BRAK-Mitteilungen 4/2020

3. VERANTWORTLICHE AUSSENVERTRETUNG Das für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfor- derliche Merkmal der verantwortlichen Außenvertre- tung (§ 46 III Nr. 4 BRAO) begründet der BGH 17 17 BGH, Urt. v. 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/19 Rn. 24. damit, dass der Antragsteller „eigenverantwortlich ohne den Zusatz ,i.V.’ und ohne Geltung von Wertgrenzen“ zeich- ne. Ob der BGH damit sagen will, dass ein Zeichnen mit „i.V.“ oder die Vorgabe von Wertgrenzen eine eigenver- antwortliche Außenvertretung i.S.v. § 46 III Nr. 4 BRAO ausschließe, bleibt offen. 4. ANWALTLICHE PRÄGUNG Eher nebenbei bestätigt der BGH in diesem Urteil 18 18 BGH, Urt. v. 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/19 Rn. 26. noch einmal, dass 65 % anwaltliche Tätigkeit „am unte- ren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeits- verhältnisses Erforderlichen“ liegen. Zudem bestätigt der BGH 19 19 BGH, Urt. v. 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/19 Rn. 29. seine bisherige Rechtsprechung, dass bei einer quantitativen Prägung des Arbeitsverhältnisses durch anwaltliche Tätigkeiten die qualitative Prägung vermutet wird. 5. VERTRAUEN AUF ANGABEN VON ANTRAGSTELLERN Außerdem bestätigt der BGH 20 20 BGH, Urt. v. 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/19 Rn. 27. auch seine Linie, 21 21 BGH, Beschl. v. 9.1.2020 – AnwZ (Brfg) 11/19. dass die Kammern (und die Gerichte) grundsätzlich den An- gaben der Antragsteller vertrauen dürfen und müssen: Solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die von den Antragstellern gemachten Angaben unzutreffend sind, sind diese für die Kammern und Gerichte bindend. Diese Aussage steht in einem Spannungsverhältnis zum Amtsermittlungsgrundsatz. 6. FORTBESTAND DES ARBEITSVERHÄLTNISSES ALS VORAUSSETZUNG DER ERSTRECKUNG Der „zulassungsfähige Fortbestand des bisherigen Ar- beitsverhältnisses“ ist nach Ansicht des BGH 22 22 BGH, Urt. v. 30.3.2020 – AnwZ (Brfg) 49/19 Rn. 37. tatbe- standliche Voraussetzung für den Erlass eines Erstre- ckungsbescheids bei Aufnahme eines weiteren Arbeits- verhältnisses. Wie oben 23 23 Unter I.6. ausgeführt, erstrecke sich der Regelungsgehalt des Erstreckungsbescheids zwar nicht auf die Feststellung, dass für die bisherige Tätigkeit nach wie vor die Zulassungsvoraussetzungen gegeben seien, aber gleichwohl sei der zulassungsfähige Fortbe- stand des bisherigen Arbeitsverhältnisses eine tatbe- standliche Voraussetzung für den Erlass eines Erstre- ckungsbescheids nach § 46b III BRAO. Diese sehr feinsinnige Unterscheidung zwischen den tatbestandlichen Voraussetzungen und der Reichweite der Feststellungen eines Verwaltungsaktes könnte be- deuten, dass zukünftig bei der Erstreckung auf eine wei- tere Tätigkeit nicht nur die neue Tätigkeit geprüft wer- den muss, sondern auch die bisher ausgeübte Tätigkeit: nämlich daraufhin, ob auch die bisherige Tätigkeit nach wie vor zulassungsfähig ausgeübt wird. Wobei sich dann die Frage stellt, ob die Kammern prüfen müssen, dass die Tätigkeit nach wie vor so ausgeübt wird, wie sie bei Zulassung ausgeübt wurde, oder ob sie nach wie vor zulassungsfähig ausgeübt wird. Das muss nicht dasselbe sein, denn Änderungen in der Tätigkeit – auch wesentliche Änderungen – bedeuten nicht automatisch, dass die Tätigkeit nicht mehr zulas- sungsfähig ist. Für die Kammern würde sich weiter die Frage stellen, wie sie den unveränderten oder jedenfalls zulassungsfähigen Fortbestand der bisherigen Tätigkeit prüfen müssen und können: Ausweislich der obigen Ausführungen 24 24 Unter II.5. dürfte es ausreichen, sich dies vom An- tragsteller/der Antragstellerin bestätigen zu lassen. Gibt er/sie diese Bestätigung ab und ergeben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bestätigung falsch ist, dürfen die Kammern darauf vertrauen. Für das Mitglied würde eine solche erneute Prüfung in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht keinen Vorteil bringen: Denn eine (erneute) Bindungswirkung des Er- streckungsbescheids für den Träger der Rentenversiche- rung ergibt sich laut BGH daraus nicht. 25 25 S. oben I.6. Wenn also entgegen dem Prüfungsergebnis der Kammer die Tätig- keit nicht mehr zulassungsfähig ausgeübt wird, dann ist die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversiche- rungspflicht ipso iure entfallen und bleibt es auch. In den Fällen der Erstreckung auf eine wesentlich geän- derte Tätigkeit dürfte dies keine Rolle spielen: Denn in diesen Fällen ist die wesentliche Änderung der Tätigkeit ja gerade Tatbestandsvoraussetzung und somit besteht die bisherige Tätigkeit ja gerade nicht fort. LÖWE, SYNDIKUS-ZULASSUNG BEI ARBEITGEBERWECHSEL BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 AUFSÄTZE 184

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