BRAK-Mitteilungen 2/2022

kunft sei nicht übersetzt. Durch die mutwillige Auflehnung gegen Gesetz und Recht habe die Kl. ein Schmerzensgeld in dieser Höhe verwirkt. Ein Prozessvergleich sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Die Verhandlungen zwischen den Parteien hätten noch gelaufen, als die Bekl. zu dem Schluss gelangt sei, von der Idee eines Vergleichs wieder abzurücken. (...) AUS DEN GRÜNDEN: Klage und Widerklage haben lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 1. Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Prozessverkein wirksamer Prozessvergleich gleich zustande gekommen. a) Richtig ist, dass die Bekl. mit Schriftsatz v. 21.10. 2021 mitteilte, es solle im schriftlichen Verfahren gem. § 276 VI ZPO ein Vergleich geschlossen werden, wonach das Versäumnisurteil v. 26.8.2021 aufgehoben werde, und die Bekl. an die Kl. als Gesamtgläubiger 1.050,60 Euro bezahle. Hiermit sei der vorliegende Rechtsstreit hinsichtlich der Klage und der Widerklage erledigt. Über die Kosten des Rechtsstreits werde das Gericht gem. § 91a ZPO nach billigem Ermessen entscheiden. Die Kl. hat den Vergleichstext unter dem 22.10.2021 bestätigt. Mit Verfügung v. 4.11.2021 erteilte die Kammer Hinweise zum Vergleichstext sowie zur zu erwartenden Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, auf deren Inhalt verwiesen wird. Hierauf teilte die Bekl. unter dem 10.11.2021 mit, nach dem Studium der richterlichen Hinweise wünsche die Bekl. einen Vergleich nicht mehr. b) Soll ein außergerichtlich vereinbarter Vergleich, wie hier, gerichtlich noch protokolliert werden, so ist in der Regel anzunehmen, dass der Vergleich erst mit der Protokollierung abgeschlossen ist (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 16.1.1997 – 2 AzR 35/96; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.11.2016 – 2 Sa 136/16; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.7.2017 – 5 Sa 252/16). Nach der gesetzlichen Auslegungsregel in § 154 II BGB ist bei der Vereinbarung einer Vertragsbeurkundung im Zweifel anzunehmen, dass keine Vertragsbindung entsteht, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist. Im Zweifelsfall ist damit von der Konstituvität der Beurkundung auszugehen. Dies schließt allerdings nicht den Nachweis aus, dass die Beurkundung lediglich deklaratorisch sei, d.h. insb. Beweiszwecken dienen sollte. Die Beweislast dafür, dass eine unstreitig vereinbarte Beurkundung nur Beweiszwecken dienen sollte, trifft angesichts der gesetzlichen Auslegungsregel denjenigen, der aus der formlosen Vereinbarung Rechte herleiten will. Bei der Anwendung des § 154 II BGB auf Prozessvergleiche ist die Doppelnatur des Prozessvergleichs zu beachten. Der Umstand, dass von den Parteien ein Vergleich als Prozessvergleich geschlossen wird, kann dabei bedeuten, dass die Parteien den materiell-rechtlichen Vergleich mit dem Prozessvergleich untrennbar verbinden wollten und einen bloßen materiell-rechtlichen Vergleich i.S.v. § 779 BGB ohne Abschluss im Wege eines Prozessvergleichs nicht getätigt hätten. Wenn die Parteien in einem anhängigen Rechtsstreit ihre materiellrechtlichen Rechtsbeziehungen vergleichsweise regeln, so verfolgen sie mit der Vereinbarung der gerichtlichen Protokollierung vor allem den Zweck, dem Kl. einen Vollstreckungstitel zu verschaffen und den Rechtsstreit zu beenden. Der Vergleichsprotokollierung kommt damit eine wesentliche Bedeutung zu. c) Hiervon ausgehend ist durch das Telefonat der beiden Prozessbevollmächtigten, welches zum Schriftsatz der Bekl. v. 21.10.2021 führte, noch kein wirksamer Prozessvergleich zustande gekommen. Es ist auch kein materiell-rechtlicher Vergleich zustande gekommen. Ein Prozessvergleich ist schon allein deswegen nicht wirksam zustande gekommen, weil dieser weder in einem Gerichtstermin protokolliert wurde noch im schriftlichen Verfahren durch Beschluss nach § 278 VI ZPO festgestellt wurde. Schon deswegen konnten der erste Hauptantrag der Kl. sowie der erste und zweite Hilfsantrag der Kl. aus deren Schriftsatz v. 18.11.2021 keinen Erfolg haben. Ein Rechtsstreit kann nur durch einen wirksam protokolProtokollierung erforderlich lierten Prozessvergleich beendet worden sein. d) Auch ein bloßer materiellrechtlicher Vergleich der Parteien ist nicht zustande gekommen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Parteien übereinstimmend einen materiell-rechtlich wirksamen Vergleich auch für den Fall schließen wollten, dass weder ein Vollstreckungstitel für die Kl. durch Protokollierung eines wirksamen Vergleichs geschaffen würde, noch der Rechtsstreit durch diesen Vergleich auch beendet würde. Das Gericht hat auch beim Zustandekommen eines vollstreckungsfähigen Prozessvergleichs nach § 278 VI ZPO seine inhaltliche Mitverantwortung und seine alleinige Feststellungsbefugnis behalten. Allein deswegen, weil der mit Schriftsatz v. 21.10.2021 vorgesehene Vergleichstext einen nicht vollstreckungsfähigen Inhalt hatte, weil dieser eine Zahlung an die Kl. als Gesamtgläubiger vorsah, obwohl nur eine GbR als alleinige Kl. auftritt, war das Gericht verpflichtet, auf diesen Mangel des Vergleichstextes hinzuweisen. Es hätte einer erneuten Annahme der vom Gericht vorgeschlagenen Änderung des Vergleichstextes bedurft, damit ein Vergleich im schriftlichen Verfahren nach § 278 VI ZPO hätte festgestellt werden können. e) Ein Ausnahmefall von der Auslegungsregel des § 154 keine Ausnahme von § 154 II BGB II BGB ist hier nicht festzustellen. Ein derartiger Ausnahmefall wurde angenommen, wenn die beiderseits erstrebte gerichtliche Fassung nach § 278 VI ZPO nicht zum Ziel hatte, dem Vergleichsgläubiger einen VollstreckungstiDATENSCHUTZ BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 106

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