BRAK-Mitteilungen 1/2022

spruch übergegangen; daher sei der Anspruch auf Herstellung des ursprünglichen Zustands nach § 250 S. 2 Hs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Entscheidung des BGH ist nachvollziehbar. Besonders bitter daran ist, dass die Mandanten ursprünglich durchaus auf Schadensersatz in Geld geklagt hatten und erst aufgrund eines Hinweises des OLG auf einen Freistellungsantrag umgestellt hatten. (hg) REGRESS DES RECHTSSCHUTZVERSICHERERS GEGEN DEN RECHTSANWALT AM BGH Zur Verteilung der Pflichten zwischen einem Rechtsanwalt am BGH, der eine erkennbar aussichtslose Nichtzulassungsbeschwerde einreichen und begründen soll, und dem Korrespondenzanwalt, der die Verfahren in den Instanzen geführt hat und nun noch als Mittler zwischen Mandanten und dem BGH-Anwalt fungiert. (eigener Ls.) OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.11.2021 – 17 U 285/21 sowie Beschl. v. 19.11.2021 – 17 U 286/21 Diese beiden Hinweisbeschlüsse gem. § 522 II ZPO gehören vom Gesamtkomplex her zur in Heft 6/20214 4 BRAK-Mitt. 2021, 370. besprochenen Entscheidung des BGH5 5 BGH Urt. v. 16.9.2021 – IX ZR 165/19. und schließen gleichsam dort an den letzten Satz der Urteilsgründe an. Die Streithelfer in jenem Verfahren – Rechtsanwälte am BGH – sind die hier von der Rechtsschutzversicherung der jeweiligen Mandanten verklagten Anwälte. Der BGH hatte etwaige Haftungsansprüche in diesem Rechtsverhältnis offengehalten, indem er lediglich ausführte, die Streithelfer hätten allenfalls den gleichen Fehler gemacht wie die Beklagten. Der Sachverhalt daher noch einmal in aller Kürze: Anlegerklagen gegen Finanzdienstleister waren in großer Anzahl wegen Verjährung zurückgewiesen worden, nachdem der BGH in mehreren Entscheidungen festgestellt hatte, dass zunächst eingereichte Güteanträge nicht zur Verjährungshemmung geeignet waren. Dennoch führten die beauftragten Rechtsanwaltskanzleien die Verfahren für die Mandanten – mit Deckungszusagen der Rechtsschutzversicherer – weiter. Anschließend forderten die Rechtsschutzversicherer aus übergegangenem Recht (§ 86 VVG) die Kosten der nach ihrer Behauptung unnötigen und ersichtlich aussichtslosen Prozesse zurück. Auch wenn die BGH-Anwälte die Aussichtslosigkeit hätten erkennen und grundsätzlich dies auch hätten äußern müssen, erkennt das OLG Karlsruhe hier ausnahmsweise keine Pflichtverletzung. Würde nämlich ein Anwalt lediglich als Prozessanwalt mandatiert, begrenze dies den Umfang des erteilten Mandats v.a. dann, wenn ein Korrespondenzanwalt eingeschaltet bleibt, der allein den Kontakt zum jeweiligen Mandanten hält. Dann müssen die Pflichtenkreise des Prozessbevollmächtigten und des Verkehrsanwalts unterschieden und voneinander abgeschichtet werden. Der OLG-Senat berücksichtigte hier, dass die Verkehrsanwälte die BGH-Anwälte gewissermaßen schon mit einem fertigen Konzept beauftragten. Es sei allen Beteiligten vor Augen gestanden, dass der BGH mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch die Nichtzulassungsbeschwerden zurückweisen werde. Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden sei aber nur als Zwischenschritt zu einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde gedacht, für die bei Mandatierung schon ein Gutachten eines Rechtsprofessors vorlag, der anschließend auch die Kläger vor dem BVerfG hätte vertreten sollen. Zwar verantworte der Prozessbevollmächtigte die einzuschlagende Prozesstaktik und müsse Bedenken, die ihm diesbezüglich kämen, auch in entsprechender Form äußern. Gebe der Mandant aber wie hier eindeutig zu erkennen, dass er seiner fachlichen Hilfe nur in eine bestimmte Richtung und Reichweite hin bedürfe, so begrenze dies die anwaltlichen Pflichten. Da die Beklagten davon ausgehen durften, dass den Mandanten die Aussichtslosigkeit der Nichtzulassungsbeschwerden deutlich vor Augen stand, mussten sie darüber nicht mehr belehren. Die Prüfung der Aussichten für die angedachten Verfassungsbeschwerden lagen wiederum nicht in ihrem Aufgabenbereich. Beweispflichtig dafür, dass die behauptete Pflichtverletzung im Aufgabenbereich des Mandats liegt, ist der Anspruchsteller. (bc) FRISTEN beA: SELBST VERSENDEN ODER qeS Ein nicht qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wird nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach i.S.d. § 55a III 1 Alt. 2, IV Nr. 2 VwGO eingereicht, wenn die den Schriftsatz verantwortende Person das Dokument selbst versendet. BVerwG, Beschl. v. 12.10.2021 – 8 C 4/21 Wird das beA durch eine andere Person als den Postfachinhaber – z.B. das Sekretariat eines Rechtsanwalts – verwendet, liegt kein sicherer Übermittlungsweg vor. (eigener Ls.) OLG Hamburg, Urt. v. 17.9.2021 – 11 U 71/20, DStR 2021, 2983 = ZInsO 2021, 2744 § 55a VwGO entspricht § 130a ZPO. Das BVerwG schließt sich der von etlichen Arbeits- und Zivilgerichten geäußerten Auffassung an, dass ausschließlich die Versendung aus dem eigenen Postfach des Rechtsanwalts durch diesen selbst ohne zusätzliche qualifizierte Signatur (qeS) wirksam ist. Hier war die Versendung zwar aus dem Postfach des Rechtsanwalts („verantwortende Person“) erfolgt, jedoch war sie offenbar nicht durch ihn selbst, sondern durch einen Mitarbeiter veranlasst worden. Das BVerwG weist darauf hin, dass der Inhaber des Postfachs das Recht zur Versendung nicht qualifiziert sigJUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 AUFSÄTZE 28

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