BRAK-Mitteilungen 6/2025

erwiderung nicht deshalb anzunehmen, weil das Berufungsgericht sie damit begründet hat, dass noch nicht abschließend geklärt sei, ob bei einem Online-Unterricht der Lehrende und der Lernende räumlich getrennt i.S.d.§ 1 I Nr. 1 FernUSG seien, was wegen einer Vielzahl vergleichbarer Fälle grundsätzliche Bedeutung habe. Ungeachtet der Möglichkeit, dass damit bloß der Anlass für die – unbeschränkte – Revisionszulassung benannt werden sollte, kann diese jedenfalls nicht auf bestimmte Rechtsfragen, Anspruchselemente oder einzelne Anspruchsgrundlagen beschränkt werden, sondern nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (vgl. z.B. Senat, Urt. v. 13.4.2023 – III ZR 215/21, BGHZ 237, 30 Rn. 13; v. 3.2.2022 – III ZR 84/21, NJW 2022, 1322 Rn. 15 und v. 13.8.2020 – III ZR 148/19, WM 2020, 1862 Rn. 13). [17] III. Die Revision ist unbegründet. [18] 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kl. gegen die Bekl. einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Vergütung i.H.v. 23.800 Euro aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB hat. Der zwischen den Parteien am 19.4.2021 geschlossene Vertrag ist gem. § 7 I FernUSG nichtig, weil die Bekl. für das von ihr angebotene „9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ nicht über die nach § 12 I 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügte (dazu a) und b)). Der Bekl. steht auch kein zu saldierender Wertersatzanspruch zu (dazu c)). [19] a) Bei dem vom Kl. gebuchten Programm handelt Fernunterricht i.S.d. § 1 FernUSG es sich um Fernunterricht i.S.d. § 1 I FernUSG. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2). [20] aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der zwischen den Parteien geschlossene entgeltliche Vertrag auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten gerichtet ist. [21] (1) Die Begriffe „Kenntnisse“ und „Fähigkeiten“ sind unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm und der Intention des Gesetzes weit auszulegen. Im Gesetzgebungsverfahren bestand Einvernehmen darüber, dass in § 1 I FernUSG die Vermittlung „jeglicher“ Kenntnisse und Fähigkeiten – „gleichgültig welchen Inhalts“ – angesprochen ist (Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft, BT-Drs. 7/4965, 7). Eine irgendwie geartete „Mindestqualität“ der Kenntnisse oder Fähigkeiten ist nicht erforderlich. Anderenfalls würden gerade solche Fernunterrichtsverträge aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen, bei denen der vom Gesetz beabsichtigte Schutz der Fernunterrichtsteilnehmer besonders notwendig ist (vgl. Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft a.a.O.; Bartl, NJW 1976, 1993 f.; Faber/ Schade, FernUSG, 1980, § 1 Rn. 2, 10; Gilles/Heinbuch/Gounalakis, Handbuch des Unterrichtsrechts, 1988, Rn. 177). [22] (2) Danach war die Vermittlung von Kenntnissen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten und Fähigkeiten vertraglich vereinbart. Ausweislich der die vertraglich geschuldeten Leistungen beinhaltenden Programmbeschreibung, die der Senat selbst auslegen kann, da es sich um einen von der Bekl. entworfenen Formularvertrag handelt (vgl. etwa Senat, Urt. v. 19.4.2018 – III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rn. 17; v. 5.10.2017 – III ZR 56/17, NJW 2018, 534 Rn. 16 und v. 15.10.2009 – III ZR 310/ 08, NJW 2010, 608 Rn. 15), bestand ihre Verpflichtung vorrangig darin, dem Kl. Kenntnisse aus verschiedenen für eine unternehmerische Tätigkeit relevanten Gebieten zu vermitteln – nach Punkt 6.3.1 etwa zu Marketing („erfolgreiche Positionierung und Marketing, für hochpreisige Produkte/Dienstleistungen“), Vertrieb („Verkaufs-Strategien, um überzeugend verkaufen zu können“/“Unwiderstehliche Angebote gestalten“) und Unternehmensorganisation („Mit einer Unternehmensform-Strategie zum Erfolg [Einzelfirma, GmbH, Holding]“) – und ihn zu befähigen, das vermittelte Wissen – auf dem „starken Fundament“ eines „starke[n] Mindset[s]“, zu dem dem Kl. ebenfalls Wissen verschafft werden sollte (S. 7) – praktisch umzusetzen. [23] Auf die verschiedentlich diskutierte Frage, inwieweit sog. Coaching- oder Mentoring-Angebote, bei denen der Schwerpunkt auf der individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Kunden liegt, auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten i.S.d. § 1 I FernUSG gerichtet sind (vgl. hierzu OLG Celle, NJW-RR 2025, 113 Rn. 22; dass., Urt. v. 4.2.2025 – 13 U 52/24, unter II.1.b), n.v.; OLG Hamburg, NJW 2024, 2849 Rn. 24; OLG Oldenburg, Urt. v. 17.12.2024 – 2 U 123/24, unter II.(1), n.v.; LG Frankenthal, BeckRS 2024, 20522 Rn. 11; LG Ravensburg, MMR 2024, 273 Rn. 22; AG Traunstein, MMR 2024, 815 Rn. 27-36; Faix, MMR 2023, 821, 824; Lach, jurisPR-ITR 12/2023 Anm. 4 unter C; Laukemann/Förster, WRP 2024, 24 Rn. 14-17; Mertens, MMR 2024, 656 f.; Schwab/Sablotny, NJW 2024, 2802 Rn. 6-8), kommt es nicht an, weil vorliegend die Wissensvermittlung gegenüber einer individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Teilnehmers deutlich im Vordergrund steht. Dies ergibt sich daraus, dass in der Programmbeschreibung Lernziele vordefiniert werden, die von der konkreten unternehmerischen Tätigkeit der verschiedenen Teilnehmer unabhängig sind, wiederholt auf zu erwerbendes „Wissen“, „Know-How“ und „finanzielle Bildung“ verwiesen wird, die Bekl. ihren durchführenden Unternehmensbereich selbst als „Akademie“ bezeichnet und sowohl die zweiwöchentlichen Online-Meetings als auch die pro Halbjahr stattfindenden Workshops für eine Gruppe von Teilnehmern veranstaltet werden. Die für den Bedarfsfall SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 490

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