BRAK-Magazin 4/2020

5 BRAK MAGAZIN 04/2020 von Korruption und Geldwäschebekämpfung die anwaltlichen Grundpflichten und auch die Selbst- verwaltung angegriffen. Die BRAK sieht es als essenziell an, dass die zuständigen Ministerien und insbesondere das BMJV, folgende Themenbe- reiche in den Prioritäten ihrer Arbeit hinsichtlich der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 berück- sichtigen: Die Stärkung und Sicherung der Funktion der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege, die Si- cherstellung der anwaltlichen Selbstverwaltung, der Schutz der Vertraulichkeit als Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger, die Sicherstellung des Zugangs zum Recht, die Gewährleistung höchs- ter Standards im digitalen Wandel, die Stärkung der Verfahrensgarantien im Strafverfahren und schlussendlich auch die Anerkennung der System- relevanz der Anwaltschaft auf europäischer Ebe- ne. ASPEKTE DER RATSPRÄSIDENTSCHAFT Mit dem deutschen Ratsvorsitz beginnt auch eine neue, sogenannte Trio-Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union. Diese wird gemeinsam mit Portugal und Slowenien gebildet und es wird ein Programm für den gemeinsamen Trio-Zeitraum er- stellt, welches zu einer kohärenten Agenda in der Europäischen Union führen soll. Zum letzten Mal hatte die Bundesrepublik Deutschland die Ratspräsidentschaft im Jahr 2007 inne. Ein prägendes Ergebnis dieser Zeit waren die Vorarbeiten zum Vertrag von Lissabon, welcher 2009 in Kraft trat und die Europäische Union institutionell reformierte. Im Jahr 2020 sind es die Entwicklungen rund um den Ausbruch der Corona-Pandemie und deren Folgen, welche die deutsche Ratspräsidentschaft beeinflussen. PROGRAMM DER BUNDESREGIERUNG Am 30.6.2020 hat die deutsche Bundesregierung unter dem Titel „Gemeinsam Europa wieder stark machen“ das Programm für die deutsche Ratsprä- sidentschaft veröffentlicht. Die Themen der deutschen Ratspräsident- schaft im Bereich Justiz und Verbraucherschutz und damit auch für die Anwaltschaft von Relevanz sind: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grund- rechte, Digitalisierung und Zugang zum Recht, Schutz der Opfer von Straftaten, internationale justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handels- sachen, das Gesellschaftsrecht, die Verbraucher- agenda und die in den Bereich Digitales fallenden Bereiche Datenökonomie, KI und geistiges Eigen- tum. Höchste Priorität soll der Abschluss der Ver- handlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanz- rahmen der Europäischen Union 2021-2027 (MFR) besitzen. Was die Rechtsstaatlichkeit in der Europäi- schen Union betrifft, ist es ein Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft, deren Schutz weiter auszu- bauen. In EU-Mitgliedstaaten, in denen, rechts- staatliche Defizite bestehen, sollten, die in den europäischen Verträgen vorgesehenen Mecha- nismen entschiedener als bisher genutzt werden. Dies gilt sowohl für Verfahren nach Art. 7 EUV als auch für Verfahren vor dem EuGH. Mittelauszah- lungen des Mehrjährigen Finanzrahmens sollen an rechtsstaatliche Kriterien gebunden sein. Der BRAK ist es dabei – wie in den Prioritäten für die Ratspräsidentschaft erwähnt – ein Anliegen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte neben Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten als eine weitere tragende Säu- le des Rechtswesens wahrgenommen und stärker als bisher in die europäische Gesetzgebung mit- einbezogen werden. Im Bereich Justiz plant die deutsche Ratspräsi- dentschaft die verschiedenen EU-Instrumente der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen zu ver- bessern. Mit dem Ausbau der digitalen Souveräni- tät ist auch dem Bereich Digitales im Programm der Ratspräsidentschaft ein ganzes Kapitel ge- widmet. Dabei stehen künstliche Intelligenz, Da- tenpolitik und das Legislativpaket digitale Dienste an zentraler Stelle. Im Wettbewerbsrecht sollen Fusionskontrollverfahren die globale Konkurrenz- situation im Blick behalten. Dabei möchte die deutsche Ratspräsidentschaft auch den Abbau verbleibender, nicht gerechtfertigter Hindernisse im Binnenmarkt vorantreiben. Der Kampf gegen Geldwäsche findet im Hinblick auf die Unterbin- dung der Terrorismusfinanzierung Erwähnung. Flankiert wird eine Präsidentschaft in der Re- gel von einem Begleitprogramm mit vielen Ver- anstaltungen. Ob diese tatsächlich stattfinden können, hängt von der tagesaktuellen Lage rund um die Corona-Krise ab. Die erste informelle Ta- gung der Ratsformation „Justiz und Inneres“ fand am 6.7.2020 statt. Eine weitere Sitzung ist für den 2.11.2020 geplant. Formelle Sitzungen werden am 8.10.2020 sowie am 3.12.2020 stattfinden. ERWARTUNG DER BRAK Im Hinblick auf alle geplanten Vorhaben der deut- schen Ratspräsidentschaft wird die BRAK darauf achten, dass die Standards, die in Deutschland durch die bestehende Selbstverwaltung der An- waltschaft gegeben sind, gewahrt bleiben. Die BRAK erwartet ferner von der deutschen Rats- präsidentschaft dafür einzutreten, dass das Grundrecht jeder Bürgerin und jedes Bürgers der Europäischen Union auf absolute Vertraulichkeit der Anwalts-Mandaten-Kommunikation in allen Rechtsvorhaben gewährleistet ist.

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