BRAK-Mitteilungen 4/2020

gleich auch eine unterschiedliche Behandlung von In- kassodienstleistern und Haus- und Wohnungsverwal- tungen ohne Verstoß gegen Art. 3 I GG sachlich ge- rechtfertigt. Letztlich kann diese von der Kl. angeführte Problematik aber auch in hiesigem Zusammenhang da- hinstehen. Denn jedenfalls fehlt es zudem an der nach Nr. 3.1 der AGB der Kl. erforderlichen Mahnung betref- fend die überzahlten Mietzinsansprüche. Das Rüge- schreiben v. 19.12.2017 enthält eine solche Mahnung betreffend die erst zukünftig fällig werdenden Mieten nicht. Darüber hinaus erfolgte die Beauftragung der Kl. auch bereits vor Ablauf der mit diesem Schreiben ge- setzten Frist, so dass auch aus diesem Grunde die gel- tend gemachten Inkassokosten keinen Schaden darstel- len, der – wie Nr. 3.1 der AGB voraussetzt – erst infolge des Verzugs entstanden ist. HINWEISE DER REDAKTION: Im Fall wenigermiete.de hatte der BGH (BRAK-Mitt. 2020, 44) entschieden, dass der Begriff der Rechts- dienstleistung in Gestalt der Inkassodienstleistung gem. § 2 II 1 RDG, die ein eingetragener Inkasso- dienstleister nach § 10 I Nr. 1 RDG erbringen darf, unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dem RDG verfolgten Zielsetzung einer grundlegen- den, an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung ausgerichteten, die Entwicklung neu- er Berufsbilder erlaubenden Neugestaltung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistun- gen nicht in einem zu engen Sinn zu verstehen sei. Vielmehr sei eine eher großzügige Betrachtung gebo- ten. Nach diesen Maßstäben ist es von der Inkasso- dienstleistungsbefugnis eines registrierten Inkasso- dienstleisters (noch) gedeckt, wenn dieser auf seiner Internetseite einen „Mietpreisrechner“ zur – zu- nächst unentgeltlichen – Berechnung der ortsüb- lichen Vergleichsmiete zur Verfügung stellt und im Anschluss hieran dem Mieter die Möglichkeit gibt, ihm durch Anklicken eines Buttons mit der außerge- richtlichen Durchsetzung von – näher bezeichneten – Forderungen und etwaigen Feststellungsbegehren gegen den Vermieter im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse zu beauftragen und in diesem Zu- sammenhang die genannten Ansprüche zum Zweck der Durchsetzung treuhänderisch an den Inkasso- dienstleister abzutreten (vgl. hierzu die Besprechung von Henssler , BRAK-Mitt. 2020, 6). UNZULÄSSIGE BÜNDELUNG VON KARTELL- SCHADENSERSATZANSPRÜCHEN – FINANCIAL- RIGHT RDG §§ 3, 4, 10 I 1 Nr. 1; BGB § 134 1. Ein Erlaubnistatbestand des RDG ist für die mit der „fiduziarischen Inkassozession“ intendierte ge- bündelte Durchsetzung einer Vielzahl äußerst hete- rogener Ansprüche mit einer Vergütung der Klage- partei auf Basis einer Erfolgsbeteiligung unter Ein- beziehung eines dritten Prozessfinanzierers nicht er- füllt. 2. Die Vertragspflichten der Klagepartei gegenüber ihren Kunden sind im vorliegenden Fall keine Inkas- sodienstleistung im Sinne des RDG. Gemessen an einer Gesamtschau der vertraglichen Regeln, des Auftretens der Klagepartei gegenüber ihren Kunden und der tatsächlichen Durchführung sind die Ver- tragspflichten der Klägerin von vorneherein aus- schließlich auf eine gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche gerichtet. Es liegt daher ein Verstoß ge- gen § 3 RDG vor. 3. Unerlaubt ist die Rechtsdienstleistung zudem ge- mäß § 4 RDG, da ihre Erfüllung durch andere Leis- tungspflichten der Klagepartei unmittelbar beein- flusst und gefährdet wird. Eine solche Beeinflussung und Gefährdung der ordnungsgemäßen Erfüllung einer anderen Leistungspflicht liegt hier vor – so- wohl im Verhältnis der Klagepartei zu ihren jeweils einzelnen Kunden als auch im Verhältnis der Klage- partei zu ihren Kunden einerseits und dem Prozessfi- nanzierer andererseits. Dabei ist auch die Leistungs- pflicht der Klagepartei gegenüber dem Prozessfi- nanzierer im Verhältnis zur Leistungspflicht der Kla- gepartei gegenüber ihren Kunden eine „andere Lei- stungspflicht“ im Sinne des § 4 RDG. Es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Leistungspflichten aus getrennten Vertragsverhältnissen mit jeweils unterschiedlichen Personen. 4. Die Abtretungen an die Klagepartei sind gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 3 und § 4 RDG nich- tig. Das Vorhandensein einer Registrierung gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG steht der Nichtigkeitsfol- ge nicht entgegen. 5. Auch die Gesamtabwägung unter Berücksichti- gung des Schutzzwecks des RDG und der grund- rechtlich geschützten Berufsfreiheit der Klagepartei sowie der Eigentumsgarantie ihrer Kunden führt zu einer Bewertung der Dienstleistung als verbotene Rechtsdienstleistung und zur Nichtigkeit der Abtre- tungen. LG München I, Urt. v. 7.2.2020 – 37 O 18934/17 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 235

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