BRAK-Mitteilungen 6/2025

[26] Es fehle dem Antrag bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Die mit dem Antrag zu 1a) angegriffenen Äußerungen entsprächen sinngemäß den von Rechtsanwalt (...) an das Gericht, die Staatsanwaltschaft sowie die Nebenklage gerichteten Ausführungen im „Opening Statement“ in der Hauptverhandlung v. 11.7.2025 vor dem LG Hamburg. Äußerungen, die wie die hier streitgegenständlichen der Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen Verfahren dienten, seien privilegiert und im Wege der Ehrschutzklage nicht angreifbar. [27] Jedenfalls sei die Bekl. nicht passiv legitimiert. Es handele sich bei der angegriffenen Mitteilung um eine eigene Erklärung von Herrn (...), die die Bekl. inhaltlich nicht verantworte. Dies ergäbe sich bereits daraus, dass die Mitteilung unter dem Briefkopf der „Kanzlei (...) – Kanzlei für Strafrecht als ,Presseerklärung (...)“ betitelt und in „Ich-Form“ aus Sicht des Strafverteidigers verfasst sei. Darin schildere der Strafverteidiger die Sicht der Verteidigung (bzw. aus der Ich-Perspektive seine persönliche Sicht) auf das Strafverfahren. Auch im folgenden Abschnitt („Wer sind die Verteidiger von Frau (...)?“) stehe die Vorstellung der Verteidiger im Vordergrund. Entsprechend stünden die Informationen im Presseportal (Anl. AST 2) unter der Überschrift „Prominente Unterstützung im Fall (...): (...) ist ab sofort neben (...) als Strafverteidiger von (...) tätig.“ Überdies verweise auch Anl. AST 2 darauf, dass die Mitteilung den Standpunkt der Verteidigung enthält. [28] Die Unterlassungsansprüche bestünden auch im Übrigen nicht. [29] Der Kl. habe sich wörtlich so geäußert, wie mit Antrag zu 1a) gerügt. Entgegen der Auffassung des Kl. verstünden Durchschnittsleser die Äußerungen nicht als wörtliche Zitate, vielmehr verdeutlichten die Anführungszeichen aus Lesersicht, dass es sich beim Ausdruck „(...)“ bzw. „(...)“ um umgangssprachliche Redewendungen handele. [30] Im Hinblick auf den Antrag zu 1b) sei unstreitig, dass der Kl. den Kontakt der Kinder zu ihrer Mutter und ihrem früheren Umfeld beendet habe. Streitig sei insofern lediglich der Zeitpunkt, indem der Kl. vortrage, dass dies nicht bereits im August 2021, sondern erst einige Monate später im Laufe des Jahres 2022 erfolgt sei. [31] Dies ergebe sich indes auch aus der Pressemitteilung, indem zunächst darüber informiert werde, dass der Kl. die Kinder im August 2021 bei sich behalten hat. [32] Danach werde geschildert, wie die Bekl. seit der Entziehung im August 2021 um ihre Kinder kämpft und dass die deutsche Rechtsprechung bereits entschieden habe, dass der Kl. die Kinder herauszugeben hat. Erst danach erfolge die streitbefangene Äußerung über die Beendigung des Kontakts. [33] Die Anknüpfungstatsachen für die Äußerung, die Kinder seien für die Bekl. „(...)“ würden in den beiden Folgesätzen erörtert, in denen darauf Bezug genommen wird, dass die Bekl. die Kinder bis zu der Silvesternacht von 2023 auf 2024 nie mehr gesehen habe. Dass die Bekl. über den Aufenthaltsort der Kinder im Unklaren wäre, werde nicht behauptet. AUS DEN GRÜNDEN: [34] Der Eilantrag ist zulässig, aber unbegründet. [35] I. Es fehlt dem Eilantrag nicht bereits wegen des Vorliegens privilegierter Äußerungen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens insgesamt das Rechtsschutzbedürfnis. [36] Die streitbefangenen Äußerungen in der Pressemitteilung sind nicht ähnlich den Äußerungen in einem Gerichtsverfahren oder im Rahmen von deren konkreter Vorbereitung in dem Sinne privilegiert, dass Ehrschutzklagen gegen sie nicht möglich wären. [37] Die Privilegierung von Äußerungen in behördlichen Privilegierung in gerichtlichen Verfahren oder gerichtlichen Verfahren dient dem Interesse an einer geordneten Rechtspflege. Der Ablauf von Gerichts- und ähnlichen behördlichen Verfahren soll von der Beeinflussung freigehalten werden, die von der Gefahr aus dem Prozess erwachsender Folgestreitigkeiten ausgeht. Es würde deren Zweck zuwiderlaufen, wenn die Sachaufklärung, die in den Bahnen und mit der Garantie eines förmlichen Verfahrens auf Vollständigkeit und Fairness ausgerichtet ist, durch den Haftungs- oder Ehrenschutzrichter mit entsprechenden Verboten unterlaufen werden könnte. Das gilt insb. für Äußerungen in Gerichtsverfahren oder zu deren Vorbereitung (Steffen/Schlüter, in Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, § 6 LPG Rn. 616 m.w.N.). [38] Eine entsprechende „Privilegierung“ findet indes auf Äußerungen, „mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt“, keine Anwendung (BGH, NJW 2005, 279, 281). Der Ausschluss der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozessgegner stellt sich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anlässlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist indes nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und Ähnliches belastet wird (BGH, NJW 2005, 279, 281, m.w.N.). [39] Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich Pressemitteilung im Streitfall nicht um privilegierte Äußerungen im Rahmen eines gerichtlichen oder sonstigen behördlichen Verfahrens. Der Eilantrag richtet sich ausschließlich gegen die ÄußerunSONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 498

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