BRAK-Mitteilungen 5/2021

II. NEUE GEBÜHRENRAHMEN BEI INKASSODIENSTLEISTUNGEN 1. NEUE GESCHÄFTSGEBÜHR Durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucher- schutzes im Inkassorecht sind verschiedene neue Vergü- tungsregelungen zu beachten. Am weitreichendsten ist die Veränderung bei der Gebührenbestimmung. Bisher gab es einen einheitlichen Rahmen für alle Ge- schäfte nach Nr. 2300 VV-RVG a.F. Dieser sah für alle Fälle ein anwaltliches Bestimmungsrecht innerhalb eines Rahmens von 0,5 bis 2,5 der Wertgebühr und in der Anmerkung eine Kappung auf 1,3 bei nicht umfang- reichen und schwierigen Angelegenheiten vor. Nr. 2300 VV-RVG n.F. unterscheidet von diesem allge- meinen Rahmen die Gebührenbestimmung bei Inkasso- geschäften. Die Vorschrift sieht in Abs. 2 der Anmer- kung nunmehr vor, dass bei Inkassodienstleistungen be- züglich unbestrittener Forderungen der Gebührenrah- men nur noch 0,5 bis 1,3 der Wertgebühr beträgt und dass die Gebühr in den Fällen auf 0,9 gekappt bleibt, in denen die Inkassodienstleistung besonders umfang- reich oder besonders schwierig war. Letztes ist gegen- über der bisherigen Anmerkung eine Verschärfung, weil zur Überschreitung der allgemeinen Kappungsgrenze eine einfach umfangreiche oder schwierige Tätigkeit ausreicht, während sie im Inkassobereich „besonders“ umfangreich oder schwierig sein muss. Die Beschränkung der Gebühr für Forderungsschreiben hat ihre Ursache im Missbrauch von Gestaltungsmög- lichkeiten durch Aufspaltung der Inkassotätigkeit vom Mahnbüro des Auftraggebers über ein gewerbliches In- kassounternehmen bis hin zum ebenfalls vorgerichtlich tätig werdenden Rechtsanwalt. Auf diese Weise ver- mehrten sich die vom Verbraucher zu erstattenden In- kassokosten erheblich und überstiegen zuweilen die Hauptforderung deutlich. Auch hier hat der Gesetzge- ber den Aufwand gescheut, mit einer substanziellen Re- gelung der Inkassokosten im gewerblichen Bereich den Missbräuchen gegenzusteuern. Stattdessen wird neben dem gewerblichen Masseninkasso auch der „händisch“ arbeitende Rechtsanwalt, der nur wenige Inkassoange- legenheiten bearbeitet, mit seinem im Vergleich zum gewerblichen Masseninkasso erheblich höheren Auf- wand in den Abrechnungsmöglichkeiten beschränkt. In der Neuregelung wird der Verbraucher nicht wirklich mehr geschützt als bisher. Dagegen wird für viele Rechtsanwälte der Inkassobereich unattraktiv. Dabei wirkt gerade die Beauftragung von Rechtsanwälten mit Inkassoangelegenheiten verbraucherschützend. Rechts- anwälte nehmen nämlich anders als gewerbliche Inkas- sounternehmen beim Masseninkasso eine echte Tatsa- chen- und Rechtsprüfung vor und schützen damit Ver- braucher vor ungerechtfertigten Inanspruchnahmen. Das trägt die neue Gebührenregelung nicht mehr. So beträgt die Gebühr für ein Inkasso einer Forderung bis 500 Euro statt bisher regelmäßig 63,70 Euro nunmehr nur noch maximal 44,10 Euro, wenn die Tätigkeit nicht besonders umfangreich oder besonders schwierig war. Noch einschneidender ist die Neuregelung bei beson- ders geringen Forderungen. So hat der Gesetzgeber ausschließlich für außergerichtliche Inkassotätigkeiten, die unbestrittene Forderungen zum Gegenstand haben, gem. § 13 II RVG n.F. eine weitere Wertstufe unterhalb der bisherigen niedrigsten Wertstufe von 500 Euro ein- geführt. Bei einem Wert von bis zu 50 Euro beträgt die Wertgebühr nunmehr 30 Euro. Bei Ansatz der Gebühr in Höhe der Kappungsgrenze von 0,9 gem. Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 2300 VV-RVG beträgt die Gebühr nur noch 27 Euro statt, wie bisher 63,70 Euro. Zu dieser Gebühr ist eine anwaltliche Leistung nicht zu erbringen. 2. NEUE EINIGUNGSGEBÜHR Ebenso neu geregelt ist die Abrechnung von Zahlungs- vereinbarungen. Nachdem der Gesetzgeber des RVG durch die Einfüh- rung der Einigungsgebühr anstelle der früheren Ver- gleichsgebühr vergeblich versucht hatte, gerichtliche Rechtsstreite wegen der Einwendung der petitio pecu- nia non parata durch Prämierung von Ratenzahlungs- vergleichen mit der Einigungsgebühr zu vermeiden, hat er mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 2013 mit der Zahlungsvereinbarung in der Anm. I 2 zu Nr. 1000 VV- RVG einen neuen Vertragstyp außerhalb des BGB ge- schaffen und zugleich speziell für diesen Vertrag mit einer neuen Gegenstandswertregelung in § 31b RVG den Gegenstandswert auf 20 % der gesamten zu voll- streckenden Forderung einschließlich Zinsen und Kos- ten beschränkt. Die Einigungsgebühr betrug außerge- richtlich einheitlich 1,5 der Wertgebühr. Bei einer Forde- rung von 5.000 Euro bedeutete das eine Vergütung für die Zahlungsvereinbarung von 132 Euro und bei einer Forderung von 10.000 Euro 249 Euro. Nach der Neuregelung wird in Nr. 1000 Anm. 2 n.F. der Gebührenfaktor auf 0,7 der Wertgebühr beschränkt. Zugleich wird der Gegenstandswert in § 31b RVG n.F. mit 50 % der gesamten zu vollstreckenden Forderung eischließlich Zinsen und Kosten festgesetzt. Bei einer Forderung von 5.000 Euro beträgt die Vergütung jetzt 155,40 Euro und bei einer Forderung von 10.000 Euro 233,80 Euro. III. NEUREGELUNG DER STREITVERKÜNDUNG Eine der wenigen strukturellen Änderungen durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 ist die Neurege- lung der Streitverkündung. Sie wird in § 19 I 2 Nr. 1 b) RVG aktueller Fassung geregelt. Danach ist ausschließ- lich die Verkündung des Streits Teil des Rechtsstreits. Die Streitverkündung wird damit – in Übereinstimmung mit der bisherigen herrschenden Auffassung – im Rechtsstreit nicht besonders entgolten, und zwar insb. HINNE, DIE NEUREGELUNGEN DER RECHTSANWALTSVERGÜTUNG IM JAHR 2021 AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 281

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0