs-, Begegnungs- und Erholungszwecken unverzüglich wieder aufzunehmen. (3) Der Vorstand wird aufgefordert, den Renovierungsbedarf auf den kammereigenen Anwesen des Seehauses und der dazugehörigen Liegenschaften unverzüglich feststellen zu lassen und die Renovierungsarbeiten unverzüglich umsetzen zu lassen und in der Kammerversammlung 2020 über die Ergebnisse und eventuell noch nicht erledigte Abschlussarbeiten zu berichten. (4) Der Vorstand wird aufgefordert, keine Beschlüsse umzusetzen und/oder Maßnahmen zu ergreifen, die den tatsächlichen oder rechtlichen Bestand des Seehauses oder die Nutzung des Seehauses durch die Mitglieder ändert oder beeinträchtigt, ohne vorher hierüber einen Beschluss der Mitglieder in der Kammerversammlung oder, soweit darüber hinaus zulässig durch Rundspruch- oder Onlineabstimmung herbeizuführen. Über diesen Antrag (bzw. die vier Unterpunkte) sei in vier einzelnen Wahlgängen offen per Akklamation abgestimmt worden. Durch den Präsidenten der Bekl. sei er sodann als abgelehnt eingeordnet worden. Die Kl. wollen die vier ablehnenden Beschlüsse mit dem Ziel anfechten, die Beschlussfassung für nichtig, hilfsweise für ungültig zu erklären, da die Abstimmung bzw. das festgestellte Abstimmungsergebnis nichtig bzw. fehlerhaft sei. Zur Begründung haben sie in der Klage im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte angeführt: – Die am 17.4.2019 über das beA-Anwaltspostfach im Rahmen einer „Sonderausgabe der Mitteilungen 03/ SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 110

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