BRAK-Magazin 4/2020

9 BRAK MAGAZIN 04/2020 einen deutlichen Imagegewinn. Das Angebot, im Streit um Anwaltsgebühren und Schadensersatz kostenlos, unkompliziert und schnell an einem neutralen Schlichtungsverfahren teilzunehmen, ist ein Schlüssel, eventuell verlorenes Vertrauen in die Rechtsanwaltschaft wiederherzustellen. Sie waren auch als gerichtliche Mediatorin tätig. Was nehmen Sie daraus für Ihr neues Amt mit? Schlichtung hat ebenso wie die Mediation das Ziel, einen Konsens zwischen den Konfliktparteien herzustellen. Obwohl konsensuale Streitschlich- tung keine Erfindung der Moderne ist, hat sie es schwer, sich als echte Alternative zum rechtsstaat- lich garantierten Gerichtsverfahren zu etablieren. Einige sehen sie als Angriff auf die Justizhoheit, andere sind nicht von der Wirksamkeit alternati- ver Streitbeilegungsmethoden überzeugt oder sie scheuen den zusätzlichen persönlichen Einsatz, den die eigenverantwortliche Suche nach einer Streitlösung bedeutet. Es würde mich daher nicht wundern, wenn auch die Schlichtung von den Vor- behalten betroffen ist. Diese können nur überwun- den werden, wenn die Bereitschaft und der Wille zur Veränderung der Streitkultur wachsen. Darauf Einfluss zu nehmen, erfordert einen langen Atem. Woran lässt sich Ihrer Ansicht nach die Qualität eines Schlichtungsvorschlags messen? Elementar sind selbstverständlich die fundierte rechtliche Würdigung des umfassend ermittelten Sachverhalts und ihre verständliche Darlegung. Ein überzeugender Schlichtungsvorschlag wird aber auch auf die durch den Konflikt ausgelös- ten Emotionen und Erwartungen eingehen, die unterschiedlichen Horizonte beleuchten und das gegenseitige Verständnis fördern. Nur so werden sich die Beteiligten einigen können und nachhaltig befrieden lassen. Die Zahl der Schlichtungsanträge liegt seit Jah- ren stabil bei etwa 1.000 jährlich. Wie beurteilen Sie das? Zu bedenken ist, dass angesichts der von Ihnen ge- nannten Zahlen bei Verbrauchern und Anwälten wenig praktische Erfahrungen mit den Vorausset- zungen und Abläufen eines Schlichtungsverfah- rens vorhanden sind. Und zudem werden selbst die erfolgreichen Schlichtungen nicht jeden Betei- ligten veranlassen, darüber publikumswirksam zu berichten. Hier gilt es, Strategien zu entwickeln, um die Besonderheiten und Vorzüge dieses Ver- fahrens in der Breite noch bekannter zu machen. Wenn dies gelingt, bin ich überzeugt, dass sich die Zahl der Schlichtungsanträge noch steigern lässt. Was möchten Sie in Ihrer Amtszeit für Anwalt- schaft und Mandantschaft bewegen? Mit meiner Arbeit will ich für die Verbraucher ein Signal setzen, dass es eine lohnende Alternative zum kostenpflichtigen Gerichtsverfahren gibt. Bei Streit mit dem Rechtsanwalt soll der Mandant wis- sen, dass der Weg zur Konfliktlösung nicht einspu- rig auf ein streitiges Verfahren zuführt, sondern dass ein weiteres Gleis zur Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft mit ihrem konsensualen Ver- fahren genutzt werden kann. Zu meinen Haupt- aufgaben gehört daher die Öffentlichkeitsarbeit. Ein Streit zwischen Mandant und Rechtsanwalt um Gebühren und/oder Schadensersatz tangiert regelmäßig das Ansehen der gesamten Anwalt- schaft und widerspricht dem Ideal des dem Ge- meinwohl und einem hohen Ethos verpflichteten Berufsbildes. Die Schlichtungsstelle der Rechtsan- waltschaft leistet per se einen Beitrag zum positi- ven Image der Anwaltschaft. Wenn es ihr zudem gelingt, effektiv und erfolgreich Schlichtungsvor- schläge zu unterbreiten, wird damit das Vertrau- en in die Anwaltschaft untermauert. Hier will ich weniger bewegen denn festigen. Interview: RAin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. HINTERGRUND: WIE ARBEITET DIE SCHLICHTUNGSSTELLE? Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft i st eine gesetzlich anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG). Sie besteht seit dem Jahr 2011 und vermittelt in einem schriftlichen Verfahren bei vermögensrechtlichen Strei- tigkeiten zwischen Rechtsanwälten und ihren (ehema- ligen) Mandanten bis zu einem Wert von 50.000 Euro. Dazu gehören Streitigkeiten über Anwaltsrechnungen und/oder Schadensersatzforderungen. Die Teilnahme am für die Beteiligten kostenfreien Schlich- tungsverfahren ist freiwillig. Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist also grundsätzlich nur mög- lich, wenn beide Parteien (Rechtsanwalt und Mandant) dazu bereit sind. Der Ablauf des Schlichtungsverfahrens richtet sich nach den Vorgaben des VSBG, § 191 f BRAO und der Satzung der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist be- strebt, durch die Unterbreitung eines Schlichtungsvor- schlags zur Beilegung der Streitigkeit beizutragen und zwischen den amVerfahren Beteiligten einen dauerhaften Rechtsfrieden herzustellen. Der Schlichtungsvorschlag beruht auf einer rechtlichen Würdigung des mitgeteilten Sachverhalts. Die Parteien des Schlichtungsverfahrens können diesen Vorschlag annehmen oder ablehnen. Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist unab- hängig und an Weisungen nicht gebunden. RA Dr. Danny Amlow Geschäftsführer der Schlichtungsstelle

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